Carolinea 75

S chweitzer et al. : Neues Naturschutzgebiet „Ziegelhäule“ 155 ändert sich der Bodentyp, und man findet hier Pelosole aus Fließerden. Aufgrund des hohen Lössanteils im Boden, der sickerwasserstauend wirkt, ist das Gebiet in den Senken großflächig frisch bis feucht und stellen- weise nass. An den Hängen oder Hügeln, bei denen das Regenwasser aufgrund des Gefälles ablaufen kann, entwickeln sich trockene Stand- orte. Das Gebiet gehört zur hydrologischen Ein- heit „Gipskeuper und Unterkeuper“. Die mittlere jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 700 mm pro Jahr. Die mittlere jährliche Lufttemperatur be- trägt 8-9 °C. Die Potentielle Natürliche Vegetation (PNV, R eidl et al. 2013), also dieVegetation, welche sich nach ausbleibender Nutzung des Menschen einstel- len würde, wäre im Gebiet ein Eichen-Eschen- Hainbuchen-Feuchtwald mit flussbegleitenden Auwäldern. Diese PNV würde sich in den feuch- ten Arealen des Erdzwischenlagers und auf den Nasswiesen ausbilden. Umliegend und Richtung Wald würde sich ein Waldmeister-Buchenwald im Übergang zu Waldgersten-Buchenwald und kleinflächig zum Waldlabkraut-Hainbuchenwald entwickeln. 1.2 Abgrenzung, Größe und Schutzstatus Die Gesamtfläche des Naturschutzgebietes be- trägt rund 11 ha. Im Norden grenzt es an Felder und Wiesen des Ortsteils Lienzingen. Im Osten schließt es direkt an die Landesstraße (L 1134) an. Im Süden trifft es auf die ausgedehnten Waldflächen des Trinkwaldes. Im Westen bilden teilweise Felder und Wiesen des Ortsteils Lien- zingen, aber auch die ausgedehnten Waldflä- chen des Trinkwaldes den Grenzverlauf. Im Nordosten des Naturschutzgebietes liegt der als Naturdenkmal ausgewiesene Trinkweiher, der mit seinen seltenen Wasserpflanzen und zahlreichen Weiden besonders schützenswert ist. Des Weiteren gibt es im Naturschutzgebiet nach § 30 BNatSchG / § 33 NatSchG gesetzlich geschützte Biotope. Die Hecken, bestehend aus fast ausschließlich 3-6 m hohen Sal-Weiden im Norden des Ge- bietes, welche an die Straße grenzen, sind als Biotop „Hecke südöstlich Ziegelhäule“ geschützt. Ein weiteres Biotop ist der „Verlandungsbereich am Trinkweiher“, bestehend aus einem stehen- den Binnengewässer, Röhrichtbeständen, Riede sowie Feldhecken und Feldgehölz. Besonders schützenswert ist dieses Biotop durch das reiche Amphibienvorkommen u.a. mit dem streng ge- schützten Springfrosch ( Rana dalmatina ). Auch die „Nasswiesen im Gewann Trink“ sind als Bio- top geschützt. Hier treten Röhrichtbestände und Großseggenriede sowie seggen- und binsen- reiche Nasswiesen auf. Der Regionalplan Nordschwarzwald weist den Bereich des Naturschutzgebietes als „Regio- nalen Grünzug“ aus. 1.3 Historische und aktuelle Nutzung Auf dem „Topografischen Atlas des Königreichs Württemberg“ aus dem Jahre 1845 ist zu erken- nen, dass die Hauptnutzungsform im und in der Umgebung des Naturschutzgebietes im 19. Jahr- hundert aus Grünland bestand. Die Grenzen des umliegenden Trinkwaldes haben sich bis heute kaum verändert. Im Jahr 1983 wurde sowohl eine naturschutz- rechtliche Genehmigung als auch die berg- baurechtliche Genehmigung des Bergamts zur „Errichtung von Keupermergel-Zwischenhalden (einschließlich Materialabtrag)“ erteilt. Die Zwi- schenhalde diente als Rohstofflager für die Ziegelherstellung im Verarbeitungsbetrieb Mühl­ acker. Einlagerungsmaterial war Erdaushub, der beim Bau der DB-Schnellbahntrasse anfiel. Im Jahr 1997 wurde ein Antrag auf „Abbau von Tonvorkommen“ im Bereich Ziegelhäule gestellt. Der Abbau wurde jedoch aus betriebswirtschaft- lichen Gründen nicht durchgeführt. Im Jahr 2011 wurde der Betrieb des Zwischenla- gers weitgehend eingestellt. Der Abtransport des nutzbaren Materials des Erdzwischenlagers war beendet. Seit dieser Inanspruchnahme als Erdzwischenla- ger fand keine Nutzung mehr statt. Das Gelände konnte sich frei von menschlichem Einfluss zu einem artenreichen Sekundärbiotop entwickeln. Die umliegenden Grünlandflächen werden auch heute noch landwirtschaftlich genutzt. 2 Schutzwürdigkeit 2.1 Biotope, Flora und Vegetation Das Naturschutzgebiet weist 20 verschiedene Hauptbiotoptypen und insgesamt 26 kartierte Biotoptypen (vgl. GÖG 2014, Tab. 1) auf. Sechs dieser Biotoptypen werden in der Roten Liste Deutschlands geführt. Einige sind sogar „stark gefährdet“. Insgesamt konnten rund 170 Gefäßpflanzen- arten im Gebiet nachgewiesen werden ( GÖG 2014), davon vier gefährdete Arten bzw. Arten der Vorwarnliste ( B reunig & D emuth 1999, Bun- desamt für Naturschutz 1996 ).

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