Carolinea 73

Carolinea 73 (2015): 139-154, 10 Abb.; Karlsruhe, 15.12.2015 139 Das „Brombacher Tal“, ein neues Naturschutz- gebiet im Regierungsbezirk Karlsruhe C hristoph A ly & H ubert N eugebauer Kurzfassung Das Brombacher Tal südlich des Ortes Brombach (Stadt Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis) ist im Geltungs- bereich der neuen Naturschutzgebiets-Verordnung ein landschaftlich reizvolles, von Wald umgebenes Wie- sental des bodensauren Odenwaldes. 2013 wurden die vorhandenen Lebensräume sowie die Vögel, Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Schmet- terlinge sowie die im Brombach selbst lebenden Orga- nismen kartiert. Die Ergebnisse belegen, dass das Tal als Le- bensraum sehr seltener, in drei Fällen in Baden- Württemberg vom Aussterben bedrohter Tierarten höchst schützenswert ist und die naturschutzfach- lichen Kriterien eines landesweit bedeutsamen Na- turschutzgebietes erfüllt. Von zentralem naturschutzfachlichem Interesse war der Nachweis mehrerer Exemplare der vom Ausster- ben bedrohten Äskulapnatter ( Zamenis longissima ; alle Angaben zur Gefährdung beziehen sich auf die Roten Listen Baden-Württembergs). Der Nachweis sowohl von zwei Jungtieren als auch von zwei geschlechts- reifen Tieren belegt, dass die Äskulapnatter sich im Brombachtal fortpflanzt. Damit wäre dies das erste Na- turschutzgebiet Baden-Württembergs, welches einen Beitrag zum Schutz dieser extrem seltenen Art leistet. Als weitere, vom Aussterben bedrohte Arten wurden der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea teleius (neben seiner Schwesterart, dem gefährdeten Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling M. nausithous) sowie im Brombach die Köcherfliege Diplectrona felix nachgewiesen. Fünf im Gebiet lebende Arten sind stark gefährdet: die Bechsteinfledermaus ( Myotis bechstei- nii ), die Breitflügel-Fledermaus ( Eptesicus serotinus ), das Große Mausohr ( Myotis myotis ), die Sumpfschre- cke ( Stethophyma grossum ) sowie im Brombach die Köcherfliege Adicella reducta . Das Brombacher Tal zeichnet sich darüber hinaus durch eine artenreiche Schmetterlings- und Heuschre- ckenfauna aus: 34 Schmetterlingsarten, davon 11 auf der Roten Liste oder der Vorwarnliste, sowie 20 Heu- schreckenarten, davon 6 auf der Roten Liste oder der Vorwarnliste, sind für ein derart kleines Gebiet her- vorragende Ergebnisse. Ebenfalls beeindruckend war die Artenzahl und Individuendichte der im Brombach lebenden Organismen. Ursache hierfür ist der mindestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts fehlende Eintrag von Düngemitteln von angrenzenden Landnutzungen. Derzeit wird das Tal von Schafen beweidet, Äcker oder Gärten gibt es nicht. Abstract The „Brombacher Tal“, a new nature reserve in northern Baden-Württemberg, Germany Brombach is part of the city of Eberbach in northern Baden-Württemberg. The new nature reserve is a small Odenwald-valley located south of Brombach, charac­ terized by meadows grazed by sheep, and a natural creek. In 2013, we mapped biotopes, plants, birds, bats, lo- custs, lepidopterans and reptiles. We found three spe- cies endangered by extinction in Baden-Württemberg: the serpent Zamenis longissima , the lepidopteran Ma- culinea teleius and the trichopteran Diplectrona felix , along with many other “only” endangered species in all investigated groups. Thus this little valley is of dominant importance for the conservation of biodiversity. Autoren Dr. C hristoph A ly , Regierungspräsidium Karlsruhe, Re- ferat 55 – Naturschutz, Recht, D-76247 Karlsruhe, Tel.: 0721-926-4362; E-Mail: christoph.aly@rpk.bwl.de Dr. H ubert N eugebauer , Spang.Fischer.Natzschka GmbH, Altrottstr. 26, D-69160 Walldorf, Tel.: 06227- 83269; E-Mail: info@sfn-planer.de 1 Lage, naturräumliche Zuordnung, Böden, potentielle natürliche Vegetation, Klima, Größe, Nutzungsgeschichte und Eigentumsverhältnisse Der Ort Brombach, der seinen Namen der (reich- lich vorhandenen und in naturschutzfachlicher Hinsicht auch hier nicht unproblematischen) Brombeere ( Rubus fruticosus ) verdankt, geht auf eine Hufen-Siedlung im 12. Jahrhundert zurück. Heute ist das Dorf Stadtteil der Stadt Eberbach im Rhein-Neckar-Kreis. Das „Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands“ ( S chmidthüsen & M eynen 1955, zitiert nach Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg 1992) ordnet das Untersu- chungsgebiet der Haupteinheit des Sandstein- Odenwaldes zu. Die Böden sind aus Löss und Lösslehm entstandene Parabraunerden, deren landwirtschaftliche Nutzbarkeit durch die Hang- lage und teilweise auch Staunässe (Pseudo- Vergleyung) eingeschränkt ist. Die potentielle na-

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