Seite 122 - Carolinea 68

108
carolinea, 68
(2010)
jährigem Bub zu Kriegsbeginn ein Zeiss-Taschen-
mikroskop angeschafft hatte, als Anlage des nicht
wertbeständig eingeschätzten Geldes. Das natur-
kundliche Interesse des Vaters spiegelt sich auch
in dessen Eintritt in den Badischen Landesverein
für Naturkunde und Naturschutz im Jahre 1951
wider. Das botanische Engagement der beiden
Brüder wuchs rasch. Direkte Hilfe, die Kenntnisse
zu erweitern, fehlte ihnen zunächst; ein kenntnis-
reicher Lehrer beispielsweise war nicht präsent.
Bücher halfen weiter. Von großer Bedeutung
wurde das Kaiserstuhlbuch mit dem botanischen
Beitrag von S
leumer
(1933)
und – eine Paralle-
le zum Autor dieser Zeilen – besonders das von
K
arl
M
üller
(1948)
herausgegebene Feldberg-
Buch des Badischen Landesvereins; die beiden
Brüder verschlangen diese Fundgrube zu Flora
und Vegetation des Hochschwarzwaldes gera-
dezu. N
euberger
s Flora von Freiburg gab zahl-
reiche Hinweise zu Exkursionszielen (N
euberger
1912).
Zunächst ging es mit dem Fahrrad oder
der Bahn zum nahen Schönberg (zum Kienberg
und Jennetal, wo der Hüfinger Arzt E
rich
S
umser
ein Orchideenreservat durch generösen Aufkauf
der Grundstücke sicherte), zum Kaiserstuhl, ins
St. Wilhelmer Tal und über das Zastlertal zum
Feldberg, wo bei den Eislöchern die Fahrräder im
Wald abgelegt wurden und der Weg ins Zastler-
loch zu Fuß fortgesetzt wurde.
1954,
noch als Schüler, wurde G
eorg
Mitglied
des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe
und des Badischen Landesvereins für Natur-
kunde und Naturschutz, dem sein Bruder schon
drei Jahre zuvor, als 12jähriger beigetreten war.
Der Landesverein suchte auf Vereinsexkursi-
onen die geologisch, zoologisch und botanisch
interessantesten Gebiete in Südbaden auf und
vermittelte die Besonderheiten der Region in
kenntnisreichen Führungen. Bereits im selben
Jahr erscheint der Name P
hilippi
als Sammler
einiger interessanter Moosarten (z.B. von Tri-
chocolea tomentella im Mooswald bei Tiengen)
in den Mitteilungen dieses Vereins, und zwar in
einer Publikation des berühmten Moosforschers
K
arl
M
üller
,
des Bearbeiters von drei Auflagen
der Lebermoose in R
abenhorst
s Kryptogamen-
flora. Somit ist der Kontakt von G
eorg
P
hilippi
mit
K
arl
M
üller
,
den er in den letzten Lebensjahren
(
M
üller
starb am 13.3.1955) mehrfach aufge-
sucht hatte, auch ganz „offiziell“ nachgewiesen.
Dass es sich um G
eorg
handelt, erfährt man
in den Mitteilungen in einem Bericht über eine
Exkur­sion zum Ochsenmoos am Mooswald bei
Freiburg ein halbes Jahr später (S
chnetter
&
N
old
1955): „
Den Lebermoosen sind die Gym-
nasiasten G
eorg
P
hilippi
und F
riedrich
N
old
nachgegangen. Ihre Funde wurden von Prof. Dr.
K. M
üller
nachbestimmt und z.T. in der letzten
Nummer dieser Mitteilungen bereits veröffent-
licht. Sie fanden auf Torfmoosen – erstmals für
das Oberrheingebiet – Cephaloziella subdenta-
ta sowie das Hochmoormoos Calypogeia spha-
gnicola.“ Obgleich G
eorg
seinen Bruder in die
Mooswelt eingeführt hatte, publizierte G
ünter
als
erster von beiden einen „Beitrag zur Moosflora
Badens“ mit Funden auch von G
eorg
,
wie in der
Einleitung vermerkt ist (P
hilippi
,
G
ü
. 1956).
Eine entscheidende Weichenstellung für das
spätere Leben G
eorg
s waren die verwandtschaft-
lichen Verbindungen nach Karlsruhe-Rüppurr,
wo zwei Tanten lebten, bei denen er als Schüler
in den Ferien glückliche Wochen verbrachte. Hier
kam um 1952 der erste Kontakt zu E
rich
O
ber
-
dorfer
zustande. G
eorg
machte sich auf den
Weg zu den Landessammlungen und suchte
den bekannten Verfasser der „Pflanzensozio-
logischen Exkursionsflora“ (O
berdorfer
1949)
auf, die bereits zum unentbehrlichen Begleiter
von G
eorg
und G
ünter
geworden war. Dieser
frühe Kontakt zu O
berdorfer
,
der schließlich zu
­
G
eorg
s Anstellung im Naturkundemuseum füh-
ren sollte, ist durch O
berdorfer
s Zusammenstel-
lung botanischer Neufunde aus dem Jahr 1956
dokumentiert (O
berdorfer
1956);
G
eorg
P
hilippi
trug hierzu mit eigenen Funden aus den Jahren
1952-1955
bei, unter anderem von einer gemein-
samen Exkursion in den Mooswald bei ­Tiengen,
wo Dryopteris cristata entdeckt worden war. Die-
se Publikation belegt bereits einen recht großen
Wirkungsraum von G
eorg
P
hilippi
:
Da erscheinen
Fundorte wie Ichenheim, Neuenburg, Feldberg
und mehrfach eben auch das relativ weit entfernte
Karlsruhe. Kontakte zu E. S
umser
hatten häufige
Exkursionen zu den Raritäten in der Baar und in
der Wutachschlucht zur Folge. Der Aktionskreis
der beiden P
hilippi
s erweiterte sich von Jahr zu
Jahr. Fahrradtouren führten selbst zum Boden-
see und ins Allgäu, nach Oberstdorf mit Aufstieg
zur Mädelegabel. Unterwegs, in Biberach, wurde
auch einmal der Autor der Moosflora von Süd-
westdeutschland, K
arl
B
ertsch
,
besucht. Der
Bitte der beiden kontaktfreudigen Schüler, ihnen
den Fundort von Androsace lactea im oberen Do-
nautal mitzuteilen, entsprach B
ertsch
allerdings
nicht, wie sich G
ünter
bis heute erinnert – die
beiden entdeckten die Fundstelle trotzdem.