Carolinea 77
62 Carolinea 77 (2019) Burgweiler Ried durch Intensivierung, Entwäs- serung und Mineralisierung oder Ausweisung als Bannwald weitgehend entwertet sind, dürften die Niedermoore der Bodenmöser den größten zu- sammenhängenden, einigermaßen intakten Nie- dermoorkomplex Baden-Württembergs bilden. In den Bodenmösern kommen, um nur einige wenig verbreitete Arten zu nennen, intakte Po- pulationen von Nemophora cupriacella ( H übner , [1819]), Nemophora violellus ( H errich -S chäffer in S tainton , 1851), Crambus alienellus ( G ermar & K aulfuss , 1817), Spilosoma urticae ( E sper , 1789), Coranarta cordigera ( T hunberg , 1788) und Lacanobia splendens ( H übner , [1803-1808]) vor, allesamt hoch gefährdete Arten. Aethes decimana ([ D enis & S chiffermüller ], 1775) 1 Exemplar 7.6.2014 am Licht, Wiederfund für Baden-Württemberg seit dem 19. Jahrhundert ( R eutti 1898 ). Diese hochmontane Art wäre eher auf der wenige Kilometer entfernten Adelegg zu erwarten, der Fundort liegt jedoch 700 m hoch, und A. decimana ist nicht die einzige montane Art, die auf der Adelegg und an deren Fuß vor- kommt. C. R eutti zitiert eine Angabe von L einer aus Konstanz, die wegen ihrer warmen Tieflage befremdlich wirkt, aber zu L einers Zeit im frühen 19. Jahrhundert gab es auf heutigem Konstan- zer Stadtgebiet noch ein Hochmoor. D. M ezger (Balingen) hat sie am 17.5.2017 am Pletten- berg bei Dotternhausen in 950 m Höhe auf der Schwäbischen Alb gefunden (Lepiforum). Die Art scheint vielleicht doch weiter verbreitet zu sein, als die seltenen Funde suggerieren, aber auf je- den Fall sehr versteckt zu leben. Raupensuche ist, wie E. R ennwald (Rheinstetten) im Lepiforum schreibt, womöglich die beste Nachweismetho- de. Nachweise im warmen Tauberland erschei- nen dem Verfasser infolge der Klimaerwärmung kaum mehr möglich. 11 NSGe Pfrunger-Burgweiler Ried und Dornacher Ried Das NSG Pfrunger-Burgweiler Ried (Landkreis Sigmaringen/Ravensburg) in Oberschwaben besteht aus Hochmooren, Übergangsmooren, Moorwäldern und Niedermooren. Die Hoch- moore sind bis auf den Großen Trauben stark gestört oder weitgehend abgebaut, mit großen Torfstichgewässern. Die Niedermoore sind ent- weder intensiver genutzt, werden das ganze Jahr beweidet oder liegen brach. Ein großer Teil dieser Flächen ist als Bannwald ausgewiesen. Im Bra- chezustand sehen sie für Botaniker nicht beson- ders interessant aus. In einer solchen Fläche kam bis vor einigen Jahren Megalophanes viciella ([ D enis & S chiffermüller ], 1775) vor, die letzte in der LDS-BW gemeldete Population! Die Raupen lebten an eng begrenzten Stellen an Juncus -Ar- ten. Dann wurde die ganze Fläche eines Winters mit schwerem Gerät völlig umgebrochen und zu einer neuen Landschaft mit Wasserläufen und Tümpeln umgestaltet. Anschließend wurde neben anderen Maßnahmen erhoben, welche Frosch- lurche sich angesiedelt haben. – Das nennt sich „Naturschutz“! (Solche Maßnahmen kommentiert der Verfasser inzwischen mit seinem, zugegebe- nermaßen polemischen, „Tiefgaragenbeispiel“: Ich baue eine Tiefgarage mit vielen Gesimsen für Amseln und Sperlinge und untersuche dann, wie viele Amseln und Sperlinge sich angesiedelt haben. Es ist auf jeden Fall eine erfolgreiche Na- turschutzmaßnahme.) Das Pikante: In der neuen Würdigung des NSG Pfrunger-Burgweiler Ried auf der LUBW-Seite wird die Megalophanes vi ciella ( D enis & S chiffermüller , 1775)-Population besonders hervorgehoben, war aber zum Zeit- punkt der Abfassung schon durch die o.g. Maß- Abbildung 14. Epiblema tussilaginana ( H errich - S chäf fer , 1854), Isny-Großholzleute, Adelegg, Schlagflur 200 m nördlich der Schletteralpe, 10.6.2017, Lichtfang.
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