Carolinea 76

Carolinea 76 (2018): 57-77, 21 Abb.; Karlsruhe, 14.12.2018 57 Historische Lössterrassen in Wäldern und Magerrasen des Kaiserstuhls R einhold T reiber Kurzfassung Die Lösslandschaft des Kaiserstuhls ist geprägt von Terrassen und Böschungen. Die vorliegende Untersu- chung versucht, anhand der Kulturgeschichte die An- fänge der Terrassierung zu klären. Diese reichen wahr- scheinlich in die fränkische Zeit zurück, markiert durch die erstmalige urkundliche Erwähnung des Weinbaus im Jahr 769 n. Chr. Mit Hilfe des digitalen Geländemo- dells konnte berechnet werden, dass rund 322 ha hi- storische Terrassen heute mit Wald und rund 29 ha mit Magerrasen bewachsen sind. Die Terrassenlandschaft war früher wesentlich ausgedehnter als heute, wenn- gleich rund 73 % aller heute bewaldeten Terrassen überwiegend auf klimatisch begünstigten, südlichen und westlichen Hanglagen angelegt wurden. Anhand der kulturgeschichtlichen Daten und dem Alter der Bäume konnte gezeigt werden, dass die Nutzungsauf- gabe und Wiederbewaldung mit verschiedenen Kriegs- ereignissen und dem daraus abgeleiteten Mangel an Arbeitskräften zusammenhängen dürfte. Auf den Terrassen hat sich ein Wald entwickelt, in dem 16 Baumarten erfasst werden konnten. Die Rot­ buche dominiert die Bestände. Neben der Robinie sind Esche und Bergahorn besonders häufig, welche auch die meisten Exemplare mit großem Brusthöhendurch- messer stellen. Nach einem zu erwartenden starken Rückgang der Esche durch das Eschentriebsterben ist künftig mit einer weiteren Zunahme der Rotbuche zu rechnen. Der Kaiserstuhl ist ein herausragendes Bei- spiel für eine terrassierte Kulturlandschaft in Baden- Württemberg. Abstract Terraces and stripes are conspicuous features cha- racterising the landscape of the loess-covered Kaiser- stuhl, a small hill range in the southern part of Baden- Württemberg, Germany. The present study addresses the cultural history of terracing which probably dates back to the Franconian period with the first mention of vineyards in 769 A.D. Using a digital terrain model, it could be shown that 322 ha of historical terraces are now covered by woodland while about 29 ha consist of neglected grassland. Although terraces were much more widespread in the past, 73 % of the presently forested terraces were predominantly built on warmer sites like south and west exposed slopes. Culture- historical data as well as age determination of trees indicate that the abandonment of terraces and their spontaneous afforestation is probably linked to a dimi- nished population and manpower bottleneck as a result of several wartime events. 16 different tree species have been recorded for the forests on these terraces, with beeches are dominating these stands. Beside purposely planted species such as black locust, ashes as well as sycamore maple are also quite common, accounting even for the greatest biomass. Considering the prevailing ash-dieback, it is expected that beeches will still expand in these stands. The Kaiserstuhl area is an outstanding example of a terraced landscape in Baden-Wurttemberg. Autor R einhold T reiber , Im Westengarten 12, D-79241 Ihrin- gen; E-Mail: reinhold.treiber@gmx.de 1 Einleitung Die Terrassierung der Lösshänge prägt das Landschaftsbild im Kaiserstuhl. Dabei sind Ter- rassen nicht nur auf den heute durch den Wein- bau dominierten Flächen vorhanden, sondern prägen auch viele bewaldete Bereiche und eini- ge der vielfach in Naturschutzgebieten liegenden Magerrasen. Die Terrassierung ermöglichte in der Vergan- genheit erst die landwirtschaftliche Nutzung. Es wurde so der Erosion wertvoller Böden entgegen gewirkt, die Bewirtschaftbarkeit wurde durch ge- ringe Hangneigung auf den Terrassen erleichtert und die kleinklimatische Situation verbessert. Der Kaiserstuhl ist eine von vielen terrassierten alten Kulturlandschaften in Europa. Im Löss, der als Lockergestein leicht durch Handarbeit zu ver- ändern ist, aber auch sehr leicht unter Einfluss von Wasser und Bearbeitung erodiert, war die Anlage von Terrassen eine wichtige Errungen- schaft zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung. Bereits früh stellten sich verschiedene Autoren wie von B abo (1860) und L ais (1933) die Fra- ge, wann die Terrassen entstanden sind und mit der Terrassierung begonnen wurde. Es war eine enorme Arbeitsleistung erforderlich, um die Erdmassen der vielen später vorhandenen Ter- rassen zu bewegen. An den Hängen wurde Löss abgetragen, um damit die darunter liegende Bö- schung aufzutragen oder das Erdmaterial zu ver- lagern und dadurch die Neigung der Terrassen

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