U
rban
&
H
anak
:
Flora und Vegetation der Alpe Einödsberg
37
rischen Alpen andernorts nicht nachgewiesen
wurden.
Andererseits sind seltene Arten rot blühender
Habichtskräuter, für die die Borstgrasrasen um
den Einödsberg ein bekanntes Zentrum dar-
stellten, in ihrer Artenzahl und Individuendichte
zurückgegangen. Das vom Aussterben bedrohte
Braunrötliche Habichtskraut (Hieracium fusce­
scens) (Tafel 4, b) und weitere Seltenheiten
wie Hypochoeris uniflora (Tafel 4, c), Crepis co­
nycifolia und Antennaria carpatica finden in den
Aveno-Nardetum-Beständen unter dem Späten-
gundkopf letzte Rückzugsrefugien im UG. In den
Grünerlengebüschen ist Cortusa matthioli (Ta-
fel 4, d) selten und nennenswert. Das Heilglöck-
chen besitzt ein Areal mit zerstreutenVorkommen
in den Allgäuer Hochalpen in Hochstaudenfluren
und Grünerlengebüschen und ein östlich abge-
rücktes, disjunktes Kleinareal in den Lenggrieser
Bergen am Fockenstein.
Vergleicht man das edaphisch und standört-
lich gut vergleichbare Beweidungsgebiet am
Einödsberg zwischen Schmalhorn und Späten-
gundkopf mit den floristischen Vielfaltszentren
der Allgäuer Mergelberge (z.B. das Gebiet um
die Höfats mit Älpelesattel, das Fellhornge-
biet mit Söllereck und -kopf, den Gratverlauf
zwischen Schochen und Laufbacher Eck, den
Grat vom Rauheck zum Kreuzeck, die Schwar-
ze Milz, das Schreckseegebiet mit Kirche, das
Rappenseegebiet, vom Schneck über den Salo-
ber zum Giebel und die Laufbichelkirche), so ist
eine deutliche Verarmung erkennbar. Diese ist
auf die Übernutzung zurückzuführen. Die Jahr-
zehnte lange Beweidung mit über 2.000 Scha-
fen hat am Einödsberg Spuren an Flora und Ve-
getation hinterlassen, die jedem Bergwanderer
sofort ins Auge fallen. Am deutlichsten ist die
Veränderung der Vegetation an den bereits be-
schriebenen Lägerfluren am Grat. Vergleichbare
Standorte am Berggächtle zwischen Salober
und Giebel werden genau an solchen Standor-
ten von den wertvollsten Hochlagen-Gratrasen
der Bayerischen Alpen besiedelt. Diese pri-
mären Elyneten besitzen mit Erigeron uniflorus,
Ligusticum mutellinoides, Alchemilla flabellata,
Saussurea alpina, Antennaria carpartica, Hier­
acium piliferum, Draba carinthiaca, Nigritella mi­
niata, Lloydia serotina, Cerastium alpinum ssp.
lanatum und Avena versicolor (U
rban
&
M
ayer
2008)
zahlreiche floristische Besonderheiten,
die in dieser Artenkombination in Deutschland
singulären Charakter besitzen (M
eusel
1952).
Dass am Einödsberg ein vergleichbares Diver-
sitätszentrum vorlag, belegen die Relikte Lloydia
serotina und Saussurea alpina, die am Wilden-
gundkopf in kleinen Populationen vorkommen.
Erigeron uniflorus und Ligusticum mutellinoides
konnten sich ebenfalls an unzugänglichen, be-
rasten Felstreppen halten, die offensichtlich nie
von Schafen beweidet wurden.
Die Geo montani-Nardetum-Bestände des UG
unterscheiden sich von anderen, nicht mit Scha-
fen beweideten Borstgrasrasen durch eine große
Anzahl an Arten der Fettweiden. So finden sich
neben Deschampsia cespitosa, die eine cha-
rakteristische Zeigerart für Schafbeweidung ist,
zahlreiche weitere Weidezeiger des Cynosurion
bzw. Poion alpinae. Lediglich die Randbereiche
des ehemaligen Schafweidegebietes, v.a. die am
SW-Rand vorkommenden Aveno-Nardetum-Be-
stände, sind in ihrer Artausstattung vergleichbar
mit unbeweideten Beständen andernorts und zei-
gen noch eine artenreiche Flora mit zahlreichen
Besonderheiten (D
örr
&
L
ippert
2001, 2004).
Sie
wurden wohl nur selten und dann nur sehr ex-
tensiv von Schafen frequentiert. Diese Flächen
wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch
gemäht.
3.4
Kommentierte Artenliste der im
Untersuchungsgebiet nachgewiesenen
Gefäßpflanzen
Die Artenliste in Tab. 1 bezieht sich auf alle
nachgewiesenen Pflanzenarten innerhalb des
zu untersuchenden Beweidungsgebietes und
unmittelbar angrenzender Bereiche. In diesem
Ausschnitt der Allgäuer Hochalpen konnten von
2002
bis 2008 647 Arten höherer Gefäßpflan-
zen nachgewiesen werden. Davon sind 58 in der
Roten Liste Bayerns als „gefährdet“, 12 als „stark
gefährdet“ und 3 als „vom Aussterben bedroht“
eingestuft. Als „ausgestorben“ wurde der Glet-
scher-Hahnenfuß eingestuft, der im Nordostkar
des Wildengundkopfes (V
ollmann
1914)
vor etwa
20
Jahren noch vorkam. Die Population am Wil-
dengundkopf konnte trotz intensiver Nachsuche
von den Autoren nicht mehr bestätigt werden.
Sie scheint der Hochlagen-Schafbeweidung zum
Opfer gefallen zu sein.
Aus der vorliegenden Bearbeitung wurden zahl-
reiche Belege an das Staatsherbar München
übergeben und von den Wissenschaftlern der
Botanischen Staatssammlung bearbeitet.
3.5
Schlussfolgerungen
Insgesamt lässt sich nach 6 Jahren folgendes
Resumée ziehen: Die Aufgabe der intensiven