Carolinea 73
S anetra et al. : Myrmekophile Bläulinge im Tauberland und angrenzenden Regionen 41 zwei Mal aufgesucht, wobei jeweils verifiziert wurde, dass P. eumedon an anderen Standorten gleichzeitig Flugaktivität zeigte. Bei nicht idealen Witterungsverhältnissen können sogar in sehr individuenreichen Beständen oft keine Falter angetroffen werden. Ungewöhnlich war, dass P. eumedon in zwei Naturschutzgebieten mit sehr umfangreichen Storchschnabel-Beständen bei Werbach (NSG Wormental) und bei Böttigheim (NSG Trockenhänge bei Böttigheim, Bereich Eis- berg) nicht beobachtet wurde, obwohl dort meh- rere nahe benachbarte Vorkommen (Distanz unter 2 km) existieren. Im nahegelegenen NSG Linden- berg, wo Blut-Storchschnabel ebenfalls zahlreich ist, war P. eumedon 2008 festgestellt worden ( M. J ütte , in litt.), fehlte dann in 2013 und wurde 2014 in geringer Zahl wiedergefunden. Diese Beobach- tungen können mit den Auswirkungen der Bio- toppflege auf die Schmetterlingsbestände erklärt werden (Kap. 10). Polyommatus eumedon kommt in Deutsch- land in drei diskreten Ökotypen vor, bedingt durch weitgehende Spezialisierung auf un- terschiedliche Nahrungspflanzen ( E bert & R ennwald 1 991b, N igmann et al. 2013). In den Alpen werden subalpine Hochstaudenfluren mit Wald-Storchschnabel ( Geranium sylvati cum ) besiedelt. Im Voralpenraum sowie auf der Fränkischen und Schwäbischen Alb leben die Raupen an Sumpf-Storchschnabel ( Geranium palustre ) in verschiedenen feuchten (seltener mesophilen) Habitaten. Der Ökotyp der tro- ckenen Kalkmagerrasen an Blut-Storchschna- bel tritt außer im Tauberland noch im Mittleren Maintal auf, auf dem Mainzer Sand (Rhein- land-Pfalz) und Umgebung lebt P. eumedon ebenso an dieser Pflanze ( H asselbach 1987). Ein isoliertes Kleinvorkommen auf dem Lech- feld (Bayern) nutzt gleichfalls den Blut-Storch- schnabel ( P feuffer 2008). Lokal wurde diese Raupennahrungspflanze auch aus Frankreich und Schweden gemeldet ( E itschberger & S tei ninger 1975, L afranchis et al. 2015, H enriksen & K reutzer 1982). Die fest etablierte regionale Monophagie wird auf der Schwäbischen Alb (Abb. 19) deutlich, wo sämtliche Vorkommen in feuchten Habitaten an Sumpf-Storchschna- bel (selten Wiesen-Storchschnabel, Geranium pratense ) registriert wurden, obwohl Wald- wie auch Blut-Storchschnabel verbreitet und häufig auftreten (www.flora.naturkundemuseum- bw. de). Im Tauberland und in Mainfranken gibt es keine Hinweise auf eine andere Raupenfraß- pflanze als Blut-Storchschnabel, wobei der Sumpf-Storchschnabel sehr spärlich verbreitet ist, Wald-Storchschnabel tritt praktisch nicht auf. Insofern sind die Populationen der Tauberregion wegen ihrer ökologischen Spezialisierung auf eine bestimmte Nahrungspflanze besonders naturschutzrelevant, auch wenn die phylogene- tischen Zusammenhänge und die genetischen Unterschiede verschiedener Populationen bisher noch nicht untersucht wurden. E itschberger & S teininger (1975) betrachten die drei Ökotypen als morphologisch nennenswert differenziert. 2.2 Phänologie E bert & R ennwald (1 991b) geben als Flugzeit von P. eumedon für das Tauberland Ende Mai bis Ende Juni an, mit einer Flugzeitdauer von etwa einem Monat. Ein erheblich früheres Auftreten konnte besonders im sehr warmen Jahr 2014 re- gistriert werden (Abb. 20). Als Flugzeitdauer an einer einzelnen Lokalität konnten 36 Tage (NSG Wurmberg und Brücklein, 7.5. bis 11.6.2014) bzw. 26 Tage (Seilingsberg bei Grünsfeld, 7.6. bis 2.7.2013; dort vermutlich etwas länger, da am ersten Datum bereits zahlreich vertreten) festgestellt werden. Anzumerken ist, dass die Flugzeit bei den anderen Ökotypen der Art auf der Schwäbischen Alb und in Oberschwaben mindestens vier Wochen später beginnt ( E bert & R ennwald 1 991b). 2.3 Biologie und Ökologie Polyommatus eumedon konnte mehrfach an ver- schiedenen Fundorten bei der Eiablage an Blut- Storchschnabel beobachtet werden. Die Eier wurden einzeln in den Blüten an der Basis der Staubblattfilamente abgelegt (Abb. 26). Es bestä- tigt sich die Angabe, dass bei P. eumedon Lar- val- und Imaginalhabitat identisch sind ( E bert & R ennwald 1 991b). Die Falter beider Geschlechter sind stets um die Storchschnabel-Blüten herum anzutreffen, in die auch die Eier gelegt werden. Abbildung 20. Flugzeiten von Polyommatus eumedon im Tauberland und Nördlichen Bauland in den Jahren 2013-2015.
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