Carolinea 76

210 Carolinea 76 (2018) räume statt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich be- züglich der Artenzahlen bei den Heuschrecken in diesen Gebieten keine deutlichen Qualitätsver- schlechterungen ergeben haben. Aussagen zur Heuschreckenbiomasse sind damit jedoch nicht möglich. Die Ergebnisse lassen sich auch nicht auf andere Artengruppen und erst recht nicht auf die außerhalb von Schutzgebieten vorhandene „Normallandschaft“ übertragen. Außerhalb von Schutzgebieten sieht die Gefährdungssituati- on insbesondere im Wirtschaftsgrünland, aber auch bei zuwachsenden Habitaten ganz anders aus. Sowohl die Artenzahlen als auch die Indi- viduenzahlen nehmen bei mehrmals gedüngten Wirtschafts- und Vielschnittwiesen stark ab. Dies wird mittel- bis längerfristig auch großen Einfluss auf Schutzgebiete haben, insbesondere, wenn diese kleinflächig sind und als winzige Inseln in einer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft liegen. Ein entsprechend ernüchterndes Bild zeigen sowohl verschiedene Studien (z.B. M aas et al. 2002) als auch die anwachsenden Roten Listen der vom Aussterben bedrohten Heuschre- cken. Die traditionelle Nutzung (z.B. extensive Rinder- oder Schafbeweidung) oder angepasste, ziel­ orientierte Pflegemaßnahmen haben sich in den letzten Jahrzehnten in den Naturschutzgebie- ten bewährt. Sie sollten jedoch nicht zugunsten scheinbar effizienterer Maßnahmen (z.B. Erhö- hung der Weideintensität, Mulchen von Mager- standorten oder Sukzession) umgestellt werden, da ansonsten viele Heuschreckenarten und an- dere Artengruppen beeinträchtigt bzw. ausgerot- tet werden können. Der Klimawandel hat bereits und wird auch in Zukunft zur Veränderung der Heuschreckenfau- na beitragen. Um bedrohte Arten bereits heute schon zu fördern, sind folgende Strategien zu verfolgen: – Unterschutzstellung von Habitaten mit sel- tenem Arteninventar und einem breiten Spek- trum unterschiedlichster Feuchtestufen (Be- rücksichtigung des Kleinreliefs); – Erhaltung offener Habitate und Sonderbiotope (z.B. Muschelkalk-Felsen und -Feinschutthän- ge am Neckar, Senken mit Druckwassertüm- peln, Moore) mit gleichzeitigem, kleinflä- chigem Verzicht auf landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung; – Verbund von essentiellen Lebensstätten durch geeignete Korridore oder Trittsteine; – Verzicht auf Biozide in und an den Grenzflä- chen von Schutzgebieten und wertvollen Habi- taten in einem Korridor von mindestens 10 m (Verdriftung!). – Zulassen dynamischer Prozesse in den Auen (z.B. zur Entwicklung von Sand- und Schluff- bänken an Fließgewässern); – Überprüfung der Qualität von Naturschutzge- bieten durch Monitoring ausgewählter Ziel- arten bzw. Zielarten-orientierte Evaluierung von Pflegemaßnahmen; – Fortsetzung des Artenschutzprogramms mit regelmäßiger Kontrolle der Prioritäten. Danksagung Für die französische Übersetzung danken wir M arina B ezin , Grasse (Alpes Cote d` Azur). Dank gebührt auch J onas H eck für die Erstellung der Übersichtskarte der Untersuchungsgebiete (Abb. 4) sowie D aniel R addatz für die kritische Durchsicht des Manuskripts und wert- volle Hinweise (beide RP Karlsruhe). Literatur B auer -B ahrdt , S., Z ech , L. & R addatz , D. (2018): Qua- litätssicherung von Naturschutzgebieten – Pilotpro- jekt im Landkreis Rastatt und Stadtkreis Baden-Ba- den. – Karlsruhe (unveröff. Arbeit). B aur , B., B aur , H., R oesti , C. & R oesti , D. (2006): Die Heuschrecken der Schweiz. – 352 S.; Bern (Haupt). B eck , M. & S tüber , R. (1999): Pflege- und Entwick- lungsplan für das NSG „Salzstetter Horn“. – Planung im Auftrag der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Karlsruhe (unveröff.), 100 S. + Anhang; Karlsruhe. B inot -H afke , M., B alzer , S., B ecker , N., G ruttke , H., H aupt , H., H ofbauer , N., L udwig , G., M atzke -H ajek , G. & S trauch , M. ( 2011): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbel- lose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt, 70 (3): 716 S. BNL – Bezirksstelle für Naturschutz und Landschafts- pflege Karlsruhe (2000): Die Naturschutzgebiete im Regierungsbezirk Karlsruhe. – 654 S.; Stuttgart (Thorbecke). B runner , B., S charfe , F. & S chlund , W. (1994): Pfle- ge- und Entwicklungsplan für das NSG „Benzinger Berg“. – Planung im Auftrag der Bezirksstelle für Na- turschutz und Landschaftspflege Karlsruhe (unver- öff.), 56 S.; Karlsruhe. B runner , B., S charfe , F. & S chlund , W. (1996): Pflege- und Entwicklungsplan für das NSG „Osterhalde“. – Planung im Auftrag der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Karlsruhe (unveröff.), 87 S.; Karlsruhe. D etzel , P . (1998): Die Heuschrecken Baden-Württem- bergs. – 580 S.; Stuttgart (Verlag Eugen Ulmer). D etzel , P. (2005-2015): Umsetzung des Artenschutz- programms Baden-Württemberg, Heuschrecken im

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