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carolinea, 70
(2012)
mit den grauenbraunen Afterhaaren bedeckt
und überwintert. Besonders geeignet scheinen
Schlehengebüsche, die in Kontakt mit Eichen
stehen. In Eichen werden dann später regel-
mäßig erwachsene Raupen gefunden. Dieser
Wechsel scheint im Elsass obligatorisch zu sein
(J.-U. M
eineke
mdl. Mitt.).
Im zeitigen Frühjahr bilden die Jungraupen ein
Gespinst an der Futterpflanze, das sie halb er-
wachsen verlassen. Sie bleiben so lange gemein-
sam im Nest, bis der Busch, auf dem die Eiabla-
ge durch das Weibchen erfolgte, keine Nahrung
mehr bietet. Die Jungraupen sind durch Spätfrost
gefährdet. Wenn in dieser Phase die Tempera-
turen längere Zeit unter 0 °C bleiben, sterben die
meisten Raupen (H
öttinger
2005). Nach Verlas-
sen des Nests fressen die solitär lebenden, er-
wachsenen Raupen auch Eichen (Quercus spp.),
Birken (Betula spp.), Weiden (Salix spp., z.B. S.
caprea), Pappeln (Populus spp., z.B. P. tremula),
Ulmen (Ulmus spp.), Berberitzen (Berberis vul-
garis), Rosenarten (Rosa spp.) und Rotbuche
(Fagus sylvatica) (H
öttinger
2005 nach S
puler
1908, B
ergmann
1953, R
ougeout
& V
iette
1983,
M
ack
1985, F
reina
& W
itt
1987, E
bert
1994,
F
reina
1996, W
eidemann
& K
öhler
1996, B
olz
1998, 2001, Pro Natura 2000).
Die Verpuppung erfolgt am Boden in einem dicht
gesponnenen Kokon. Die Falter schlüpfen meist
im Herbst, die Puppen können aber zum Teil
auch mehrere Jahre überliegen
(
H
öttinger
2005
nach B
olz
1998, Pro Natura 2000).
Gefährdung und Schutz
Eriogaster catax ist im §44 Bundesnatur-
schutzgesetz unter den besonders streng ge-
schützten Arten aufgeführt (LUBW,
.
lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/36339/
liste_geschuetzter_arten_bw.pdf?command=d
ownloadContent&filename=liste_geschuetzter_
arten_bw.pdf (Stand: 21. Dezember 2011)). Auf
europäischer Ebene steht er in Anhang II und
IV der FFH-Richtlinie. Laut Internetseite zu der
FFH-Richtlinie sind die wesentlichen Gefähr-
dungsursachen „Aufgabe der Mittel- und Nie-
derwaldwirtschaft, Entwässerung oder Grund-
wasserabsenkung in Wäldern, Räumung von
Unterholz, Insektizidausbringung in Wäldern,
Aufforstung mit standortfremden Gehölzen, zu-
nehmende Verbuschung in offenen Hecken- und
Gebüschlandschaften und die Entfernung von
Feldgehölzen und Hecken.“ Zum Schutz von
Eriogaster catax wird dort folgendes genannt:
„Höchste Priorität hat die Sicherung der noch
verbliebenen Vorkommen durch den Schutz ih-
rer Lebensräume. Dazu zählen die Mittel- und
Niederwaldbewirtschaftung ohne großflächigen
Umtrieb, der Verzicht auf Insektizideinsatz und
der Erhalt von Heckenlandschaften. Gegebe-
nenfalls kommt an geeigneten Stellen eine Wie-
deransiedlung der Art in Frage“ (
-
gebiete.de/arten-steckbriefe/wirbellose/details.
php?dieart=1074 (Stand: 21. Dezember 2011)).
Die Mittelwaldwirtschaft mit sektoral wandernder
radikaler Räumung des Unter- und Mittelholzes
erzeugt auch im Elsass in räumlicher Nähe je-
weils für die Art geeignete Sukzessionsstadien.
Neue Nachweise in Baden-Württemberg
Am 18. Mai 2010 fand die Zweitautorin gemein-
sam mit M. R
eusch
in der Trockenaue der Mark-
gräfler Oberrheinebene zwei erwachsene Rau-
pen von Eriogaster catax
in Erdnähe. Die eine
überquerte denWaldweg, die andere saß ruhend
an einem niedrigen Feldulmentrieb ca. 30 cm
über dem Boden. Ein paar Tage später wurde
gezielt nach weiteren Raupen gesucht. An der
Suche beteiligten sich O. K
arbiener
, D. F
ritsch
,
W. H
uber
, S. B
irrer
und C. W
idder
. Es wurden
drei weitere erwachsene Raupen entdeckt, dies-
mal auf Eichenbäumen in ca. 3-5 m Höhe, eine
davon hatte sich gerade gehäutet. 2010 Anfang
Oktober 2010 erfolgte im Gebiet ein Lichtfang,
der jedoch ergebnislos blieb (J.-U. M
eineke
,
O. K
arbiener
, D. F
ritsch
, W. H
uber
, S. H
afner
).
Auch ein anschließender Lockversuch mit einem
Weibchen aus Zucht blieb erfolglos.
Am 11. April 2011 fand der Erstautor im Unter-
suchungsgebiet halberwachsene Raupen. Sie
saßen noch gemeinsam in der Nähe des Nestes
auf einer Krüppelschlehe am Rande eines Ei-
chengebüschs. Außerdem fanden C. W
idder
und M. R
eusch
am 24. April 2011 wieder zwei
erwachsene Raupen. Eine befand sich an einem
jungen Eichentrieb in ca. 50 cm über dem Bo-
den und die andere auf einer Krüppelstieleiche
in ca. 4 m Höhe. Ein Lichtfang Anfang Oktober
2011 mit J.-U. M
eineke
, O. K
arbiener
, S. B
irrer
und A. H
ofmann
blieb jedoch wiederum ohne Fal-
ternachweis.
2012 wurde mehrere Male intensiv und gezielt
im Gebiet nach Eriogaster catax-Eigelegen und
Jungraupen-Nestern gesucht (28. März, 2. April,
13. April 2012, G. H
ermann
, A. H
ofmann
, O. K
ar
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