Carolinea 75

108 Carolinea 75 (2017) weis aus Spanien gelang jedoch erst sehr spät ( R edondo & G aston 2002, 2004). Im Jahr 2015 wurde sie erstmals aus Deutschland gemeldet (Pressemitteilung des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe vom 25. März 2015). Ein- zelne Exemplare waren jedoch, zunächst uner- kannt, schon früher gefunden worden, so 2005 durch J. A sal ( vgl. T rusch et al. 2016) sowie im Jahr 2014 durch R. H errmann . Im Grundlagen- werk „Die Schmetterlinge Baden-Württembergs“ (Hrsg. G. E bert 1991-2005 ) sowie in den Bestim- mungs- oder Handbüchern über die Schmetter- linge Deutschlands (z.B. K och 1984, 1988, 1991, S egerer & H ausmann 2011, S teiner et al. 2014) ist B. touranginii nicht enthalten. Weil B. touranginii , manchmal auch „Französi- sches Jungfernkind“ genannt, auf Grund seiner verborgenen Lebensweise früher selbst in sei- nem Urbeschreibungsland Frankreich äußerst selten gefunden wurde und weil es durch seine Behandlung als Varietät des Auen-Jungfern- kindes Boudinotiana notha ( H übner , 1803) im „Staudinger-Katalog“ ( S taudinger & R ebel 1900) als Art unterdrückt wurde, lag lange Zeit die Auf- merksamkeit der Schmetterlingskundler nicht auf dieser Art. Man sieht eben nur, was man auch kennt: Erst seit der Veröffentlichung von B érard (2000), welcher als erster die spezifischen Unterschie- de zu B. notha klar darstellte, wurde B. touran­ ginii als eigenständige Art anerkannt und „aus dem Friedhof der Synonymie“ ausgegraben. Zur schnellen Verbreitung dieser Erkenntnis trug das unmittelbar danach erschienene Standardwerk von H ausmann (2001) bei, der als erster Autor eines Bestimmungsbuches B. touranginii als ei- gene Art aufführt (l.c.: 89 und 214f.: 3A, als Ar­ chiearis touranginii B erce ). Seit der Entdeckung des Purpurweiden-Jung- fernkindes in Deutschland wird hierzulande in- tensiv danach gesucht. Der Nachweis in der be- nachbarten Schweiz steht noch aus, ebenso wie aktuelle Wiederfunde im Elsass, obgleich gerade diese historischen Funde ausschlaggebend für die intensive Suche auf der deutschen Rhein- seite waren. Der Nachweis von B. touranginii ist jedoch nach wie vor nicht einfach, da sich die Art durch ihr Verhalten und auch durch ihre relative Seltenheit leicht der Beobachtung entzieht (vgl. T rusch et al. 2016: 74-75). Es erfordert viel Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit, damit es gelingt, die Tiere in der Natur aufzuspüren; auch das Glück, sonniges Wetter zur Nachsuche zu ha- ben, ist entscheidend. Leider kann es im Vorfrüh- ling manchmal mehrere Wochen dauern, bis sich die gewünschte Witterung für eine erfolgverspre- chende Exkursion einstellt. Am erfolgreichsten verliefen die mehrwöchigen Kartierungsarbeiten von R. H errmann , der in den vergangenen drei Jahren über zweihundert Exemplare dieser frü- her übersehenen tagaktiven Schmetterlingsart beobachten, protokollieren und mit einzelnen Sammlungsbelegen dokumentieren konnte. Die im Folgenden mitgeteilten neuen Erkenntnisse aus der Natur stützen sich im Wesentlichen auf seine Aufzeichnungen und die zugehörige Be- legsammlung. 2 Material Für diese Studie wurden die Beobachtungen aus den jährlichen Feldtagebüchern von R. H errmann von 2014-2017 ausgewertet. In diesem Zeitraum konnten durch ihn von den Arten der Unterfa- milie Archiearienae im Gebiet des südlichen badischen Oberrheins über 240 Exemplare von B. touranginii , über 100 von B. notha und über 50 des Birken-Jungfernkindes Archiearis parthenias ( L innaeus , 1761) dokumentiert werden. Darüber hinaus stützt sich diese Arbeit auf die Aufzeich- nungen des zweiten Autors sowie auf Beleg­ exemplare aus den weiter unten angegebenen Sammlungen. Wegen der, im Vergleich zu den beiden ande- ren Jungfernkinder-Arten, geringeren Größe und intensiveren Färbung der Imagines von B. touranginii ließ sich mit zunehmender Erfahrung diese Art schon bei der Beobachtung im Flug von B. notha und A. parthenias unterscheiden (vgl. Kap. 2.3). Dies gilt besonders für jene Beobach- tungen, die in einem Sichtfeld von etwa einem bis dreieinhalb Meter um den Beobachter herum erfolgten. Diese Determinationen aus der Ferne wurden, wann immer möglich, durch Kontrollfän- ge überprüft, wobei sich die Bestimmung stets bestätigte.Weiter entfernt beobachtete Jungfern- kinder, bei denen keine sichere Zuordnung mög- lich war, wurden nicht berücksichtigt. Akronyme der Sammlungen und Abkürzungen AT = coll. J oachim A sal , Todtnau MK = coll. J örg -U we M eineke , Kippenheim HF = coll. R ené H errmann , Freiburg SMNK = Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe GU = Genitaluntersuchung id. = ibidem, ebenda, hier in der Bedeutung von „am identischen Fundort“

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