Für die Ewigkeit
Die zoologische Präparation hat ihren Ursprung in den Raritätenkabinetten des 18. Jahrhunderts, in denen bereits „ausgestopfte Thiere“ zu bestaunen waren (1). Spätestens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Tierpräparation zu einem wissenschaftlich geprägten Handwerk mit berühmten Persönlichkeiten wie Leopold Martin (1815-1886) in Stuttgart und Hermann ter Meer (1871-1934) in Leipzig (1, 2, 3). Deren Präparate setzten neue Maßstäbe in Bezug auf die möglichst lebensechte Darstellung der Tiere.
Die überwiegende Mehrheit der Objekte heutiger Wirbeltiersammlungen sind hingegen nicht als Schaupräparate ausgeführt. Das Augenmerk liegt hier auf einer langfristigen und platzsparenden Aufbewahrung sowie der Möglichkeit, wesentliche Daten wie Körpermaße, Merkmale des Gefieders, des Haarkleids oder der nackten Haut schnell und ohne Beschädigung des Präparats zu erfassen.
Am Beispiel eines Eisvogels (Abb. 1) geben wir in unserer Vitrine Einblicke in das künstlerisch und wissenschaftlich anspruchsvolle Handwerk der zoologischen Präparation. Zwei grundsätzliche Arten der Präparation werden vorgestellt: Sammlungsbeleg und Schaupräparat.
Für beide Arten der Präparation wird dem toten Eisvogel zunächst die Haut samt Federn vom Körper abgezogen. Der Schnabel bleibt mit der Haut verbunden, so dass es aussieht, als hätte man dem Eisvogel seinen Federpullover über den Kopf gestülpt, aber nicht ganz ausgezogen (Abb. 2). Im nächsten Arbeitsschritt wird die Haut von Fleischresten und Sehnen gereinigt und anschließend gegerbt.
Nur der Schädel sowie Flügel- und Fußknochen verbleiben – sorgfältig gereinigt – in der Haut. Der übrige Tierkörper mit Rumpfskelett, Muskeln und Organen wird anderweitig konserviert oder entsorgt. Aus Holzwolle oder anderen, langlebigen Naturmaterialien wie Baumwollgarn oder Hanf wird in Wickeltechnik ein künstlicher Körper nachgebildet (Abb. 3).
Für eine wissenschaftliche Sammlung wird auf dieser Grundlage ein sogenannter Balg als Sammlungsbeleg hergestellt. Dafür wird die Haut wieder über den Schädel und den Körper aus Holzwolle gestülpt. Der Hals wird so nachgebildet, dass der Kopf überstreckt ist. Die Beine werden überkreuzt, die Flügel dicht an den Körper gelegt und die Schwungfedern in festgelegter Stellung fixiert (alle Arm- und Handschwingen sind mit Abstand zur Nachbarfeder gut sichtbar). Die Haut darf nicht gedehnt werden. Diese standardisierte Präparation ermöglicht, dass Vogelbälge an verschiedensten Museen und vielen Forschenden vermessen werden können und Messergebnisse vergleichbar bleiben (Abb. 4). Da auch an einem Balg das natürliche Aussehen und damit die Art erkennbar sein sollen, werden die Gesichtszüge aus Ton nachgebildet. Beim Eisvogel ist dies beispielsweise die Region vor dem Auge mit einer charakteristischen kleinen Einbuchtung und darüber liegender „Augenbraue“. Ein Holzstab am Hinterende erleichtert die Handhabung bei der späteren wissenschaftlichen Arbeit an diesem Sammlungsbeleg.
Für Lehrzwecke, also auch in Ausstellungen, werden möglichst lebensnahe Schaupräparate benötigt. Hier wird das Augenmerk auf die ästhetisch ansprechende Nachbildung der natürlichen Körperhaltung gelegt. In die Beine oder Flügel wird Draht eingearbeitet (Abb. 5), so dass der Vogel in die gewünschte Stellung gebracht und auf dem passenden Untergrund befestigt werden kann – zum Beispiel auf einem Ast sitzend, im Nest kauernd oder fliegend. Die Gesichtszüge des Exponats werden ebenfalls mit Ton modelliert und es werden Glasaugen in passender Größe und Färbung eingesetzt (Abb. 6).
Die Vitrine finden Sie in der Nähe des Museumsshops.