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Wanzenfauna im NSG „Alter Flugplatz Karlsruhe“
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Areal erstreckt sich in N-S-Richtung über 1620 m
bei einer E-W-Erstreckung von maximal 650 m
im N und 575 m im S; seine Fläche ist durch
Randbebauung von ursprünglich 136 ha auf
etwa 70 ha halbiert. Heute hat es mit dem Gro­
ßen Exerzierplatz von 1890 nur noch in seinem
Südwesten eine kleine Fläche gemeinsam.
Die Vorgeschichte, verbunden mit einer langen
Ruhezeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-
derts, hatte Einfluss auf die unterschiedlichen
Bodenverhältnisse und damit auch auf Vege-
tation und Fauna des Flugplatzgeländes. Denn
als ehemalige Rodungsfläche im Hardtwald
ist der Alte Flugplatz Karlsruhe kein typisches
Binnendünen-Gebiet. Der Rest einer früheren
Binnendüne ist zwar an seinem Nordost-Rand
noch erkennbar, aber weitgehend eingeebnet.
Die planierte Fläche des gesamten Gebietes
weist überwiegend einen Mosaikteppich von
unterschiedlichen Kleinbiotopen auf, mit teils
sandigen, teils kiesigen Rohböden, teils auch
auf anthropogenem Schutt-Untergrund. Ein ur-
sprünglicher Boden und ungestörte Dünensan-
de sind an keiner Stelle mehr erkennbar. Das
bedeutet allerdings nicht, dass Flora und Fauna
dieses sandig-kiesigen, anthropogenen Trocken-
geländes nicht doch denen der Flugsandgebiete
vergleichbar sind.
Das Klima des exponierten Geländes ist durch
Extreme gekennzeichnet. Im Sommer steigen, da
Beschattung weitgehend fehlt, bei Sonnenschein
die Bodentemperaturen stark an; Wind trocknet
die obersten Bodenschichten sehr schnell aus.
Im Winter greifen Frost und Wind die Vegetation
fast ungehindert an. Auch im Frühjahr und Herbst
wirken sich Wetterwechsel und extreme Wetter-
lagen stark aus.
Auf dem Alten Flugplatz entwickelte sich durch
den langen Zeitraum der letzten 60 Jahre, un-
ter extensiver Nutzung des eingezäunten und
abgesperrten Geländes, ein weitgehend unge-
störtes Patchwork von wertvollen, weil andern-
orts verschwundenen, Kleinbiotopen.Weitläufig
breiten sich lückige Sand-, Borstgras-, Silber-
gras- und Magerrasen aus, die nur stellenwei-
se durch Brombeerhecken und kleine Baum-
bestände unterbrochen oder eingerahmt sind.
Auch wenn die Gesamtfläche des Flugplatzes
in der Nachkriegszeit um fast die Hälfte ge-
schrumpft und der Siedlungsbereich der Stadt
Karlsruhe bis dicht an die Freifläche herange-
rückt ist, so blieb doch genügend Raum, dass
sich die besondere Flora und Fauna des Gebie-
tes halten konnte.
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Schutzwürdigkeit des Gebietes
Dem Schutzbedürfnis der selten gewordenen Le-
bensgemeinschaften von Sand-, Borstgras- und
Silbergrasrasen standen mit dem Abzug der US-
Armee anfangs zahlreiche merkantile Interessen
gegenüber. Im Gegenzug setzten sich viele Ver-
bände, Teile der Bevölkerung und der städtischen
Verwaltung – nicht ohne Erfolg – dafür ein, dass
der Alte Flugplatz unter Schutz gestellt wird,
zumal er für die Bevölkerung der Stadt und für
das Stadtklima eine wichtige Rolle als Klimare-
gulator übernimmt. Am 2.1.2003 wurde das Ge-
lände durch eine Allgemeinverfügung der Stadt
als „wertvolle Biotopfläche“ unter Schutz gestellt
und am 28.9.2006 das gesamte Gebiet als Na-
turschutzgebiet beantragt. Außerdem wurde das
Gebiet mit einer verkleinerten Fläche von 53,7 ha
in die baden-württembergische FloraFaunaHabi-
tat-Liste aufgenommen (Nr. 6916-314). Durch In-
formationstafeln und die Förderung von Aktionen,
bei denen Klassen mehrerer Karlsruher Schulen
Pflegemaßnahmen durchführen (Verhindern der
Ausbreitung von Brombeeren und Amerikani-
scher Traubenkirsche), setzten und setzen sich
die Stadt Karlsruhe und die BNL (Bezirksstelle
für Naturschutz und Landschaftspflege, jetzt Re-
ferat 56 im Regierungspräsidium Karlsruhe) für
die Bewahrung der wertvollen Biotope ein. Seit
März 2004 weiden auch in einem abgegrenzten
Gebiet mehrere Esel als „Pfleger“. Mit Gutachten
und wissenschaftlichen Untersuchungen werden
gleichzeitig der Bestand und die Veränderungen
von Flora und Fauna erfasst.
Die Stadt Karlsruhe hat aus Anlass der bevor-
stehenden Unterschutzstellung ihre „Natura-
2000-
Kampagne“ für das Jahr 2010 dem Alten
Flugplatz gewidmet. Für das Gebiet hat die BNL
Karlsruhe schon im Jahr 2001 ein Faltblatt erstellt
(
B
reunig
, 2001).
Die auf diesem wiedergegebene
Karte 1:2500 zeigt die Verbreitung der Pflanzen-
gesellschaften nach einer Kartierung durch T
ho
-
mas
B
reunig
.
Danach herrscht im Süden Mager-
rasen vor, in den einzelne Inseln von Sandrasen
und Borstgrasrasen eingesprengt sind. Im mittle-
ren Teil liegt im Osten ein größerer Bereich von
Borstgrasrasen, und im Westen breiten sich wie
auch im Nordwesten und Nordosten, Brombeer-
und Ginstergebüsch aus. Sonst wird im Nordteil
eine große Fläche von Sandrasen eingenom-
men, randlich auch von Feldgehölz und offenem
Birken-Mischwald. Der Flächenanteil von Mager-
rasen beträgt ca. 60 %, der von Sandrasen ca.
18 %,
der von Borstgrasrasen ca. 10 %. Der Rest