Carolinea 73

M üller -H aug & A ly : Naturschutzgebiet Nüstenbachtal 157 Biotope, Flora und Fauna Die Erfassung der Flora und Fauna des Natur- schutzgebietes beruht auf Kartierungen oder Meldungen aus den Jahren 2010-2013 (u.a. B aust 2011, B reunig & D emuth 2013, K eiller 2011, K eiller 2012). Die Gefährdungsgrade sind entsprechend den aktuellen Roten Listen des Landes Baden-Württemberg und Deutschlands angegeben ( B ense 2002, B raun & D ieterlen 2003, B reunig & D emuth 1 999, Bundesamt für Naturschutz 1 996, B inot et al. 1998, M einig et al. 2009, C hucoll & D ehus 2011, D etzel 1998, E bert et al. 2005, H ölzinger et al. 2007 ). Bereits das Vorkommen von 20 in Baden-Würt­ temberg gefährdeten oder auf der Vorwarnliste zur Roten Liste geführten Biotoptypen belegt den hohen naturschutzfachlichen Wert dieses Gebietes (Tab. 1). Soweit diese gleichzeitig FFH- Lebensraumtypen sind, befinden sie sich alle in einem „hervorragenden Erhaltungszustand“ (Ins­ titut für Botanik und Landschaftskunde 2011). Ein wesentlicher Bestandteil und gleichzeitig Na- mensgeber des Tales ist der Nüstenbach (Abb. 2). Er ist noch weitgehend naturnah und verläuft schwach bis stark mäandrierend, größtenteils in der Taltiefenlinie. Lediglich im südlichsten Bereich des Naturschutzgebietes wurde er an den linken Talrand verlegt und weitgehend begradigt. Hier hat sich inzwischen eine kleine Überschwem- mungsaue mit mehreren Seitenarmen und perio- disch überfluteten feuchten Mulden gebildet. Der Nüstenbach ist ein strukturreiches Fließge- wässer mit guter bis sehr guter Wasserqualität, dessen Temperatur auch im Sommer oft deut- lich unter 20 °C liegt. Von besonderer Bedeu- tung hinsichtlich der Fauna ist das Vorkommen des in Deutschland und in Baden-Württemberg stark gefährdeten Steinkrebses ( Austropotamo- bius torrentium ). Naturnahe Gewässer stehen für Umwelt- und Lebensqualität, insbesondere klei- ne Gewässer sind wichtig für den Hochwasser- schutz durch Wasserrückhalt in der Fläche. Sie prägen unsere Landschaft, vernetzen Lebens- räume, sind Schlüssel für Artenreichtum und bie- ten einen hohen Erholungswert. Der Auwaldstreifen entlang des Nüstenbachs wird hauptsächlich von Schwarz-Erle ( Alnus glu- tinosa ), Fahl-Weide ( Salix rubens ) und Trauben- Kirsche ( Prunus padus ) aufgebaut. In seiner Strauchschicht wachsen Pfaffenkäppchen ( Euo- nymus europaeus ), Rote Johannisbeere ( Ribes rubrum ) sowie Grau- und Mandel-Weide ( Salix cinerea , S. triandra ). Die Krautschicht ist geprägt durch Feuchte- und Nährstoffzeiger wie Gelbes Windröschen ( Anemone ranunculoides ), Hänge- und Winkel-Segge ( Carex pendula , C. remota ), Hohe Schlüsselblume ( Primula elatior ) und He- cken-Ehrenpreis ( Veronica sublobata ). Zu den Besonderheiten zählt die Kalktuffquelle (Abb. 3), die auf der linken Talseite unterhalb des NSG „Henschelberg“ entspringt. Das Wasser fließt breitflächig den Hang hinab und mündet im Nüstenbach. Kalktuffquellen beherbergen spezi- elle Lebensgemeinschaften, insbesondere viele Moosarten. Sie sind auf Grund ihrer europawei- ten Seltenheit und Gefährdung ein prioritärer Le- bensraumtyp der FFH-Richtlinie. Kalktuffquellen entstehen dort, wo versickerndes Regenwasser sich seinen Weg durch kalkhal- tiges Gestein bahnt und anschließend wieder ans Tageslicht tritt. Das leicht saure Regenwas- ser löst dabei Kalk aus dem Untergrund. Sobald das Wasser in Form einer Quelle wieder an die Oberfläche gelangt, ändern sich physikalische Bedingungen wie Druck und Temperatur, dabei wird CO 2 freigesetzt. Der vorher im Wasser ge­ löste Kalk fällt als Kalziumkarbonat aus und setzt sich in Form von Kalk-Kristallen an pflanzlichen Strukturen, wie bspw. Moosen, ab. Es entstehen Abbildung 2. Der Nüstenbach ist als weitgehend na- türliches Gewässer wesentlicher Bestandteil des NSG. – Foto: B. M üller -H aug , 10.11.2011.

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