Carolinea 76

T reiber : Historische Lössterrassen des Kaiserstuhls 75 transportiert wurden. Die gefundenen Hufeisen und Rebmesser können aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg stammen, denn in Folge der kriegsbedingten Entvölkerung breitete sich der Wald auf den Nutzflächen aus ( M üller 1933 ). Ein vergleichbares kleines Hufeisen wurde in einem neu angelegten Weinberg bei Bischoffingen ge- funden (Abb. 21). Das Alter der Wälder auf den Terrassen lag be- reits zu Zeiten von von B abo s (1860 ) bei min- destens 150 Jahren, da gefällte Eichen damals dieses Alter aufwiesen. Da sich Eichen nur bei guter Besonnung der Jungpflanzen entwickeln, muss die Fläche zu dieser Zeit offen gewesen sein. Dass die Terrassen früher zum Rebanbau genutzt wurden, darauf weist auch die Beobach- tung von B abo s (1860: S. 19) hin, dass „rund 5 cm dicke Rebstämme“ der Sorte Blauer Räuschling sich „oft inmitten des dichten Waldes an hohen Eichenbäumen empor winden“. Die von von B abo (1860 ) für das Liliental dokumentierte Brache- phase dürfte etwa 1710 oder etwas vorher be- gonnen haben, also zur Zeit der spanischen Erb- folgekriege (1703-1714). Aktuell wurde die maximale Baumdicke (BHD) in 31 Probeflächen auf unterschiedlichen Ter- rassen erfasst. Diese liegt durchschnittlich bei 0,74 m, wobei die dickste Rotbuche eine Dicke von 1,12 m und die dickste Esche 0,67 m Durch- messer erreicht. Gefällte dicke Buchen auf heute wieder bewaldeten Terrassen sind nach eigener Zählung der Jahresringe mindestens 78 bis 92 Jahre alt. Die Terrassen wurden demnach vor rund 100 Jahren aufgegeben, bis sich die Rot- buchen auf den Terrassen als Halbschatten- baumart etablieren konnten. Damit würde diese dokumentierte Brachephase etwa in die Zeit des Ersten Weltkrieges (1914-1918) fallen. In der Zeit der umfangreichen Flurbereinigungen im Kaiser- stuhl, vor allem in den 1970er und 1980er Jah- ren, wurden ehemals terrassierte Wälder wieder zu neuen Terrassen umgewandelt. Dies geht aus den Beobachtungen vor Ort bei Ihringen (z.B. Gewanne Himmelburg, Längetal, Rischbühl, Katzensteinbuck) und mündlichen Berichten von Winzern hervor. Erst seit den 1990er Jahren werden aufgrund des starken landschaftlichen Strukturwandels wieder verstärkt Terrassen aufgegeben und verbuschen insbesondere auf schlecht zugänglichen und nicht gut erschlos- senen Hanglagen. Aus den verschiedenen Hin- weisen und den historischen Ereignissen lässt sich folgendes Schema der Terrassierung und Wiederbewaldung rekonstruieren: Zwischen den Phasen der Wiederbewaldung lie- gen Nutzungsphasen. Sowohl in der Zeit von von B abo s (1860) w ie auch bei den umfangreichen Flurbereinigungen in den 1960er-1980er Jahren wurden wiederbewaldete Terrassen erneut gero- det, verändert und genutzt. 7 Diskussion Die Lössterrassen und Böschungen sind eine landschaftsprägende Struktur im Kaiserstuhl. Abbildung 20. Leberblümchen auf wiederbewaldeter Terrasse bei Ihringen am Nagenberg. – Foto: R. T reiber . Abbildung 21. Hufeisen eines Maultiers oder kleinen Pferdes von 8 cm Länge (Fundort: Weinberg am Ensel- berg, Bischoffingen 2018). – Foto: R. T reiber .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1Mjc=