Carolinea 76

S chmidt : Hautflügler (Hymenoptera) in einem Garten in Heidelberg-Neuenheim 89 schlüpft hinein und klebt ihr Ei hinten an den Ce- phalothorax der Spinne. Die meisten Cryptinae (Ichneumonidae) sind „Kokon-Parasitoide“. Die Eier werden in Verpup- pungskokons mit erwachsenen Larven oder mit Puppen abgelegt und die Weiterentwicklung der Wirte durch einen Giftstich verhindert. Einige Ar- ten sind keine Parasitoide, sondern ihre Larven leben als Einräuber in Spinnen-Eikokons, z.B. Gnotus tenuipes, Hidryta fusiventris und H. simi­ lis . Vor der Eiablage am oder in der Nähe des Wirtes lähmen die meisten Braconinae (Braconidae) ihre Wirte durch einen Giftstich dauerhaft. Die Wirte, in der Regel fast ausgewachsene Larven von Käfern, Schmetterlingen, bei Bracon manch- mal auch von Fliegen und Pflanzenwespen, le- ben versteckt, z.B. in Pflanzenstängeln, Gallen, Samenkapseln oder unter Rinde. Die erwachse- ne Larve spinnt neben den Resten ihres Wirtes einen Kokon, in dem die Herbstgeneration über- wintert. Der polyphage Bracon viator ist ein häu- figer gregärer Parasitoid des Apfelblütenstechers ( Anthonomus pomorum , Curculionidae) und des Apfelschalenwicklers ( Adoxophyes orana , Tortri- cidae). B2) Die Körperwand des Wirtes wird mit dem Legebohrer durchstochen und der Eistiel in der „Haut“ verankert. Charakteristisch für die Tryphoninae (Ichneu- monidae) sind die hartschaligen gestielten Eier mit einem Anker am Ende dieses Stiels. Nur der Anker gleitet bei der Eiablage durch den engen Kanal des Legebohrers. Der Anker dient dazu, das Ei in der Kutikula, der Hypodermis oder der Muskulatur des Wirtes zu befestigen. Manchmal sind Anker oder Stiel, ausnahmswei- se Anker und Eistiel reduziert, z.B. bei Neleges proditor . Die Tryphoninae unterscheiden sich von fast allen anderen Ektoparasitoiden, da sie ihre Eier meist ohne Betäubung an frei beweg- liche Wirte, Pflanzenwespen-Larven, seltener Schmetterlings-Raupen, anheften. Nur wenige Arten lähmen den Wirt mit einem Giftstich kurz- fristig während der Eiablage. Das Ei wird in der Regel am Vorderende des Wirtes angeheftet, wo es von den Mandibeln nicht erreicht werden kann. Zur Eiablage werden späte Larvenstadien bevorzugt. Die Larve schlüpft in der Regel erst, wenn der Wirt seinen Verpuppungskokon ge- sponnen hat. Grypocentrus cinctellus ist im Gar- ten ein häufiger Parasitoid der kleinen Pflanzen- wespe Metallus lanceolatus (Tenthredinidae), deren Larven in Blättern der Echten Nelkenwurz ( Geum urbanum ) minieren. Dort werden sie von Grypocentrus cinctellus mit einem Ei belegt. Die Larve schlüpft aber erst, nachdem der Wirt die Mine verlassen hat, im Verpuppungskokon des Wirtes. B3) Das Ei wird an einer von potentiellen Wirten befressenen Pflanze abgelegt, z.B. bei Perilam- pidae, Chalcidoidea. Perilampus -Weibchen können bis zu 500 Eier le- gen. Aus jedem Ei schlüpft eine freilebende Lar- ve (= Planidium-Larve). Bei Perilampus ruficornis wartet die Planidium-Larve bis eine Schmetter- lingsraupe vorbeikommt. Ist dies der Fall, hält sich das Planidium an der Raupe fest und bohrt sich in sie hinein. Dort kann es sich nur weiterentwickeln, wenn die Raupe von einer Raupenfliegen-Larve (Tachinidae) befallen ist (bzw. wird). Das Planidi- um heftet sich in der Leibeshöhle der Schmetter- lingsraupe an die Raupenfliegen-Larve außen an. Wenn die Raupe sich verpuppt hat, schließt auch die Tachiniden-Larve ihre Entwicklung ab und bil- det ein Puparium. Das Planidium häutet sich und die Perilampus -Larve frisst als Ectoparasitoid das Raupenfliegen-Puparium leer und verpuppt sich. Perilampus ruficornis ist also ein obligatorischer Sekundärparasitoid, der im Primärwirt als Ekto- parasitoid am Sekundärwirt lebt. Faunistische Untersuchungen über Hymeno- pteren sind sehr zeitaufwändig, aber unter öko- logischem Aspekt besonders aussagekräftig. Die ungeheuer vielfältigen Lebensweisen las- sen Rückschlüsse auf die Flora (Futterpflanzen, Pollenquellen) und Insektenfauna (Beutetiere, Wirte) zu. Nur eine arten- und individuenreiche Insekten- (und Spinnen-) Fauna kann eine viel- gestaltige Hymenopterenfauna auf Dauer ernäh- ren (vgl. Tab. 7 und 8). Hymenopteren haben Vertreter in drei tro- phischen Ebenen der Nahrungspyramide: Konsumenten 1. Ordnung Herbivoren (= Pflanzenfresser), z.B. Symphyta (= Pflanzenwespen), und Pollenfresser, z.B. Bie- nen-Larven. Konsumenten 2. Ordnung Räuber von Pflanzenfressern, z.B. die meisten Sphecidae und alle Eumeninae (= Grab- und solitäre Faltenwespen), und Parasitoide von Pflanzenfressern, z.B. viele Ichneumonidae und

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