Carolinea 75

H errmann & T rusch : Das Purpurweiden-Jungfernkind am südbadischen Oberrhein 113 im tiefsten Bereich der Ebene erfährt das Ge- biet durch Kaltluftkonzentrationen insbesondere in klaren Nächten zusätzlich eine kontinentale Tönung. 3.3 Hypothese zur Einwanderung der Art nach Baden-Württemberg Wir nehmen an, dass B. touranginii im Zuge seiner postglazialen Einwanderung nach der Würm-Eiszeit von Südwesten her aus einem atlanto-mediterranen Refugium über die Ein- flussbereiche der innerfranzösichen Fließge- wässersysteme (Loire, Rhône, Doubs) bis zum Oberrhein vorgedrungen ist, wo die Art heute noch in geeigneten Lebensräumen vorkommt. Für diese Annahme spricht, dass die nächst- gelegenen (historischen) Funde im benachbar- ten Elsass an dem Flüsschen Doller (welches in die Ill mündet) bei Lutterbach ( L évêque et al. 2006) und bei Muhlhouse ( L eraut 2002) liegen. Sie sind gerade einmal 20 km Luftlinie von dem neuen rechtsrheinischen Fundort Steinenstadt entfernt. Die Fließgewässersysteme sind als natürliche Ausbreitungswege bei dieser Art deshalb wahr- scheinlich, weil es mit dem Wasser zu einer Ver- driftung von Holzstücken gekommen sein kann, welche die Puppen von B. touranginii enthielten. Die aktive Ausbreitung durch die Falter selbst wird hingegen von uns wegen der Eigenschaft der Weibchen, fast nicht zuf liegen – zumindest nach gegenwärtigem Kenntnisstand – als ge- ringer eingeschätzt. Eine Rolle spielt die aktive Ausbreitung durch weibliche Imagines allerdings doch, denn sonst wäre ein Vordringen in neue Gewässersysteme nicht möglich. Aus der rezen- ten Verbreitung ist zu folgern, dass dies in der Vergangenheit geschah. In diesem Zusammenhang ist die Geografie der Gewässersysteme von Südwestdeutschland in Richtung Südwesteuropa von Interesse. So be- findet sich die europäische Hauptwasserscheide Abbildung 4. Der Blick vom Isteiner Klotz rheinaufwärts in Richtung Basel um das Jahr 1800 zeigt die natür- liche Flusslandschaft vor der Begradigung des Rheinstroms im 19. Jahrhundert. – Gemälde von P eter B irmann (*24.12.1758, Basel, †18.7.1844, Basel), gemeinfrei (Original im Kunstmuseum Basel).

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