Carolinea 77

A rnscheid : Die Psychidae-Sammlung des Karlsruher Naturkundemuseums 7 (weil schwierig zu sammeln und zu bestimmen) und daher vernachlässigten Schmetterlings- gruppe war. So hat er nicht nur den Autor zum „Psychidenfan“ gemacht, sondern viele andere Lepidopterologen, zumindest periphär mit die- ser Gruppe angefreundet und damit dem wis- senschaftlichen Fortschritt ihrer Erforschung einen großen Dienst erwiesen. Allerdings stand der Erwerb seiner großen Sammlung durch das Karlsruher Museum durchaus lange Zeit auf wackligen Füßen. S ieder stand lange Zeit in en- ger Verbindung zu F ranz D aniel , dem bekannten Spezialisten für spinnerartige Nachtfalter an der Zoologischen Staatssammlung in München. Über ihn gelangten auch S ieders Forschungser- gebnisse in das monumentale fünfbändige Werk „Die Schmetterlinge Mitteleuropas“ von W al ­ ter F orster (damals Direktor der zoologischen Staatssammlung) und Prof. T heodor W ohlfahrt , seinem kongenialen Aquarellisten. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass der Psychidae- Teil des 3. Bandes dieses Werks in weiten Teilen von L eo S ieder stammt. Umso mehr erschütterte der Erwerb der Samm- lung S ieder durch das Museum in Karlsruhe die Verbindung zwischen D aniel und S ieder . In der Korrespondenz der beiden, die erhalten geblie- ben ist und sich via Archiv A rnscheid inzwischen auch im SMNK befindet, geht D aniel hart mit den handelnden Parteien ins Gericht, denn er war selbstredend davon ausgegangen, dass S ieder seine Sammlung nur nach München verkauft. Al- lerdings war H. G. A msel , der damalige Kustos und Leiter der Entomologie im Karlsruher Mu- seum, schneller und machte dem wirtschaftlich nicht auf Rosen gebetteten S ieder ein Angebot, das dieser trotz seiner persönlichen Affinität zu D aniel und der Zoologischen Staatssammlung in München offensichtlich nicht ablehnen konnte. D aniel argumentierte insbesondere damit, dass S ieders Sammlung nach der Abgabe an Karlsru- he für den Rest ihrer Existenz unbearbeitet und vergessen sein würde, da sich niemand für sie zuständig erachten würde. Das ist aber keineswegs der Fall. Neben der Sammlung S ieder konnte eine weitere große Psychidae-Sammlung in die Hauptsammlung des SMNK integriert werden. 1984 erhielt das Museum von der Witwe des im gleichen Jahr verstorbenen A ndreas B iebinger dessen Spezialsammlung Psychidae. Sie enthielt 1.210 trockenpräparierte Männchen, 632 Weibchen (in Alkohol) und 1.424 Säcke in weit über 100 Arten, darunter auch eini- ge Typus-Exemplare. Wenngleich sich die Anga- be E berts (2004), es handele sich nach Umfang und Arten neben der Sammlung S ieder um die größte europäische Sammlung dieser speziellen Lepidopteren-Familie, so explizit nicht belegen lässt (die Sammlungen H erbert M eiers , jetzt im MuseumWitt, München, sowie die private Samm- lung P eter H ättschwilers , Uster (Schweiz), waren und sind um ein Vielfaches größer und wissen- schaftlich bedeutender), ist B iebingers Psychiden- Sammlung dennoch ein bedeutender Bestandteil der Karlsruher Hauptsammlung geworden. Neben den europäischen Psychiden hat B iebinger auch auf Reisen nach Australien und Nordamerika Psy- chiden gesammelt. Sie befinden sich ebenfalls in seiner Sammlung und bilden die Grundlage für den noch nicht wissenschaftlich bearbeiteten au- ßerpaläarktischen Teil der Karlsruher Sammlung. Neben den beiden genannten umfangreichen Spezialsammlungen sind eine große Anzahl Psychiden aus den über 300 anderen Schmet- terlingssammlungen des SMNK in die Haupt- sammlung integriert worden. Neben dem vor allem historisch wertvollen Material aus den Beständen des badischen Naturforschers C arl R eutti ist hier besonders auch die Sammlung des Karlsruher Architekten M artin D aub zu nen- nen. Dieses, in seiner makellosen Präparation und Erhaltung einzigartige historische Material wurde von D aub durch Ankauf von Händlern (ins- besondere der Firma Staudinger & Bang-Haas, Dresden) erworben, wobei der Preis anschei- nend keine Rolle spielte. So sind einige seiner Exemplare bis heute Unikate in der Karlsruher Psychiden-Sammlung. Leider entfernte D aub alle größeren Fundortetiketten von den Nadeln sei- ner präparierten Falter, wohl aus ästhetischen Gründen. Er versah dafür seine Sammlungs- kästen zu den jeweiligen Arten mit vereinheit­ lichten handgeschriebenen Bodenetiketten, die den jeweiligen Namen sowie den Fundort in all- gemeiner Form (z.B. „Spanien“ oder „Sudeten“) wiedergeben sollen. Es hat sich aber leider auch herausgestellt, dass dies zu Teilen auch Phan- tasieorte sind, die D aub der damaligen Literatur entnommen haben muss. Einige Arten kommen jedenfalls nach heutigem Wissensstand an den genannten Orten gar nicht vor, andere falsch determinierte Exemplare tragen Fundortanga- ben der mit ihnen verwechselten Arten. Insoweit sind diese Angaben im Zweifelsfall mit Vorsicht zu behandeln. Diese Bodenetiketten sind in der Hauptsammlung zur Sicherheit im Original über- nommen worden und wurden zusätzlich im Zwei- felsfall mit entsprechenden Hinweisen versehen.

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