Carolinea 76
H olstein : Spinnenfauna der Gemarkung Gingen an der Fils 161 gen insgesamt weniger als 25 Artnachweise. Die höchsten Artenzahlen liegen für die Messtisch- blätter TK 25 Nr. 7420 (Tübingen) mit 418 Spezi- es und TK 25 Nr. 8220 (Überlingen-West) mit 352 Spezies vor. Für Tübingen ist hier der Spitzberg als Untersuchungsgebiet der Universität Tübin- gen maßgeblich, in Überlingen-West befindet sich der Wohnort eines Spinnenforschers. Ein weiterer Grund für die vergleichsweise spär- liche Bearbeitung der Spinnenfauna mag darin begründet sein, dass es insgesamt zu wenige Spinnenforscher gibt. Bei ökologischen Unter- suchungen und Umweltgutachten, die als Stan- dard oft mit der Bodenfallenmethode arbeiten, gelten die Spinnen meist nur als „Beifänge“, da der Fokus auf anderen Arthropodengruppen liegt, meist Laufkäfer oder auch Ameisen. Die er- fassten Spinnen werden meist nur dann ausge- wertet, wenn ein Arachnologe im Forscherteam ist oder wenn einer zufällig von den Untersu- chungen hört und sich für das Material interes- siert. Dabei bieten Spinnen dadurch, dass sie in nahezu allen terrestrischen Lebensräumen mit teilweise besonderen ökologischen Ansprüchen vorkommen, eine höchst interessante Indikator- funktion, die wichtige Rückschlüsse auf den Zu- stand eines Habitats und dessen biotische und abiotische Bedingungen erlauben. Mit aktuell 992 bodenständigen Spinnenarten in Deutschland (738 in Baden-Württemberg, B lick et al. 2016 + einer handvoll Neunachweisen in den letzten 2 Jahren) bringen sie auch eine aus- reichend hohe Artendiversität mit, um entspre- chend differenzierte Aussagen treffen zu können. Dabei gelten jedoch nur etwa die Hälfte der Arten als mehr oder weniger häufig. Für das Messtischblatt TK25 Nr. 7324 (Geislin- gen an der Steige-West), in dem die Gemarkung Gingen liegt, gibt es derzeit 86 Artmeldungen, im benachbarten Blatt Nr. 7325 (Geislingen an der Steige-Ost) gerade mal eine (die Glattbauchspin- ne Zelotes subterraneus ). Durch die vorliegende Untersuchung kommen weitere 89 auf Nr. 7324 hinzu. Für unser Rasterfeld liegen demnach 175 Artnachweise vor und es gibt derzeit nur 24 Mes- stischblätter in Baden-Württemberg, die eine hö- here Zahl aufweisen. Die Ergebnisse aus den Bodenfallenfängen der Gingener Biotopkartierung basieren auf den Fängen in 7 Habitaten, die zwar als repräsen- tativ ausgewählt wurden, die jedoch bei weitem nicht das ganze Spektrum auf der Gemarkung abdecken. Außerdem erfassten die Fänge nur den Frühjahrs- und Sommeraspekt, im Herbst und in denWintermonaten wurde nicht gefangen. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich bei wei- teren Untersuchungen das Artenspektrum noch erhöhen wird, vor allem um die landesweit häu- figen und regelmäßig gefundenen Spezies. Es ist allerdings auch durchaus noch der Nachweis seltener Arten möglich, wenn in entsprechenden Habitaten und auf Sonderstandorten gesucht wird. Für die Spinnenfauna gilt dasselbe wie für alle anderen Tier- und auch Pflanzengruppen. Ein wirksamer Schutz zum Erhalt der Artenvielfalt ist ausschließlich mit dem Erhalt der Lebensräume in ihrer ursprünglichen und standortgerechten Ausstattung möglich. Jede Nutzungsänderung, sofern sie nicht gezielt zur Erhöhung der Arten- vielfalt durchgeführt wird, muss zwangsläufig zu einem Artenverlust führen, der in unserer nivel- lierten und vereinheitlichten Kulturlandschaft, die zudem von einer kaum überschaubaren Menge von Fremdsubstanzen aus der Luft, durch Ein- schwemmung oder direkte Ausbringung überflu- tet wird, auch durch gezielte Artenschutzmaß- nahmen kaum mehr ausgeglichen werden kann. Das Reservoir an Sonderstandorten und unge- störten Rückzugsgebieten von denen aus Flä- chen wiederbesiedelt werden könnten, ist nahe- zu erschöpft, und es ist dringend geraten, diese wenigen Flächen in ihrem Zustand zu erhalten, zu erweitern und aus dem Artenschutzaspekt heraus aufzuwerten. Literatur Arachnologische Gesellschaft (2018): Atlas der Spin- nentiere Europas, https://atlas.arages.de , Stand 4.5.2018. Arachnologische Gesellschaft (2018): Wiki der Arach- nologischen Gesellschaft e. V., https://wiki.arages. de, Stand 4.5.2018. B ellmann , H. (2001): Kosmos-Atlas Spinnentiere Euro- pas. – 304 S.; Stuttgart (Frankh-Kosmos). B lick , T., F inch , O.-D., H arms , K. H., K iechle , J., K iel - horn , K.-H., K reuels , M., M alten , A., M artin , D., M u - ster , C., N ährig , D., P laten , R., R ödel , I., S cheidler , M., S taudt , A., S tumpf , H. & T olke , D. (2016): Rote Liste und Gesamtartenliste der Spinnen (Arachnida: Araneae) Deutschlands. – In: G ruttke , H., B inot -H af - ke , M., B alzer , S., H aupt , H., H ofbauer , N., L udwig , G., M atzke -H ajek , G. & R ies , M. (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 4: Wirbellose Tiere (Teil 2). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (4): 383-510. – Münster (Landwirtschaftsverlag). B ösenberg , W. (1899): Die Spinnen der Rheinprovinz. – Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der
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