Carolinea 77
K ögel : Wasserkäfer und -wanzen als Fressfeinde von Stechmückenlarven 29 de unter 3,00 m gemessen, jeweils bezogen auf den Pegel Speyer. Erwähnenswert ist, dass es im Zeitraum 1979-1982 mehr Hochwasserspit- zen über 4,00 m gab und dass in der zweiten Hälfte der Jahre 2015 und 2016 besonders nied- rige Wasserstände um 2,00 m gemessen wur- den. Nach jetzigem Kenntnisstand ist aber nicht davon auszugehen, dass dies Auswirkungen auf den Artenbestand während eines gesamten Un- tersuchungszeitraums gehabt hat. Ebenfalls wichtig für das Überleben von Popu- lationen sind die winterlichen Tiefstwerte der Temperatur, insbesondere für Arten, die an Land überwintern. Aber auch im Wasser überwintern- de Arten können betroffen sein, wenn die Ge- wässer bis auf den Grund „durchfrieren“. Hier zeigt die Analyse, dass die Winter in den Jahren 1979-1982 deutlich kälter waren als 2015-2017. An der Wetterstation Mannheim wurden in den 5 Jahren bis zum Abschluss der jeweiligen Un- tersuchungsreihe dieser Arbeit folgende Extrem- werte gemessen (DWD 2018): Winter 1977/78 -22,4 °C 2012/13 -13,5 °C Winter 1978/79 -23,1 °C 2013/14 -8,6 °C Winter 1979/80 -13,7 °C 2014/15 -10,0 °C Winter 1980/81 -17,9 °C 2015/16 -10,4 °C Winter 1981/82 -23,2 °C 2016/17 -15,0 °C Durchschnitt -20,1 °C -11,5 °C Die Werte, in einem Abstand von 35 Jahren er- mittelt, machen eindrücklich, welche Auswirkun- gen die Klimaerwärmung gerade bei den win- terlichen Extremwerten hat. Frostempfindliche bzw. wärmeliebende Arten werden durch diese Entwicklung begünstigt. Im Untersuchungsgebiet könnte dies die Zunahme von Laccophilus ponti cus verursacht haben (siehe Kapitel 5.2), der als „thermophil“ bezeichnet wird ( K lausnitzer 1996). Ansonsten können, nach jetzigem Kenntnis- stand, keine Veränderungen der Bestände von Wasserkäfern und -wanzen auf die wesentlich milderen winterlichen Extremwerte in den Jahren 2012-2017 zurückgeführt werden. Auf der anderen Seite verursachen sehr hohe Temperaturen Stress bei den Lebewesen und veranlassen beispielsweise aquatische Organis- men, ein Gewässer zu verlassen – falls sie zur Migration befähigt sind. In den Auengewässern wurden teilweise bis 37,5 °C im oberflächennah- en Wasser gemessen. Ein damit einhergehender geringer Sauerstoffgehalt ist für viele Organis- men, die das Wasser nicht verlassen haben bzw. können, letal. So wurden dann z.B. verendete Corixiden, Hydrophiliden (Abb. 16) und Fische gefunden. Hohe Temperaturen führen auch häufig zu kräf- tigen Algenblüten, durch die sich das Wasser grasgrün verfärbt (Abb. 17). Dadurch kommt es zwar tagsüber zu Sauerstoff-Übersättigung, aber nachts herrscht Sauerstoffmangel. Auch eine sich oft im Sommer bildende Wasserlinsendecke (Abb. 18) veranlasst flugfähige Tiere, das Was- ser zu verlassen. Denn unter einer sehr dichten Pflanzendecke herrscht nahezu völlige Dunkel- heit im Wasserkörper, was wiederum zu Sauer- stoffzehrung und Entwicklung von Faulschlamm führt. Überhaupt ist Faulschlammbildung mit den be- kannten negativen Folgen eines der großen Probleme in vielen Gewässern der untersuchten Rheinauen. Das könnte seine Gründe in selte- neren Hochwasser-Ereignissen haben, die sonst zu einem „Ausräumen“ der Schluten und Weiher durch die Wasserströmung führen. Faulschlamm könnte Folge einer höheren Primärproduktion wegen erhöhter Jahres-Durchschnittstemperatu- ren sein (Klimawandel). Aber auch eine geringe- re Nutzung der gebildeten Biomasse durch Vö- gel oder andere Organismen, wie sie R eichholf für die Innstauseen beschrieben hat ( R eichholf 1993), könnte sich darin widerspiegeln. Letztlich soll im Kapitel 7.3 noch die Rolle des Totholzes in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Auch das Sukzessionsstadium der untersuchten Gewässer kann in Bezug auf die Faulschlamm- bildung eine Rolle spielen. Zwischen den Unter- suchungszeiträumen lagen immerhin 35 Jahre. Die Ketscher Wasserbausenke wurde beispiels- weise kurz vor dem ersten Untersuchungszeit- raum neu angelegt. Es wäre also ganz natürlich, wenn sich ihr Charakter und damit die Artenzu- sammensetzung in diesem Zeitraum verändert hat (siehe auch Kapitel 7.3). All das kann das Vorkommen von Arten beein- flussen und muss bei der Interpretation von Sam- melergebnissen berücksichtigt werden (vgl. K och 1972). Gerade die Rheinauen sind wegen sich beständig ändernder abiotischer Faktoren, etwa dem stark schwankenden Wasserspiegel, ein Le- bensraum von hoher Instabilität, was wiederum zu starken Fluktuationen bei Zu- und Abwande- rung von Arten führt (siehe D annapfel 1980). Die komplexe Populationsdynamik vieler Arten, die deren jährliches Vorkommen beeinflusst, kommt hinzu. Man weiß schon lange, dass es
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