Carolinea 76
76 Carolinea 76 (2018) Die Terrassierung der Lösshänge dürfte zeitlich aufgrund der Kulturgeschichte in die fränkische Zeit fallen. 769 n. Chr. wird auch der Rebanbau im Kaiserstuhl erstmals urkundlich erwähnt. Da- bei war in historischer Zeit die landwirtschaftlich genutzte Terrassenlandschaft mit rund 277 ha in heute bewaldeten Flächen wesentlich ausge- dehnter. Breite oder schmale Terrassen können ein Hinweis auf die frühere Nutzung als Acker- oder Rebterrasse geben, die auch von von B abo (1860) so beschrieben wird. Keinen Hinweis auf das Alter der heute bewal- deten Terrassen gibt die Ausprägung der Bö- schungen. Es zeigte sich, dass heute noch scharfkantige historische Böschungen nicht un- bedingt jünger sind, sondern dies vielmehr von der Beschaffenheit des Lösses abhängt. Durch die Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die heute wiederbewaldeten Terrassen etwa zur Zeit des Ersten Weltkriegs brach fie- len. Bei historischen Beobachtungen reicht eine weitere Wiederbewaldungsphase in die Zeit der spanischen Erbfolgekriege zurück (vgl. von B abo 1860). Es wurde daraus abgeleitet, dass Kriegs- zeiten immer wieder zu Brachephasen geführt hatten und umgekehrt Bevölkerungswachstum zur Inkulturnahme auch fern von Dörfern gele- gener Terrassen sowie deren Neuanlage von Hängen. Die heute wiederbewaldeten Terrassen ent- wickeln sich zu stabil ausgebildeten, von der Rotbuche dominierten Waldbeständen. Pionier- baumarten wie die Waldkiefer bzw. lichtliebende Baumarten wie Eichen können sich nicht mehr neu etablieren, Altbäume der Waldkiefer sterben ab, es sind nur noch wenige Exemplare vorhan- den. Die Robinien werden von starkwüchsigen Rotbuchen häufig überragt und zurückgedrängt. Bereits von B abo (1860 : S. 34) berichtet, dass Pflanzungen von Robinien „bis zur Höhe von 486 m ü. NN (1.600 Fuß) bei üppiger Vegetati- on angetroffen“ wurden. Die aus Nordamerika stammende Art war also bereits früh, etwa im 18. Jahrhundert, im Kaiserstuhl angepflanzt worden und wurde auch zur Aufforstung der brachgefal- lenen Terrassen genutzt. Auf den tiefgründigen Lössstandorten ist die Rotbuche sehr konkur- renzfähig. Die Robinie könnte nur nach einer Auflichtung durch Holzernte oder Stürme wieder gefördert werden. Die Esche ist noch dominant vorhanden, viele Bäume sind aber bereits durch den Pilz Hymenoscyphus pseudoalbidus befal- len und sterben ab. Die aktuell dokumentierte Si- tuation eines hohen Anteils von Eschen wird sich demnach in Zukunft stark ändern. Die Baumart wird mittelfristig im Waldverband fehlen, so dass sich die Rotbuche voraussichtlich noch stärker entwickeln kann. Dass auch heutige Magerrasen und Magerwie- sen, die heute als hochwertige FFH-Lebensraum- typen erfasst sind, früher teilweise zum Rebanbau oder als Acker genutzt wurden, zeigen rund 29 ha terrassierte Hanglangen mit aktuell dieser Vege- tation. Möglich ist auch die zeitweise Anlage von Äckern im Rahmen einer Dreifelderwirtschaft auf Hanglagen. Die Abgrenzung der Flächen ist mitunter schwierig, da nur einzelne kleine Bö- schungen vorhanden sind, deren Zuordnung zu Ackerflächen nicht klar ist. Die angegebene Flä- che umfasst die klarer abgrenzbare Mindestflä- che, die tatsächlich historisch als Acker genutzten Flächen sind vermutlich größer. Die Pflanzenarten der Magerrasen haben erst sekundär die Flächen besiedelt, wobei die Terrassierung dort vermutlich mindestens in das 19. Jahrhundert zurückreicht. Die Magerrasen im zentralen Kaiserstuhl sind demnach teils aus ackerbaulicher Nutzung hervor- gegangen, während die Wiesenmahd eine Folge- nutzung aufgrund des Futterbedarfs für das Vieh war. Die Entwicklungszeit dieser Magerrasen ist teils also begrenzt und reicht bis zur Aufgabe der Ackernutzung zurück. Terrassierte Landschaften zeugen von einer langen Nutzungstradition und intensiven Inkulturnahme von Hängen, die anson- sten nicht intensiver nutzbar gewesen wären. Der Kaiserstuhl ist als Naturraum ein herausragendes Beispiel für eine terrassierte Kulturlandschaft in Baden-Württemberg, die durch Löss, Weinbau und historisch auch Ackerbau auf Terrassen ge- prägt wurde. Danksagung Der Dank gilt V iola T aubmann und F elix D egner , die einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung der Terrassen geleistet haben. F elix D egner wird für die Unterstützung bei der Kartenerstellung, Kontrolle von Flächen und Auswertung historischer Quellen beson- ders gedankt. Dem Landschaftserhaltungsverband Breisgau-Hochschwarzwald wird für die Unterstützung bei der Erstellung der GIS-Karten gedankt. Literatur B abo , v . A. W. (1860): Urbarmachung und Einrichtung des Hofes Lilienthal am Kaiserstuhl im Breisgau nebst einer Beschreibung der landwirtschaftlichen Verhältnisse des Kaiserstuhls selbst. – 136 S.; Lahr (J. H. Geiger).
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