Carolinea 73

S anetra et al. : Myrmekophile Bläulinge im Tauberland und angrenzenden Regionen 73 J ansen et al. 2011) haben aber fünf weitere Myr­ mica -Arten als geeignete Wirte von M. alcon X festgestellt. Im Gegensatz zu Maculinea arion (vgl. u.a. S ielezniew et al. 2010a) war bei M. al­ con X oftmals eine lokale Spezialisierung auf ein oder zwei Wirtsarten zu erkennen, so auf Myr­ mica sabuleti / scabrinodis respektive M. schencki bei zwei Populationen in den Karpaten ( S ielez ­ niew & D zieka ń ska 2009). In der Regel bevorzugt M. alcon X die an den untersuchten Standorten häufigsten Myrmica -Arten ( V ályi N agy & C sösz 2007). An einer Lokalität im Tauberland (NSG Brachen- leite bei Tauberbischofsheim) wurde für M. alcon X die Ameise M. schencki als wahrscheinliche Hauptwirtsart erschlossen (Kap. 8.3), aufgrund der Häufigkeitsverteilung von Ameisen der Gat- tung Myrmica . In anderen Teilen des Verbrei- tungsgebietes von M. alcon X sind einige Fälle mit M. schencki als Hauptwirtsart bereits doku- mentiert worden ( E lmes et al. 1998, S tankiewicz et al. 2005, S ielezniew & D zieka ń ska 2009). Im Gegensatz dazu wurde in Mitteleuropa bisher M. sabuleti am häufigsten als Wirtsart von M. al­ con X angegeben ( S teiner et al. 2003, V ályi N agy & C sösz 2007), so auch in Deutschland (Ostwest- falen: M eyer -H ozak 2000, Bayern: B räu & D olek 2013). Im Tauberland ist M. sabuleti aber bei der festgestellten sehr geringen Abundanz an den zwei Probestellen als Hauptwirtsart nahezu aus- zuschließen. Als weitere potentielle Wirtsart für M. alcon X kommt im Tauberland M. specioides in Betracht, die im NSG Brachenleite in geringer Anzahl festgestellt wurde und am Neuberglein bei Königshofen (im südlichen Teilbereich des Vorkommens) am häufigsten gefunden wurde (allerdings bei nur geringer Probenzahl, Kap. 8.3). Bisher existieren nur wenige Meldungen von M. specioides als Wirtsart von M. alcon X aus Österreich und Ungarn ( S teiner et al. 2003, T artally et al. 2008). Eine unterschiedliche Wirts- nutzung der beiden Subpopulationen im Tauber- land ( M. schencki im Norden und M. specioides im Süden) könnte, falls sie sich bestätigen sollte, im Sinne eines raschen koevolutiven Wettlaufs zwischen Wirten und Parasiten interpretiert wer- den (vgl. N ash et al. 2008). 10 Naturschutz und Biotoppflege für myrmekophile Bläulinge Im Tauberland und im Nördlichen Bauland ist die Kernaufgabe der Landschaftspflege die Offen- haltung der in den Muschelkalk eingeschnittenen Täler durch Pflegemaßnahmen. Die dort vorhan- denen Trockenhänge bestehen aus einem vielfäl- tigen Mosaik aus Steinriegeln, Trockenmauern, Hecken, Trockengebüschen, Streuobstanlagen und Magerrasen. Verschiedene Formen der Be- weidung, im Allgemeinen durch Schafe, sowie Mahd, häufig im Vertragsnaturschutz organisiert, dienen der Pflege der Wacholderheiden und an- derer Halbtrocken- und Trockenrasen.Wegen der Vielzahl der vorhandenen Trockenlebensräume ist die Region bedeutsam für den Erhalt der hier untersuchten Bläulingsarten. Bei Polyommatus daphnis handelt es sich um das einzige Vorkom- men in ganz Baden-Württemberg, und Polyom­ matus amandus ist nur noch von einer weiteren Region auf der Ostalb bekannt. Landesweit be- deutende und damit sehr schützenswerte Vor- kommen bestehen weiterhin von Glaucopsyche alexis , Polyommatus eumedon und Maculinea alcon X. Auch wenn einige der Arten innerhalb der Region noch in stabilen Populationen vorhan- den sind, sollte dennoch angestrebt werden, de- ren spezielle Bedürfnisse bei der Biotoppflege zu berücksichtigen. In der Vergangenheit haben sich Schutzmaßnahmen häufig auf Arten konzentriert, die bereits erkennbaren Arealschwund zeigten und in rapidem Rückgang begriffen waren. Bei einigen Tagfaltern konnte trotz umfangreicher Aktivitäten ein lokales Aussterben oft nicht mehr abgewendet werden. Im Tauberland betrifft dies neben Maculinea arion (Kap. 7) zum Beispiel Me­ litaea phoebe ([ D enis & S chiffermüller ], 1775) und Lopinga achine ( S copoli , 1763). Die Untersuchungen der Biologie und Ökolo- gie der myrmekophilen Bläulinge ergaben neue Erkenntnisse zu den Lebensraumansprüchen dieser Arten, wodurch einige spezifische Anfor- derungen an die Biotoppflege deutlich wurden. Im Falle von P. daphnis bedeutet die Ablage der überwinternden Eier in der höheren Vegetation (10-30 cm über dem Boden, Kap. 3.3), dass bei Beweidung wie auch durch Mahd die weitaus meisten Eier verloren gehen. Ähnliche Verhält- nisse wurden bei der Art Polyommatus damon gefunden, bei der die Eier in über 30 cm Höhe in die Blütenstände abgelegt werden ( Š lancarová et al. 2012). Die Durchführung von Pflegemaß- nahmen am Ende der Vegetationsperiode soll phytophage Tiere vor negativen Auswirkungen durch die Pflege schützen, hat aber im Hinblick auf P. daphnis keinen Erfolg, da die Eier bis zum folgenden Frühjahr an den Pflanzen verbleiben. Lediglich durch Mosaikpflege, die jährlich al- ternierend stets nur auf einem Teil der zu pfle- genden Fläche erfolgt, können die Bestände

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