carolinea, 69
(2011): 127-132, 1
Abb., 2 Farbtaf.; Karlsruhe, 15.12.2011
127
Eine Ödlandschrecke erobert den
Hochschwarzwald – Neufunde der
Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus)
in Baden-Württemberg
P
eter
Z
immermann
&
A
ngelika
H
afner
Kurzfassung
Die thermophile Lauchschrecke (Mecostethus para
pleurus) hat eine euroasiatische Verbreitung. In
Baden-Württemberg liegt ihr Verbreitungsschwer-
punkt im Rheintal und am Bodensee (zwischen 100
und 500 m ü. NN). Im Jahr 2010 stellten wir innerhalb
weniger Tage 14 Fundorte im Hochschwarzwald und
einen im Bereich der Baar-Alb fest. Weitere Vorkom-
men konnten in der nördlichen Oberrheinniederung
und im Kraichgau entdeckt werden. Eine kleine Sen-
sation waren die Funde mehrerer Individuen dieser
Ödlandschrecke in über 1000 m Höhe am Feldberg
(1416
m ü. NN), am Feldsee (1126 und 1144 m ü. NN),
beim Schauinsland (Hofsgrund, 1096 m ü. NN) und
im Hotzenwald (Ibach, 1015 m ü. NN). Für die relativ
schnelle Ausbreitung sind ihr gutes Flugvermögen, die
Aufwinde in den Tälern, die großflächigen und zusam-
menhängenden Schwarzwaldwiesen und der globale
Klimawandel sicher hilfreich gewesen.
Abstract
A wasteland grasshopper is conquering the
Black Forest – new sightings of the green
leek grasshopper (Mecostethus parapleurus)
in Baden-Württemberg
The thermophile green leek grasshopper (Mecostethus
parapleurus) has an Eurasian distribution. The focus of
its distribution in Baden-Württemberg is in the Rhine
Valley and by Lake Constance (between 100 and
500
m a.s.l.). Over a period of a few days in 2010 we
discovered 14 locations in the upper Black Forest and
one in the Baar-Alb area where the grasshopper was
present. Additional sightings were made in the northern
upper Rhine plateau and in Kraichgau. The sightings
of multiple individuals of this wasteland grasshopper at
an elevation of over 1000 m on the Feldberg (1416 m
a.s.l.) represented a minor sensation: at the Feldsee
(1126
and 1144 m a.s.l.), the Schauinsland (Hofsgrund,
1096
m a.s.l.) and in Hotzenwald (Ibach, 1015 m a.s.l.).
The grasshopper’s good ability to fly, the expansive and
well-connected Black Forest pastures and changes to
the climate certainly contributed to its rapid spread.
Einleitung
Die Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus
H
agenbach
, 1822)
zählt zur Unterfamilie der Öd-
landschrecken (Locustinae). Mit einer Körperlän-
ge von 17-23 mm (Männchen) bzw. 28-22 mm
(
Weibchen), dem meist hellgrün gefärbten Kör-
per und dem schwarzen Streifen, der beidseitig
von den Augen über die Halsschildseiten bis
etwa zur Flügelmitte verläuft, ist diese relativ
große Feldheuschrecke unverwechselbar. Auch
von der nahe verwandten, etwa gleich großen
Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) lässt
sie sich leicht durch den nur schwach gezeich-
neten Körper und das Fehlen eines gelblich-wei-
ßen Streifens am Vorderrand des Vorderflügels
unterscheiden. Die Fähigkeit, nach einer Stö-
rung hoch zu springen und bis zu 8 m weit zu
fliegen, erleichtert ihr Auffinden. Die Art ernährt
sich von verschiedenen Gräsern und Kräutern
(
phytophag). Eine Eiablage erfolgt im Boden. Die
Larven durchlaufen fünf Stadien (N
akamura
et al.
1971)
und können noch Mitte bis Ende August
festgestellt werden (D
etzel
1998,
T
reiber
2000).
Auch wenn die ersten Imagines schon im Juli
auftreten können, erscheinen die meisten erst
relativ spät im Jahr (z.B. B
randt
1993
im Klett-
gau) von August bis September und leben bis in
den Oktober (Gesamtlebensdauer < 1 Jahr).
Die Lauchschrecke ist hygro- bis mesophil und
zudem thermophil (M
aas
et al. 2002). In Baden-
Württemberg ist sie am häufigsten in frischen bis
feuchten Wiesen (z.T. auch ruderalisiert), entlang
von Quellrinnsalen und Bachläufen und in Nie-
dermooren, Rieden und Röhrichten verbreitet.
Salbei-Glatthaferwiesen und Halbtrockenrasen
werden nur ganz selten besiedelt.
Da die Lauchschrecke in Baden-Württemberg
derzeit noch weit verbreitet ist, meist individuen-