Carolinea 74

S chweitzer et al.: Neues Naturschutzgebiet im Regierungsbezirk Karlsruhe 149 bzw. gestört werden. Dies kann insbesondere bei Wiesenbrütern zum Verlassen des Geleges oder der Brut und möglicherweise zum Tod der Embryonen bzw. Jungvögel führen. Zudem ent- stehen durch vermehrte Durchquerungen der Wiesen Trampelpfade, und es besteht dadurch eine erhöhte Trittbelastung für viele gefährdete Pflanzenarten. Gerade im Gewann Langwiesen mit seiner au- ßergewöhnlichen avifaunistischen Ausstattung wäre eine Nutzungsintensivierung und die da- mit verbundene Beeinträchtigung der Brutvögel nicht zu verantworten: Auch wenn wir auf die noch vorkommenden Arten stolz sein können, darf nicht vergessen werden, dass es sich um winzige Populationen, oft sogar nur noch um ein- zelne Brutpaare handelt, und daher der Repro- duktionserfolg jedes einzelnen Paares wichtig ist. Gefährdung durch Nutzungsintensivierung bzw. fehlende Nutzung Die weitläufige Landschaft zeichnet sich beson- ders durch die mageren und sehr artenreichen Wiesen aus, die durch eine extensive Bewirt- schaftungsweise entstanden sind. Aufschüttung, Umbruch und Umwandlung dieser Wiesenflä- chen beispielweise in Kleegras-Kulturen oder Ackerland reduzieren die ökologischen Funk- tionen der betroffenen Flächen erheblich und bedeuten den weitgehenden Verlust von Wiesen als Lebensraum. Übermäßige Düngung und eine zu häufige Mahd vernichten diese hochwertigen Biotope und be- wirken einen enormen Rückgang der Artenzahl. Im Gebiet finden sich unter den über 900 Arten sowohl Generalisten als auch besondere Spe- zialisten. Gerade für diese Spezialisten ist ein zu früher/zu später oder zu häufiger Schnitt der unterschiedlichen Grünlandarten fatal, was be- reits am Beispiel der Späten Ziest-Schlürfbiene ( Rophites quinquespinosus ) oder des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ( Maculinea te- leius ) verdeutlicht wurde. Vor allem bei den In- sekten finden sich vielfach Beispiele, bei denen der Wegfall der Wirts- oder Futterpflanze zum Aussterben lokaler Populationen geführt hat. Der deutschlandweite Trend der massiven Abnahme von bodenbrütenden Vogelarten ist ebenfalls eine Folge der Nutzungsintensivierung und nicht angepasster Schnittzeitpunkte sowie der vieler­ orts praktizierten Umstellung auf Silagewirt- schaft mit einem frühen ersten Schnitt und häu- figen Schnitten. Im Bereich der Pfinzquellen wird seit nunmehr über 20 Jahren durch verschiedene Initiativen versucht, die noch vorhandenen Wie- senbrüter, im speziellen die Braunkehlchen, zu erhalten. Trotzdem hat der Brutbestand auch hier massive Einbrüche erlitten, da sich oftmals die an den Lebensraum der Wiesenbrüter gestellten Anforderungen mit der heutigen Bewirtschaftung nicht vereinbaren lassen. Dass in den Gewan- nen Langwiesen und Hasselwiesen eine solche Dichte an wertgebenden Vogelarten nachgewie- sen werden konnte, ist vor allem auf die struk- turreichen Feucht- und Nasswiesen mit ihren Hochstaudenfluren zurückzuführen, in denen eine entsprechende Intensivierung nur schwer möglich wäre und bisher nicht stattfand. Weite Bereiche können hier teilweise gar nicht oder nur in extrem trockenen Jahren bewirtschaftet wer- den. Da es hier kein Wegenetz gibt, profitieren diese Bereiche des Naturschutzgebietes und die darin vorkommenden Arten von einer nur gerin- gen, in nassen Jahren gänzlich ausbleibenden Störung durch Besucher. Werden Wiesen allerdings nicht mehr gemäht, werden sie von Brombeer-, Weiden- oder Schle- hengebüsch überwachsen und gehen auf diese Weise verloren. Daher sollte eine schutzgebiets- konforme Wiesenbewirtschaftung, z.B. durch Pflegeverträge, sichergestellt werden. Die Halbtrocken- bzw. Magerrasen müssen durch extensive Beweidung oder einschürige Mahd gepflegt werden, da sie sonst, wie bereits erläutert, versaumen bzw. verbuschen und das empfindliche, konkurrenzschwache Arteninven- tar verdrängt wird. Gefährdung durch Eingriffe Nicht nur direkte Eingriffe wie Zerstörung oder Bebauung, sondern auch Erdaufschüttung und Bodenverdichtung würden diese selten gewor- denen Wiesenstandorte irreversibel zerstören. Zusammengefasst besteht die Schutzbedürf- tigkeit des Gebietes insbesondere in Bezug auf die in Tabelle 2 genannten Nutzungen. Schutzzweck Die besondere Schutzwürdigkeit des Gebietes resultiert aus der besonders guten Ausstattung mit Arten und Biotoptypen mit teils überregio- naler oder gar landesweiter Bedeutung. Schutz- zweck ist die Erhaltung, Sicherung und Entwick- lung • der großflächigen Wiesenlandschaft mit ihrem kleinflächigen Mosaik aus unterschiedlich ge- nutzten Grünlandtypen als Lebensraum für Brut-, Überwinterungs- und Zugvögel;

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