P
lieninger
:
Vier neue Rubus-Arten aus Baden-Württemberg
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einer mittleren Zone zwischen den Seitenner-
ven 1. Ordnung vorhanden, unterseits insgesamt
mäßig dicht mit langen abstehenden Haaren be-
setzt, diese vor allem entlang der Nerven 1. und
2.
Ordnung auffällig kammförmig angeordnet,
Sternhaare spärlich und unauffällig.
Endblättchen kurz bis mäßig lang (18-33 %) ge-
stielt, aus abgerundeter bis schwach ausgeran-
deter Basis elliptisch, selten schwach eiförmig,
Breite : Länge 56-75 %, erst ab deutlich über
50 %
der Länge dreieckig in die meist mäßig ab-
gesetzte 10-15 mm lange Spitze verschmälert.
Blattzähne ± schmal dreieckig, die Hauptzähne
oft schmaler als die Nebenzähnchen und oft
leicht auswärts gekrümmt, Serratur insgesamt
mäßig periodisch, 2-3 mm tief.
Mittlere Seitenblättchen 2-5 mm lang gestielt, mit
um 1-4 mm asymmetrischer (“ulmenartig schie-
fer”) Basis.
Untere Seitenblättchen 0-1mm gestielt, aus meist
breit keilförmiger Basis ± elliptisch bis etwas
verkehrt-eiförmig, Breite : Länge 40-65 %, wenig
kürzer bis deutlich länger als Blattstiel, Verhältnis
Länge Blättchen : Länge Blattstiel 73-169 %.
Blattstiel mäßig bis dicht büschelhaarig, manch-
mal auch sternhaarig, vor allem zur Basis hin
dicht sitzdrüsig mit (5)10-15 meist hakig ge-
krümmten, bis 2,5 mm langen Stacheln.
Nebenblätter schmal lineal-lanzettlich, < 1 mm
breit, behaart und mit (sub)sessilen Drüsen be-
setzt.
Blütenstand unregelmäßig aufgebaut und we-
nigblütig, oft mit < 10 Blüten, Beblätterung bis
fast in die Spitze (oft < 3 cm darunter) reichend,
Blätter an der Basis oft 5-zählig, dann allmählich
dekreszierend, zunächst 3-zählig, oberste meist
einfach, Blattformen ähnlich wie bei den Schöss-
lingsblättern, Behaarung der obersten Blätter
dichter und unterseits mit mehr Sternhaaren.
Blütenstandsachse deutlich knickig, mäßig dicht
büschel- und sternhaarig, Stacheln zu ca. (3)5-
(8) /5
cm, 2-3 mm lang, gerade, seltener geneigt
oder gekrümmt.
Blütenstandsäste meist nur 1-2-blütig (zumindest
im oberen Teil des Blütenstands), Blütenstiele
bei 2-blütigen Ästen ± spitzwinklig abzweigend,
(10)15-20(30)
mm lang, graufilzig und büschel-
haarig, mit ca. 5-7, 1-1,5(2) mm langen, geneigten
bis gekrümmten, dünnen, gelblichen Stacheln.
Kelchblätter eiförmig-dreieckig, mit oft verlänger-
tem Anhängsel, beiderseits grauweiß filzig, ohne
Stacheln oder Stieldrüsen, nach der Blüte locker
zurückgeschlagen, manchmal später wieder auf-
gerichtet.
Staubblätter meist etwas länger als die gelbli-
chen Griffel, Filamente weiß, Antheren kahl.
Kronblätter (getrocknet!) gelblich-weiß, 8,5-
11
mm x 6-7 mm, ± elliptisch, allmählich in kur-
zen Nagel verschmälert, Spitze abgerundet,
zugespitzt oder ausgerandet, Rand dicht bewim-
pert, Fläche zerstreut behaart.
Fruchtknoten kahl oder anfangs spärlich behaart,
Fruchtboden kahl, Fruchtansatz oft schlecht.
Etymologie:
Der Name “lictorum” (Genitiv Plural von “lictor”,
dt.: wörtlich “der Liktoren”) wurde assoziativ in
Anlehnung an Rubus fasciculatus gebildet, die
korrekte deutsche Bezeichnung ist demnach
Liktoren-Haselblattbrombeere”. Im Römischen
Reich waren die Liktoren (das Wort leitet sich
wahrscheinlich vom Verb “ligare” – dt.: binden –
ab) Staatsdiener, die den höheren Magistraten
bei ihren Amtsgeschäften voranschritten. Dabei
trugen sie die – für Rubus fasciculatus namenge-
benden – “fasces”, Bündel aus Birkenzweigen,
die mit roten Lederbändern zusammengebun-
den wurden. Die “fasces” waren Symbole für die
Amtsgewalt der Magistrate.
5.3
Taxonomie und ähnliche Arten
Die ersten Exemplare, die dem Verfasser
2006 
an einem Waldweg ca. 4 km W Nordheim
auffielen, wurden zunächst für schattenmodifi-
zierte Pflanzen von Rubus fasciculatus gehal-
ten. Diese Auffassung ließ sich allerdings nicht
aufrecht erhalten, nachdem weitere Exem­
plare außerhalb des Waldes und schatten­
modifizierte Exemplare von Rubus fasciculatus
gefunden wurden. Die Unterscheidung Rubus
fasciculatus/Rubus lictorum gelingt leicht an-
hand der in Tabelle 2 aufgeführten Merkmale.
5.4
Verbreitung und Ökologie
Bisher bekannt sind Funde vom Neckartal S
Mosbach und S des Kochertals W Öhringen
im Norden bzw. Nordosten bis zum zentralen
Kraich­gau nach Westen und dem südlichen
Strombergvorland nach Süden. Die eher un-
scheinbare Art ist aber wohl noch deutlich wei-
ter verbreitet.
Der größte Teil der bisher bekannten Funde liegt
in Waldgebieten, häufig an Innensäumen, da-
neben auch an Waldrändern auf basenreichen,
aber nicht unbedingt kalkreichen Böden. Einzel-
ne Individuen finden sich aber auch außerhalb
des Waldes. Diese sind dann meist deutlich kräf-
tiger, weichen aber sonst nicht ab.