Carolinea 76
186 Carolinea 76 (2018) Blockhalden-Wolfspinnen (928 Ind.) in 5 von 16 untersuchten Halden. Die Spinnen waren dort häufig an der Haldenoberfläche und in offenen Bereichen am Haldenfuß, auch in offenen Fels- heiden, nicht aber in beschatteten Halden und an Felsstandorten zu finden. Im Gegensatz zur vor- liegenden Untersuchung hatte die Art im Fichtel- gebirge durch Waldsterben freigestellte Block- halden noch nicht besiedelt. Das könnte daran liegen, dass das Klima im Fichtelgebirge (Mo- natsmittel auf Haldenoberflächen und in offenen Felsheiden im Juni zwischen 10 °C und 13,5 °C) deutlich kühler ist als im Schwarzwald (über 20 °C). Die Autoren schließen auf den Bedarf der Art an warmen Blockoberflächen in Kombination mit dem kühlen Lückensystem. Auch im Nationalpark Harz ( S chikora 2015) wur- de Acantholycosa zahlreich (198 Männchen, 185 Weibchen), aber nicht in allen untersuchten Blockhalden nachgewiesen. Acantholycosa norvegica sudetica weist im Un- tersuchungsgebiet im Nordschwarzwald einen hohen Bestand auf, vermutlich eine große Popu- lation, die sich auf die insulären Lebensraumre- likte verteilt. Die Spinnen scheinen in der Lage zu sein, alle geeigneten Stellen (sonnenbeschie- nene Blockflächen, luftdurchströmtes Lücken- system) zu besiedeln, auch über Distanzen von mehreren Kilometern und in kurzen Zeiträumen nach der Offenlegung durch Sturmwurf oder Baumsterben. Gefährdung und Entwicklung der Populationen Blockhalden sind in ihrer Einzigartigkeit als weit- gehend ungestörte Habitate in einer sonst stark genutzten Kulturlandschaft und durch ihre spe- zifische Flora und Fauna mit vielen Reliktarten bereits als schützenswert erkannt. Mögliche Ge- fährdungen von Blockhalden und insbesondere ihrer charakteristischen Luftströme entstehen durch Nutzung durch Steinbrüche, Straßen- oder Forstwegebau (Nutzung des Gesteins, Isolierung von Halden, Eintrag von Feinmaterial), Forstwirt- schaft (Bewegen von Baumstämmen über den Haldenkörper) oder Tourismus, aber auch durch Sukzessionsprozesse und Veränderungen im Zuge einer langfristigen Erwärmung ( M olenda 1996). Die leichter erodierenden Sandsteine lie- fern dabei wahrscheinlich mehr Feinmaterial als harter Granit und ermöglichen je nach Lage und Wetterbedingungen die vermehrte Etablierung von Sträuchern und Bäumen und letztlich die Bil- dung von Blockwald. Auch wenn die meisten Blockhalden im Gebiet aktuell nicht unter zunehmendem Nutzungs- druck stehen und sich zumindest die klassischen Blockhalden innerhalb des geschützten Areals im Nationalpark nicht in absehbarer Zeit stark verändern dürften, erscheint es wichtig, die öko- logischen Ansprüche von Arten, die ausschließ- lich in diesem Lebensraum vorkommen, besser zu kennen, um ihren Status und eventuelle Ge- fährdungsfaktoren zu beurteilen ( M olenda 1996). Sicher ist es für das Überleben der Blockhalden- Wolfspinne wichtig, ihr Habitat gezielt zu schüt- zen. Gerade im Hinblick auf die Seltenheit der Blockhalden und ihre inselartige Verbreitung soll- te ihnen ein besonderer Schutz zukommen. Im Fichtelgebirge hat sich gezeigt, dass gerade die Zönosen der Blockhalden sehr empfindlich auf anthropogene Störungen reagieren und deshalb besonders geschützt werden sollten ( F ritze & B lick 2010). Die geringen Aktivitätsdichten in den Halden bei Seebach und in AS1 deuten ebenfalls in diese Richtung. Dagegen scheint eine natürliche Dynamik, durch einerseits Ausbreitung von Heide oder Wald und dadurch stärkere Beschattung oder Isolierung und andererseits Offenlegung von Blöcken durch Absterben von Bäumen und Erosion der Boden- decke, keine negativen Auswirkungen auf die Population(en) der Blockhalden-Wolfspinne zu haben. Gerade der lange Südwestabhang am Altsteigerskopf (AS2, AS3) scheint einer star- ken Dynamik zu unterliegen. So wurden in den letzten Jahren durch starke Stürme immer wie- der größere Teile des Blockwaldes geworfen und dadurch Blöcke offengelegt. So entstehen immer wieder potentielle Lebensräume, die offensicht- lich schnell besiedelt werden können. Besonders wichtig, aber noch ungeklärt, ist die genetische Struktur der außeralpinen Populatio- nen von Acantholycosa norvegica sudetica . Das in der vorliegenden Untersuchung gesammelte Material wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Centrum für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg im Rahmen von Untersuchungen zur Artabgrenzung, Populations- und Naturschutzge- netik ausgesuchter Blockhaldenbewohner gene- tisch analysiert. Für eine endgültige Beurteilung des Art-/Unterartstatus, der Klassifikation der Art als Glazialrelikt sowie eine solide, datenbasierte Vorhersage zu Vorkommen und Entwicklung von Populationen der Blockhalden-Wolfspinne sind weitere gezielte Aufsammlungen geplant. An den Standorten Melkereikopf und Altsteigerskopf wurden auch 2018 Bodenfallen verwendet, um
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