Carolinea 74
128 Carolinea 74 (2016) ins Haus in ein Zimmer mit durchschnittlich 18 °C gebracht, ab dem 25. Oktober kam sie ins warme Wohnzimmer bei durchschnittlich 22 °C am Tage und 18 °C in der Nacht.Vermutlich war die Puppe da bereits verendet, wie ihr verwester Zustand am 3. November zeigte. Ob die kühleren Tempe- raturen oder eine Infektion durch Keime in der Blumenerde, letzteres vielleicht durch die subop- timalen Temperaturen begünstigt, das Absterben der Puppe bewirkten, ist unklar. Auf jeden Fall war die geringe Wärme ungünstig für die Ent- wicklung der Imago. Bleibt die Frage zu diskutieren, ob es sich bei den dargestellten Funden des Oleanderschwärmers um Nachfahren von Tieren aus menschlicher Obhut oder um Nachfahren eingewanderter Tiere handelt. Terrarianer und Entomophile züch- ten schließlich jedes Jahr neben vielen anderen auch diese Schmetterlingsart, die auf dem In- sektenmarkt, insbesondere auf Börsen oder im Internet leicht gekauft oder eingetauscht werden kann, und entlassen gelegentlich die Falter in die Natur. Dies ist ein permanentes Phänomen, welches sowohl zeitlich (jedes Jahr) als auch räumlich (z.B. auf die Fläche von Baden-Württemberg oder ganz Deutschland bezogen) mehr oder we- niger gleichmäßig stattfindet. Die Wahrschein- lichkeit, dass solche freigelassenen Individuen wieder durch Menschen gefunden und registriert werden, ist jedoch äußerst gering. Dies zeigen deutlich die jährlichen „Wanderfalterberichte“ in der Zeitschrift „Atalanta“, mit denen seit vielen Jahrzehnten alle bekannt gewordenen Funde des Oleanderschwärmers zusammengefasst und publiziert werden. Allein die Tatsache, dass D. nerii in der Vergangenheit mitunter viele Jah- re in diesen Berichten nicht auftaucht, spricht dafür, dass freigelassene Tiere kaum oder gar keinen Einfluss auf unsere Beobachtungsfre- quenz bei dieser Art haben. Häufiger gefunden wird der Oleanderschwärmer dagegen in ganz bestimmten Jahren wie dem aktuellen, mit allein 30 Meldungen aus Deutschland. Es liegt daher nahe, 2016 von einem Einflug- oder Einwande- rungsjahr zu sprechen. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass globale Klimaereignisse wie El Niño das Wanderungs- verhalten von Schmetterlingen beeinflussen und beispielsweise beim Distelfalter ( Vanessa cardui , Nymphalidae) große Migrationen auslösen kön- nen ( V andenbosch 2003). In wieweit dies auch auf den Oleanderschwärmer zutrifft, bleibt zukünf- tigen Studien vorbehalten. Dank Ich danke an erster Stelle Frau D aniela A ms ( Rastatt- Rheinau ) , welche die Raupe an ihrer Oleanderpflan- ze als etwas Besonderes erkannte und das Natur- kundemuseum informierte. Ebenfalls danke ich Herrn A ndreas B raun alias „Robby Rheinschnake“ von der Mittelbadischen Presse, der seit vielen Jahren Leser- fragen unter anderem zu Schmetterlings- und Raupen- funden beantwortet, weil er auf den zweiten Fund von B ernd R ieber bei G erhard W eislogel (beide Willstätt- Legelshurst) aufmerksam machte. Auch diesen beiden Herren sei für ihre Meldung herzlich gedankt, ersterem darüber hinaus für seinen Bericht. Und nicht zuletzt danke ich A xel S teiner (Wöschbach) für das Foto des „Blütenkots“, Dr. G eorg P etschenka (Gießen) für seine Hinweise zur chemischen Ökologie und meinem Kol- legen Dr. A lexander R iedel für fachliche Diskussionen. Literatur A be , F., Y amauchi , T. & M inato , K. (1996): Presence of cardenolides and ursolic acid from Oleander leaves and frass of Daphnis nerii . – Phytochemistry 42 (1): 45-49. G atter , D. & G atter , W. (1977): Schmetterlingswande- rungen durch die Sahara. – Atalanta 8 : 241-246. G atter , D. (1979): Beitrag zur Fauna nachtaktiver Schmetterlinge (Insecta: Lepidoptera) der Schopflo- cher Alb (Bombyces, Sphinges, Noctuidae). Mit be- sonderer Berücksichtigung von Wanderproblemen und der Naturschutzgebiete Schopflocher Moor und Randecker Maar. – Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg 134 : 196-241. P etschenka , G. & D obler , S . (2009): Target-site sensi- tivity in a specialized herbivore towards major toxic compounds of its host plant: The Na + K + -ATPase of the Oleander hawk-moth ( Daphnis nerii ) is highly suscep- tible to cardenolides. – Chemoecology 19 : 235-239. P etschenka , G., P ick , C., W agschal , V. & D obler , S. (2013): Functional evidence for physiological mecha- nisms to circumvent neurotoxicity of cardenolides in an adapted and a non-adapted hawk-moth species. – Proceedings of the Royal Society B 280 : 20123089. http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2012.3089. R othschild , M., von E uw , J. & R eichstein , T. (1970): Car- diac glycosides in the oleander aphid, Aphis nerii . – Journal of Insect Physiology 16 : 1141-1145. T raub , B. (1994): Sphingidae p.p. – In: E bert , G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs 4 : 118- 209; Stuttgart (Ulmer). V andenbosch , R. (2003): Fluctuations of Vanessa cardui butterfly abundance with El Niño and Pacific Decadal Oscillation climatic variables. – Global Change Bio logy 9 : 785-790. Internetquellen H irneisen , N. & H ensle , J. (2016): Wanderfalterforum. – science4you.org/platform/monitoring/index.do (Stand 25.10.2016) Lepiforum – www.lepiforum.de (Stand 25.10.2016) Landesdatenbank Schmetterlinge Baden-Württem- bergs – www.schmetterlinge-bw.de (Stand 25.10.2016)
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