Juni bis September

Anlässlich des 60. Geburtstags des Karlsruher Zoodirektors wurde eine neue Heuschrecke nach ihm benannt:
Phelene reinschmidti

Weltweit gibt es fast 30.000 wissenschaftlich beschriebene Heuschreckenarten. In unserer Vitrine „Ans Licht gebracht“, stellen wir von Juli bis September 2024 die jüngste Neuentdeckung vor: eine 1,5 cm große Heuschrecke mit weißen Antennenspitzen und einem kleinen Buckel. Bislang wurde nur dieses eine Weibchen der Art gefunden und zwar bereits 1993 in der ekuadorianischen Provinz Sucumbios. Jetzt wurde sie in einer noch nicht erschlossenen Sammlung unseres Museums (wieder)entdeckt.
Diese kleine, auf den ersten Blick eher unscheinbare Heuschrecke gehört zu den Dornschrecken. Von diesen gibt es weltweit etwa 2000 beschriebene Arten1 Diese gehören innerhalb der Heuschrecken (Orthoptera) zur Unterordnung der Kurzfühlerschrecken (Caelifera). Ihr Name leitet sich von der Struktur und Form ihres Halsschildes (Pronotum) ab. Dieses ist nach hinten verlängert, bedeckt meist den gesamten Körper und läuft nach hinten mit einem „Dorn“ aus2.
Die Tiere dieser Familie kommen weltweit vor, haben ihren Verbreitungsschwerpunkt aber in den Tropen, wo sie besonders in den Wäldern eine hohe Vielfalt hervorbringen. Speziell die Arten in den Tropen Südamerikas sind noch weitgehend unerforscht. 1
Unser Direktor Prof. Dr. Martin Husemann hat dieses Exemplar nun zusammen mit Niko Kasalo M.Sc. und Dr. Josip Skejo bei der Arbeit in der Sammlung aufgespürt und erkannt, dass es sich um eine noch nicht beschriebene Art handelt.

Die Forscher ordneten sie der Gattung Phelene in der Unterfamilie Lophotettiginae zu2 – eine noch kaum untersuchte Gruppe1. Bislang wurden erst zwei Gattungen beschrieben: Lophotettix Hancock, 1090 und Phelene Bolívar, 1906. Von beiden sind nur wenige Exemplare bekannt. Beides sind endemische Gattungen, sie kommen also nur in den südamerikanischen Tropen vor.1 Neben der neu entdeckten Art sind noch die eng mit ihr verwandte Phelene turgida (s. Foto) und Phelene maroon bekannt.
Nach der Entdeckung der unbekannten Art und ihrer Zuordnung in die Systematik der Heuschrecken haben die Entdecker aus dem Museum gemeinsam mit Dr. Thomas van de Kamp (KIT) am 28.5.2024 die Erstbeschreibung veröffentlicht. (verlinken: https://evolsyst.pensoft.net/article/124285/)
Mit der Beschreibung erhält eine Art ihren vollständigen wissenschaftlichen Namen. Dieser besteht aus dem Gattungs- und dem Artnamen. Diese sogenannte binäre Nomenklatur, also eine zweiteilige Namensgebung, ist notwendig, damit Tiere, Pilze und Pflanzen über alle Sprachgrenzen hinweg eindeutig bezeichnet werden können. Sie richtet sich nach den Vorgaben des „International Code for Nomenclature“. Dieses System geht auf den schwedischen Naturforscher Carl von Linné zurück, der es erstmals 1753 für alle damals bekannten Pflanzen anwendete.
Der Gattungsname leitet sich von den Verwandtschaftsverhältnissen der Art in der belebten Natur ab (hier: Phelene). Arten mit demselben Gattungsnamen sind eng miteinander verwandt. Den Artnamen (hier reinschmidti) legten die Autoren der Erstbeschreibung fest. Das Exemplar, auf dessen Grundlage die Art beschrieben wird, nennt man „Holotypus“. Es erhält in der Museumssammlung ein rotes Etikett.

Doch warum Phelene reinschmidti?
Anlässlich seines 60. Geburtstags am 28. Mai 2024 erhielt der Karlsruher Zoodirektor, Prof. Dr. Matthias Reinschmidt, als Zeichen der engen Verbundenheit zwischen Naturkundemuseum und Zoo (verlinken: https://zoo-karlsruhe.de/) den Namen dieser neuen Schrecke als Geschenk: Phelene reinschmidti. Für einen Zoologen ist es etwas ganz Besonderes, wenn eine Art nach ihm benannt wird. In diesem Fall soll es zudem eine Auszeichnung für Prof. Dr. Reinschmidts Bemühungen um den Artenschutz sein. Es passte perfekt, dass die Heuschrecke aus Ekuador stammt, eines der Länder mit der höchsten Biodiversität weltweit. Dort ist Prof. Dr. Reinschmidt mit der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe (verlinken: https://artenschutz.karlsruhe.de/) aktiv. So schließt sich der Kreis.

Im Vorfeld wurde auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT, verlinken: las.physik.kit.edu/index.php) mit ins Boot geholt. Dr. Thomas van de Kamp, ehemaliger Mitarbeiter des Naturkundemuseums und heute am KIT tätig, erstellte eine hoch detaillierte 3D-Aufnahme des Insekts. Auf der Basis dieser Bilder wurde mittels eines 3D-Druckers das überlebensgroße Modell angefertigt. Dieses zeigt viele Details, die sonst mit bloßem Auge nicht leicht zu erkennen sind. Dieses Modell zeigen wir ebenfalls in der Vitrine.

 

Hier finden Sie den wissenschaftlichen Artikel zu Phelene reinschmidti (Link: https://evolsyst.pensoft.net/article/124285/ Oder/und pdf hinterlegen)

 

Quellen:
1: Kasalo N, Husemann M, van de Kamp T, Skejo J (2024) Description of Phelene reinschmidti from Ecuador with notes on the subfamily Lophotettiginae (Orthoptera, Tetrigidae). Evolutionary Systematics 8(1): 119-125. https://doi.org/10.3897/evolsyst.8.124285

2: https://de.wikipedia.org/wiki/Dornschrecken, abgerufen am 5.6.2024

 

Die Vitrine finden Sie in der Nähe des Museumsshops.