Carolinea 75

120 Carolinea 75 (2017) Abb. 20a, b) dürfte in der Natur nicht vorkommen. Gäbe es einen solchen Wechsel, dann wäre eine weitere Verbreitung der Art die Folge, was jedoch nicht der Fall ist. Ab dem 26. April 2017 begannen sich die aus- gewachsenen Larven, deren Länge nun etwa 20 mm betrug (n = 6), rotbräunlich zu verfärben, und sie bohrten sich in den folgenden Tagen bis zum 8. Mai 2017 in morsches Holz ein, worin dann auch die Verpuppung erfolgte. Die Entwick- lungszeit bis zur Verpuppung betrug somit bei dieser Zucht im Maximum 52 Tage. Während des gesamten Zeitraumes der Labor- zucht waren die Larven, tags wie nachts, Tem- peraturen zwischen 18 °C bis 20 °C ausgesetzt. Darüber hinaus wurden sie im Abstand von drei Tagen leicht mit Wasser besprüht. Ein extremer Klammerreflex der Raupen an den Ästchen und Blättern der Futterpflanzen war auffallend. Dies scheint für eine baumbewohnende Art, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach in einer Über- schwemmungsaue entwickelt, von existenzieller Bedeutung zu sein und ist vermutlich Grund da- für, dass wir im Freiland die Larven nicht durch Raupenklopfen nachweisen konnten. L eipnitz (in litt. 4. Mai 2017) berichtet, dass sei- ne Zucht nicht ganz verlustfrei verlief. Vor allen Dingen bereitete den B. touranginii- Raupen das sehr schlecht haltbare und schnell welkende (und schwarz werdende) Futter Salix purpurea Probleme. Er reichte daraufhin den Raupen im L 2 -L 3 -Stadium andere Futterpflanzen. Bei ihm war es vor allem die Silberpappel ( Populus alba ), welche problemlos angenommen wurde. Sie ist überdies ein besseres und sehr haltbares Futter. Damit führte er nun seine parallelen Zuchten von Boudinotiana puella ( E sper , 1787), Kleines Jung- fernkind, B. notha und auch B. touranginii erfolg- reich zu Ende. Nach dem bräunlichen Verfärben der B. touran­ ginii- Raupen wurden diese zur Verpuppung in mehrere 1.000 ml Polyethylen-Plastikeimerchen gesetzt. Diese waren unten mit trockenem Torf ca. 1-2 cm hoch gefüllt. Darin steckten senkrecht, eng geschichtet, unterschiedlich dicke, sehr mür- be Holz- und Aststücke, die vorher leicht ange- feuchtet wurden. Im Gegensatz zu den früher gereichten, härteren Rindenstücken, waren die Raupen innerhalb kürzester Zeit darin einge- bohrt. Interessant für die Biologie der Art im Freiland ist es nun zu wissen, ob die präimaginale Ent- wicklung vom Ei bis zum Einbohren der Rau- pen vor den ersten Frühsommerhochwässern abgeschlossen ist. Denn wenn die Entwicklung der Larven entsprechend schnell erfolgen kann, ist zu postulieren, dass die Hochwässer der al- pinen Schneeschmelze ab Juni (vgl. Kap. 4.1 und Abb. 6) der Art in ihrem Entwicklungshabitat nichts anhaben können. Folgende Entwicklungszeiten teilte uns L eipnitz (in litt. 27. September 2017) aus seiner Zucht von 2015 mit: Schlupf aus dem Ei und Eiraupen 1.-6. April, L 2 ca. 10. April, L 3 -L 4 15. April, 23. April aus- gewachsene Raupen (vermutlich L 5 ) und schon braun verfärbte, 25. April Raupen beim Einboh- ren. Auch wenn alle Tiere aus einem Eigelege stammten, entwickelten sie sich bei Raumtem- peratur nicht gleich schnell. Abweichungen vom Eischlupf bis zur Verpuppung von ca. 8 Tagen wurden zwischen der schnellsten und der lang- samsten Raupe beobachtet. Der Entwicklungs- zeitraum von der Eiablage bis zum Einbohren der Raupe zur Verpuppung lag bei Zimmertempera- tur bei 26-33 Tagen. Im Vergleich mit den parallel durchgeführten Zuchten von B. puella und B. no­ tha war B. touranginii die schnellste – sicherlich auch, weil dies die kleinste der drei Arten ist. Der Entwicklungszeitraum der B. touranginii liegt folglich unter Laborbedingen, in Abhängigkeit von der Temperatur, zwischen 26 und bis zu 52 Tagen. Unter Freilandbedingungen könnte der Zeitraum vermutlich noch etwas länger sein. Die Zeitspanne bis zu den Hochwässern Anfang Juni beträgt von der Flugzeit der Imagines (Mitte bis Ende März) an gerechnet allerdings über 60 Tage, so dass davon ausgegangen werden kann, dass das Gros der Raupen dann verpuppt sein dürfte. Boudinotiana notha : Etwa zeitgleich mit B. tou­ ranginii schlüpften bei R. H errmann Raupen von B. notha zwischen dem 1. und 4. April. Die Eier stammten vom 16. März 2017 von einem Weib- chen von Steinenstadt, an dem Fundort leben beide Arten. Das Tier begann erst nach einer Woche mit der Eiablage, sie dauerte drei Tage. Nach einer Woche schlüpften die Räupchen, die sich nach etwa 48 Stunden in frischen Zitterpap- pelblättchen ( P. tremula ) eingesponnen hatten. Auch diesen, von Anfang an gesellig lebenden Raupen, wurden Blätter der o.g. Populus - und Salix -Arten gegeben, um ihre Nahrungsspezifität zu testen. Wie bei B. touranginii zeigte sich auch hier, dass ein Wechsel der Fraßpflanzen völlig problemlos möglich war. Zwischen dem 23. April und 10. Mai bohrten sich die dunkel verfärbten, ca. 25 mm langen Raupen (n = 6) in beigelegtes,

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