Carolinea 77

74 Carolinea 77 (2019) ist hauptsächlich kontinental verbreitet und verlangt entsprechende Klimabedingungen, welche am Westrand seines Verbreitungsge- bietes durch verschiedene Faktoren nur sehr lokal ausgebildet sind. Das Zusammenwirken von Biotopstruktur, Vegetation, regionalen Kli- magegebenheiten und Bewirtschaftung können dem Eschen-Scheckenfalter zusagende Be- dingungen schaffen. Sieht man einmal von der ohnehin ungewöhnlichen Fundstelle am Stuifen ab, handelt es sich bei den bis um 1970 und danach existierenden Habitaten um feuchte Bachtäler, die alle einen ähnlichen Grundcha- rakter aufweisen. Wie oben beschrieben, sind viele solcher Bachtäler insbesondere durch Aufforstung und Intensivierung der Grünlandflächen so stark ver- ändert worden, dass sie als Habitate für E. ma­ turna nicht mehr in Frage kommen. Letztlich stel- len diese Habitate auch nur Ersatzlebensräume für die Primärhabitate der Art, flussbegleitende Auwälder, die sogenannte Hartholzaue, dar. Denkbar wäre, dass in früherer Zeit, als es sol- che Auwälder noch großflächiger gab, diese von E. maturna besiedelt wurden und mit dem Verschwinden dieses Lebensraumes ein Aus- weichen auf beispielsweise solch eschenreiche Bachtäler stattfand. Ohnehin waren die Bedin- gungen vor Beginn des 20. Jahrhunderts für die Art wahrscheinlich wesentlich günstiger, als noch andere Formen der Waldwirtschaft (Hute- wälder, Mittelwälder) verbreitet waren, die be- kanntermaßen als Habitate für die Art in Frage kommen. 6 Ökologie 6.1 Lebensraum Nach E bert & R ennwald (1991) besiedelte die Art „feucht-warme, eschenreiche Wiesentäler und Auen (Bach-Eschenwald)“ ... Dieser Lebens- raumtypus entspricht jenen oben beschriebenen Standorten, welche nach 1970 noch besetzt waren. Weiter wird ausgeführt: „Eine besonders hohe Populationsdichte [...] war früher dort fest- zustellen, wo junge Eschen wuchsen [...] oder Eschenhecken vorhanden waren“. Diese Be- schreibung deckt sich in etwa mit den Gegeben- heiten am Stuifen, insbesondere während der 1990er Jahre. Als weitere Lebensräume werden noch für die Ebene die Erlen-Esche-Aue und Ei- chen-Hainbuchenwälder („an günstigen…offenen, eschenreichen Standorten entlang von Bächen und Gräben“) genannt. 6.2 Aktuelles Habitat in der Kocher-Jagst- Region: Geologischer Aufbau, Vegetation und Nutzung Bei der gegenwärtig letzten baden-württember- gischen Fundstelle von E. maturna in der Kocher- Jagst-Region handelt es sich um ein tief in den Muschelkalk eingeschnittenes Bachtal. Auf den Kuppen und Höhen ist Lettenkeuper aufgelagert. Die tiefgründigen Böden der Bachaue sind durch feuchte Wiesen gekennzeichnet. Quell­ austritte unterstützen zusätzlich die feuchten Bedingungen in der Talaue und den unteren Hanglagen. Die Aue ist weiterhin geprägt durch Erlen-Eschen-Galeriewälder bzw. kleinräumige Auwaldrestbestände mit hohem Eschenanteil. Die nördlich exponierten Hanglagen zeigen einen Wechsel von Glatthaferwiesen mit Feldgehölzen und kleineren Waldstücken. Charakteristisch sind strukturreiche Säume mit verschiedenen Sträuchern und krautigen Pflanzen. Die von E. maturna besiedelten Habitate zeigen meist einen vielseitigen Waldrandaufbau mit teilweise vorgelagerten Sträuchern und abwechslungs- reichen Saumstrukturen. Ein stufiger Aufbau der Mantelbereiche ist eine wichtige Voraussetzung für eine Besiedelung durch die anspruchsvolle Art. An den Hangunterkanten bilden sich Über- gänge von Glatthaferwiesen zur Kohldistelwiese aus. An mehreren Stellen ist der Feuchtigkeits- anzeiger Schlangenknöterich ( Polygonium bis­ torta ) bestandsbildend. Der Eschen-Scheckenfalter nutzt insbesondere diese nach Norden exponierten Hanglagen, da- rüber hinaus auch die Auenbereiche. Die nach Süden ausgerichteten Hänge sind dagegen durch Falter und Präimaginalstadien nur schwach frequentiert. Die südexponierten Hanglagen sind gekennzeichnet durch Salbei-Glatthaferwiesen, die teilweise in Kalkmagerrasen übergehen. Durchzogen sind die Südlagen mit Gebüsch im Wechsel mit lockeren Laubmischwaldstrukturen, ebenfalls mit hohem Eschenanteil. Das Habitat wird kleinparzelliert und weitest- gehend extensiv bewirtschaftet. Die Südhänge dienen hauptsächlich als Weide für Ziegen und Schafe. Die Wiesen der Aue werden entweder als Mähwiese, -weide oder reine Weide genutzt. Ein Teil der bachbegleitenden Wiesen ist zwei- schürig und wird in manchen Jahren mit Gülle gedüngt. In anderen Bereichen werden die Wie- sen intensiver genutzt, und es fallen meist mehr als zwei Schnitte im Jahr an. Einige Tallagen, aber auch steilere Hanglagen, werden von Rin- dern beweidet. Mit integriert in die Weiden sind

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