Carolinea 76

Z immermann & H afner : Heuschrecken im Landkreis Freudenstadt 197 tata ) und der Sumpfgrashüpfer ( Chorthippus montanus ). Mit 14 Fundpunkten war der Heide- grashüpfer ( Stenobothrus lineatus ) die häufigste gefährdete Art. Die als Arten der Vorwarnliste eingestuften Heuschrecken Kleine Goldschrecke ( Euthystira brachyptera ), Wiesengrashüpfer ( Chorthippus dorsatus ), Bunter Grashüpfer ( Omocestus viridu­ lus ), Lauchschrecke ( Mecostethus parapleurus ), Weinhähnchen ( Oecanthus pellucens ), Zweifar- bige und Kurzflügelige Beißschrecke ( Metrio­ ptera bicolor, M. brachyptera ) und Maulwurfs- grille ( Gryllotalpa gryllotalpa ) wurden allesamt in weniger als zehn NSG beobachtet. Dagegen ist die ebenfalls schonungsbedürftige Feldgrille ( Gryllus campestris ) im östlichen Teil des Kreises noch relativ weit verbreitet. Die häufigsten Langfühlerschrecken sind die Ge- wöhnliche Strauchschrecke ( Pholidoptera griseo­ aptera ; Fundortfrequenz: 100 %), die Roesels Beißschrecke ( Metrioptera roeselii ) und die Ge- meine Eichenschrecke ( Meconema thalassinum, jeweils Fundortfrequenz 90,9 %). Die häufigsten Kurzfühlerschrecken sind der Gemeine Gras- hüpfer ( Chorthippus parallelus, Fundortfrequenz 90,9 %), der Nachtigall-Grashüpfer und die Rote Keulenschrecke ( Chorthippus biguttulus, Gom­ phocerippus rufus ; Fundortfrequenz von jeweils 86,36 %), die nahezu alle untersuchten Grün- land-Lebensräume besiedelten. Für zwei Heuschrecken-Arten aus dem Untersu- chungsraum ist Baden-Württemberg in besonde- rem Maße verantwortlich, da deren Aussterben hier gravierende Folgen für die Bestandssitua­ tion in ganz Deutschland hätte. Eine Rarität unter den Heuschrecken ist die Al- pine Gebirgsschrecke ( Miramella alpina ), de- ren Vorkommen sich innerhalb von Deutschland auf den Schwarzwald und die Alpen beschrän- ken. Seit der letzten Eiszeit besteht im Schwarz- wald ein isoliertes Vorkommen ohne Verbindung zum Hauptverbreitungsgebiet in den Alpen und zu den Vogesen ( Z immermann 1998). Im Unter- suchungsraum konnte sie im Naturschutzgebiet „Kniebis – Alexanderschanze“ und in vier wei- teren Gebieten des Schwarzwalds in feuchten Talwiesen entlang von Mittelgebirgsbächen, Moor-Randbereichen und lichten Wäldern fest- gestellt werden (vgl. Z immermann 1992). Die Lauchschrecke ( Mecostethus parapleurus ) ist euroasiatisch verbreitet. In Deutschland tritt sie nur in den südlichen Bundesländern auf, mit Verbreitungsschwerpunkten entlang der großen Flüsse Rhein und Donau sowie deren Nebenflüs- sen. Erst in jüngster Zeit konnten auch außerhalb der warmen Täler Vorkommen im Schwarzwald bis über 1.000 m entdeckt werden ( Z immermann & H afner 2011). Ihr sehr gutes Flugvermögen und der Klimawandel waren dafür sicher aus- schlaggebend. Im Untersuchungsraum tritt die­ se Ödlandschrecke in dem Naturschutzgebiet „Salzstetter Horn“ und im „Wolfachtal mit Seiten- tälern“ in mittlerer Individuendichte bevorzugt in feuchten Wiesen auf. 3.2 Eignung von Heuschrecken zur Qualitäts- sicherung von Schutzgebieten Die Kontrolle der Auswirkungen von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in Schutzgebieten ge- hören zu einem festen Bestandteil eines prak- tischen und effizienzorientierten Naturschutzes ( H afner & Z immermann 1996, Z immermann 1996). Zielarten bzw. Zielartengruppen und Ziel-Le- bensraumtypen sind zentrale Faktoren bei der Entwicklung von Zielen im Rahmen von Pflege- und Entwicklungsplänen, von Managementplä- nen sowie bei der Qualitätssicherung von Schutz- gebieten ( R addatz 2015). Mit der Erstellung und Umsetzung eines Qualitätssicherungskonzepts für die Kreise Baden-Baden und Rastatt wird die Pflege und Nutzung in NSG zur Sicherstellung der Schutzziele verbessert ( B auer -B ahrdt , Z ech & R addatz 2018). Dieses beispielhafte Pilotpro- jekt wird zukünftig auch in anderen Kreisen wie Freudenstadt übernommen. Die Erhebung von Zielarten dient der Bewertung der Qualität von Schutz- und Entwicklungsmaß- nahmen. Als Zielarten werden meist Arten oder Artengruppen benannt, die durch entsprechende Nutzungen, Pflege- oder Entwicklungsmaß- nahmen gefördert werden sollen. Für die Auswahl an Zielarten empfahl bereits M ühlenberg (1989), verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. In Tabelle 3 sind schutzgebietsspezifische und priorisierte Zielarten von Heuschrecken enthal- ten, die die Auswahlkriterien weitestgehend er- füllen. 4 Veränderung der Heuschreckenfauna Von acht Naturschutzgebieten aus dem Land- kreis Freudenstadt (knapp die Hälfte aller NSG) und vier bemerkenswerten Gebieten liegen äl- tere Funddaten über Heuschrecken vor, die mit der vorliegenden Untersuchung verglichen wur- den. Der Vergleich der Untersuchungen von 1996 ( S charfe & S chlund ) und 2016 bzw. 2018 zeigte

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