Carolinea 73

72 Carolinea 73 (2015) keine P. thersites beherbergen. Als Symbiose- partner geeignete Ameisen sind hier möglicher- weise nicht in ausreichender Dichte vertreten oder fouragieren nicht in genügendem Maße in den Esparsetten. Offenbar sind Habitatparameter und die daraus folgenden Dominanzhierarchien in der Ameisen- fauna ausschlaggebend dafür, welche Ameisen- arten in Assoziation mit fakultativ myrmekophilen Bläulingsraupen leben. Spezielle Eigenschaften der verschiedenen Ameisenarten spielen dage- gen eine geringere Rolle, wobei aber nur solche Ameisen in Frage kommen, die in erheblichem Maße in der oberirdischen Vegetation fouragie- ren und trophobiotische Beziehungen, insbeson- dere zu pflanzensaugenden Insekten, eingehen ( M alicky 1969). Weniger wichtig ist weiterhin die Identität der myrmekophilen Raupe, so dass übli- cherweise in einemHabitat alle Artenmit den glei- chen Ameisenpartnern gefunden werden (z.B. L afranchis & L afranchis 2012). Die Ameisenart L. alienus , welche von uns mit allen vier genann- ten fakultativ myrmekophilen Bläulingen in Asso- ziation gefunden wurde, ist sehr wärmeliebend und besiedelt in Mitteleuropa bevorzugt Trocken- und Halbtrockenrasen auf Kalk ( S eifert 1992, 2007, C zechowski et al. 2012). Sie wurde schon häufig als Ameisenpartner zahlreicher Bläulings- arten in verschiedenen Regionen nachgewiesen, vorwiegend jedoch außerhalb des mediterranen Bereichs ( F iedler 1991, 2006, L afranchis & K an 2012). Tapinoma erraticum spielt als Symbiose- partner gleichfalls eine wichtige Rolle und wurde bisher mit etwa zehn fakultativ myrmekophilen Bläulingsarten gefunden ( F iedler 2006). Dage- gen wurde F. rufibarbis , eine besonders aggres- sive und aktive, überwiegend epigäisch fouragie- rende Art ( S eifert 2007, C zechowski et al. 2012), selten gemeldet. Aufgrund ihrer Präferenz für be- sonders vegetationsarme Lebensräume könnte sie jedoch für P. thersites -Raupen als Symbiose- partner wichtig sein. Lasius platythorax wurde im Zuge der vorliegenden Untersuchung erstmals in einer Ameisenassoziation beobachtet. Im Tauberland gelang durch die Entdeckung ei- ner mit Ameisen assoziierten Raupe von Plebejus argus auf einem Nesthügel von L. niger der un- mittelbare Nachweis dieser Ameise als Wirtsart. Die lokale Anpassung an diese Ameisenart wur- de weiterhin durch das Ausbringen gezüchteter Raupen belegt, welche von den Arbeiterinnen nicht angegriffen und in das Nest aufgenommen wurden (Kap. 6.3). Plebejus argus ist eine von nur zwei Bläulingsarten in Mitteleuropa (neben Ple­ bejus idas ), die eine obligatorische mutualistische (nicht-parasitische) Beziehung mit Ameisen ein- geht (Tab. 1). Dabei besteht in Kontrast zu den fakultativ myrmekophilen Arten eine ausgeprägte Wirtsspezifität, wobei in Mitteleuropa fast nur L. niger und L. platythorax als Wirtsarten angege- ben werden ( F iedler 2006, N unner 2013). Lasius alienus wurde einmal aus den Alpen gemeldet ( N unner 2013), stellt aber für einige Lokalpopula- tionen in Großbritannien die einzige Wirtsart dar ( T homas 1985, M endel & P arsons 1987, P ontin 1990). In Andalusien wurde L. niger als Wirtsart für ein geographisch isoliertes Vorkommen von P. argus angegeben ( R odríguez et al. 1991, J or ­ dano et al. 1992), jedoch dürfte es sich hier nach zoogeographischen Überlegungen um Lasius grandis F orel , 1909 handeln. L afranchis & K an (2012) fanden in Süd-Frankreich L. cinereus und in den französischen Alpen Lasius piliferus S ei ­ fert , 1992 als Wirtsarten. Es wird angenommen, dass die Raupen von P. argus einen Großteil ihres Lebenszyklus in Ameisennestern der Gattung Lasius verbringen. Zur Nahrungsaufnahme werden Pflanzen aufge- sucht, die im Bereich der Nester wachsen. Der Zyklus beinhaltet, dass die Weibchen ihre Eier in der Umgebung der Nester ihrer Wirtsameise platzieren (vorliegende Studie, J utzeler 1989a), was als ameisenabhängige Eiablage bezeichnet werden kann. Eine derartige Verhaltensweise ist dagegen bei den Ameisenbläulingen der Gattung Maculinea nicht schlüssig nachgewiesen worden ( N owicki et al. 2005, F ürst & N ash 2010). Die frisch geschlüpften Eiraupen müssen dann von den Ameisen in die Nester eingetragen werden, wie dies von J ordano & T homas ( 1992) für eine bei L. alienus lebende Population von P. argus in Wales gezeigt werden konnte. Diese Autoren konnten im Freilandexperiment das Eintragen al- ler Larvenstadien ins Ameisennest dokumentie- ren. Auch bei einer Freilandbeobachtung in der Schweiz wurde gesehen, wie mehrere an der Basis von Hufeisenklee sitzende Raupen nach einer Störung von den Ameisen in das Nest hi- neingezogen wurden (SBN 1987). In der vorlie- genden Studie experimentell ausgebrachte Rau- pen (Kap. 6.3) krochen aktiv in den Nesthügel. Lange Zeit wurde M. alcon X als spezialisiert auf die Wirtsameise Myrmica schencki betrachtet, basierend auf Arbeiten von T homas et al. (1989) und E lmes et al. (1998), die Populationen am Westrand der Verbreitung von M. alcon (Frank­ reich, Spanien) untersucht hatten. Neuere Stu­ dien in Mittel- und Osteuropa (Übersicht in

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