Carolinea 76
166 Carolinea 76 (2018) unseren Breiten nur noch in Relikthabitaten vor- kommen, die sie zumindest teilweise postglazial besiedelt haben. Beispiele unter den Spinnen sind die auch im Nordschwarzwald (in Grinden und Blockhalden) nachgewiesenen Arten Clu- biona kulczynskii L essert , 1905, Rugathodes bellicosus ( S imon , 1873), Anguliphantes tripar- titus ( M iller & S vaton , 1978) und die bereits erwähnte Lepthyphantes notabilis K ulczy ń ski , 1887 ( F ritze & B lick 2010). Wenn ausbreitungs- fähige Arten, wie die meisten Baldachin- und Zwergspinnen, die sich am Fadenfloß verdriften lassen, oder auch mobile Laufspinnen, wie z.B. die Wolfspinnen, auf Reliktstandorte wie Block- halden beschränkt sind, deutet das auf ökologi- sche Ursachen für die Limitierung des Vorkom- mens hin. Die Blockhalden-Stachelwolfspinne Acantho- lycosa norvegica sudetica (L. K och , 1875) Die Gattung Acantholycosa gehört zur artenrei- chen Familie der Wolfspinnen (Lycosidae: 124 Gattungen, 2419 Arten, World Spider Catalog 2018), die mit der Ausbreitung von Gräsern und der Dominanz von Grasland seit dem Miozän eine Radiation erfahren haben und heute als ty- pische Offenland-/Graslandspinnen gelten ( J oc - qué & A lderweireldt 2005). Von den 29 Arten der Gattung sind bis auf eine nordamerikanische alle im nördlichen Eurasien (paläarktisch) verbreitet. Ihre Vertreter sind mittelgroße (7-10 mm Kör- perlänge), langbeinige Tiere. Das Verbreitungs- gebiet der Nominatart A. norvegica ( T horell , 1872) erstreckt sich über die gesamte Paläark- tis, A. norvegica sudetica kommt ausschließlich in Mitteleuropa in Blockhalden vor ( K ropf 1999; N entwig et al. 2018). Die Unterart ist leicht von allen anderen einheimischen Wolfspinnenarten durch ihre Größe, charakteristische Zeichnung und besonders die Bestachelung der Vordertibi- en (5 ventrale Stachelpaare, s. Abb. 1) zu unter- scheiden. In Deutschland wurde sie bisher am Hohen Meißner, im Harz, im Hunsrück, in der Rhön, im Fichtelgebirge, im Bayerischen Wald und im Südschwarzwald in Höhen von 350 m bis 1050 m ü. NN, vermeintlich an ehemaligen Gletscherrändern, nachgewiesen ( H omann 1951, M olenda 1996, K ropf 1999, L och 2002, F ritze & B lick 2010, S chikora 2015). Diese Vorkommen weisen auf Periglazialrelikte ( M olenda 1996) und nachkaltzeitlich von der Hauptart isolierte Popu- lationen ( K ropf 1999, F ritze & B lick 2010) hin. Vorkommen in ehemals devastierten Gebieten im Harz ( M olenda 1996) weisen bereits auf die Fähigkeit zur postglazialen Neubesiedlung ge- eigneter Habitate hin ( K ropf 1999). Die Blockhalden-Wolfspinnen exponieren sich an sonnigen Tagen auf der Oberfläche der Blöcke der Sonne, hier fallen besonders die Weibchen mit ihrem türkis-blauen Eikokon (Abb. 2) auf. Sonst sind die Spinnen durch ihre kontrastreiche Abbildung 1. Weibchen von Acantholycosa norvegi- ca sudetica mit gut sichtbarer Bestachelung. – Foto: H. H öfer . Abbildung 2. Weibchen mit Eikokon. – Foto: L. K astner . Abbildung 3. Männchen der Blockhalden-Stachelwolf- spinne. – Foto: H. H öfer .
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