Carolinea 75

F alk & T reptow : Biegsame Gesteine – Itacolumite 11 ein „verfilztes“ Gewebe erzeugen könnten, treten nicht in allen Proben auf. Es ist davon auszuge- hen, dass jene Minerale zwar das Korngefüge und die interne Struktur stabilisierend unterstüt- zen, jedoch nicht für die Flexibilität zwingend not- wendig sind ( K erbey 2 011). In der untersuchten Probe des SMNK wurde vereinzelt ein Phyllosilikat mit vermutlich trikli- nem Kristallsystem erkannt, das die Elemente Sauerstoff (O), Silizium (Si) und Aluminium (Al) enthält. Unter Annahme, dass das Element Was- serstoff (H) bei der EDX-Analyse nicht erkannt werden kann, wird es sich bei dem Mineral um ein Tonmineral der Kaolinit-Gruppe handeln, möglicherweise als Alterationsprodukt von Feld- späten und/oder Glimmern. Sillimanit und Kyanit konnten nicht nachgewiesen werden. Der Einfluss von Tonmineralen oder deren Aus- gangsminerale auf die Flexibilität wird hier als untergeordnet angesehen, da jene Gehalte sehr gering sind (< 5 %). Weiterhin treten weder Ton- minerale noch Feldspäte, Glimmer oder Sillima- nit/Kyanit mit erkennbaren Verteilungsmustern im Objekt auf. Eine geringfügig das Gefüge stabilisierende und gleichzeitig die Biegsamkeit unterstützende Wirkung, wie häufig vermutet, ist denkbar – insbesondere bei höheren Anteilen. Die Flexibilität des Gesteins wird stattdessen mit dreidimensional vernetzten, intergranularen Zwi- schenräumen von wenigen Mikrometern Breite erklärt. Sie umspannen die einzelnen Körner einheitlich und sind mehrfach nachgewiesen (Abb. 5 + 6, Abb. 8 + 9, D usseault 1980, S uzuki et al. 1990, K erbey 2011, S uzuki et al. 2011 ). Ze- mentfüllungen dieser Poren treten, wenn über- haupt nur in sehr geringem Umfang in indischen Proben auf (Tonmineral Dickit, S uzuki & S himizu 1993 ). Die damit „beweglichen“, vielkantigen Quarzkörner können deshalb ineinander greifen. T elle & O ta (2015) sprechen hier insbesondere von ineinandergreifenden konkaven und konve- xen Bereichen der komplexen Kornform („jigsaw puzzle“, S uzuki et al. 2011, Y amaguchi et al. 2007). In vorliegender Publikation wird diese Auffas- sung spezifiziert. Neben konkav-konvexen (ge- lenkartigen) Mikrostrukturen sind zackig-spitze Bereiche der Quarzkörner ebenso wichtig für die Verzahnung des Verbunds (Abb. 8 + 9). Letztlich erzeugen beide Mikrostrukturen jene Puzzle- Struktur („jigsaw puzzle“). Eine Schlüsselrolle spielen die deutlichen „Nasen/Zacken“ der kan- tigen Körner, welche ineinander greifen und die beweglichen, gelenkartigen, konkav-konvexen Kornverbünde stabilisieren. Damit entsteht ein teilbeweglicher Kornverbund. Die vernetzten Kornzwischenräume (3-9 μm) dienen hierbei als minimale Pufferzonen, die eine geringe Bewe- gung des einzelnen Korns zulassen. Von Korn zu Korn summiert sich diese geringe Beweg- lichkeit lateral zur Flexibilität des Itacolumits auf. Konkav-konvexe Kornverbünde unterstützen in Anlehnung eines Gelenks diese Beweglichkeit. Hierin liegt die Erklärung für die auf S.10 ange- führten Punkte 2, 3, 4 und 5 von S uzuki & S hi - mizu (2003): Eine stärkere Zackung von größe- ren Körnern erhöht gleichsam das Volumen von potentiellem „Bewegungsraum“ und ermöglicht somit eine bessere Flexibilität und Stabilität. Die Zunahme der Zackung bei kleineren Körnern (Punkt 2) ist vermutlich auf eine länger andau- ernde chemische Quarzlösung zurückzuführen. Angelöste Quarzränder und gelöste Glimmer- plättchen geben wiederum möglichen Raum für erhöhte Flexibilität frei (Punkt 1). Die unregelmä- ßigen Lösungserscheinungen gelten grundsätz- lich als Relikt der wenn auch schwachen Meta- morphose ( K erbey 2011 ). Es ist nun denkbar, dass der Kornzusammen- hang und die daran anknüpfende Beweglichkeit unter einer bestimmten Mindest-Korngröße und ab einer bestimmten Maximal-Korngröße stark beeinträchtigt sein können. Der Verbund droht in jenen Fällen zu versagen und das Gestein zu einem Lockersediment – wie Quarzsand – zu zerfallen ( S uzuki et al. 2011 ). Dieses Beispiel kann an der „bröseligen“ Probe SMNK_Pet.6414 beobachtet werden (Abb. 3). Aber grundsätzlich ist die Entstehung eines Itacolumits überwiegend unabhängig von der Korngröße des ursprüng- lichen Sandsteins ( K erbey 2011) . Zusammenfassung Die brasilianische Herkunft (Itacolomi Berg, südlich Ouro Preto) der Untersuchungsobjekte SMNK_Pet.6413A bis 6413F konnte ausrei- chend bestätigt werden. Es handelt sich in der Klassifikation von S uzuki & S himizu (1993) um „Micaceous Schistose Quartzite“. Die „Puzzle-artige“ Mikrostruktur von gelenkar- tigen und spitzen Kornformen der Quarzkörner sorgt für eine stabile Verzahnung des Kornver- bunds und bewirkt durch die untereinander ver- netzten, dreidimensionalen Intergranularräume dessen Flexibilität. Quarzkörner bis zu einer be- stimmten Korngröße erhöhen dabei die Flexibi- lität, darüber jedoch zerstören sie den Verbund. Gängig sind Quarzkörner von 0,3 mm Größe mit teils sehr kantigen und/oder konkav/konvexen

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