Carolinea 77

88 Carolinea 77 (2019) schnell nachtreiben und in Ermangelung bes- ser geeigneter Eschen gewählt werden müssen (Abb. 30). Die sehr hochlagigen Gespinste auf den Alteschen sind stets an solchen Bäumen zu finden, welche bachbegleitend in der Aue ste- hen, was durch die flankierenden Hanglagen und die Nähe zum Bach offensichtlich auch in größe- ren Höhen noch geeignete Bedingungen schafft. An besetzten Alteschen an den Hangoberlagen sind die Gespinste in deutlich tieferen Lagen des Baumes positioniert. In den letzten Jahren fanden sich die höchstge- legenen Gespinste nur noch in Höhen um die 12 m. Möglicherweise ist dies eine Folge der zunehmenden Erwärmung und des fortschrei- tenden Eschentriebsterbens (Auslichtungen der Eschen in den oberen Lagen durch abgestor- bene Triebe), so dass die Bedingungen dort nicht mehr geeignet sind. Bevorzugt werden an Alteschen exponierte Zweige (verbunden mit einer leichten Tendenz zu den tiefer liegenden Ästen) belegt (Abb. 33). Eine klare Bevorzugung der unteren Äste ist aber nicht zu erkennen. Auch solitär in Wiesen/Weiden stehende Alteschen werden zur Eiablage genutzt. Die Eschen verlie- ren ihre Eignung dann, wenn günstige Astpartien von aufkommendem Gebüsch bedrängt werden. Besonders Schlehen sind diesbezüglich proble- matisch (Abb. 29). Die Nachweise von Eiablagen/Raupennestern an Alteschen gehen in den letzten Jahren zurück, was wie oben bereits erwähnt, wahrscheinlich auf die Folgen des Eschentriebsterbens zurück- zuführen ist. Grundsätzlich werden geschädigte Eschen weiterhin belegt. Potentiell geeignete Äste fallen aber zunehmend aus. Stark geschä- digte Bäume, deren Blattwerk vor allem aus bü- schelartig angeordneten Ersatztrieben besteht, eignen sich nicht mehr zur Eiablage. Dagegen werden einzelne, aus dem Stamm wachsende Ersatztriebe gerne angenommen. Bei Jungeschen sind es besonders dem Wald- mantel etwas vorgelagerte Pflanzen, die häufiger belegt werden. Auch hier werden isoliert stehen- de Individuen (innerhalb einer Weide, in Gräben entlang von Wegen) genutzt. Freistehende, ga- lerieartig angeordnete Eschengruppen werden speziell dann oft belegt, wenn diese eine West- Ost-Ausrichtung aufweisen. An Stockausschlä- gen mit sehr dichtem und mastigem Blattwerk sind in der Regel keine Ablagen zu finden. Der Eiablage geht eine ausgiebige Prüfung der potentiellen Ablageorte durch die Weibchen voraus (vgl. F ischer et al. 2017). Dabei werden bei einer ausgewählten Esche geeignet erschei- nende Blätter wiederholt angeflogen. Die Fal- ter laufen auf diesen umher und fliegen immer wieder auf, um sich auf den Blättern unmittelbar angrenzender Sträucher oder Bäume kurz aus- zuruhen, um dann erneut die Prozedur an der Esche zu wiederholen. Dabei versuchen die Fal- ter nun durch Rückwärtsbewegung auf die Blatt- unterseite zu kommen (Abb. 26-27). Auf der ausgewählten Blattfieder kriechen dann die Falter wechselweise zwischen Ober- und Un- terseite hin und her. Die ganze Prozedur kann durchaus zwanzig Minuten dauern. Gelegentlich wird der Vorgang auch komplett abgebrochen und später wieder an gleicher Stelle fortgesetzt, so dass durchaus eine Stunde bis zum Beginn der Eiablage vergehen kann (vgl. F ischer et al. 2017). Besonders bei älteren Weibchen, die schon Teile ihres Eivorrates abgelegt haben, geht dieser Auswahlvorgang häufig schneller. Die Ablage findet gewöhnlich auf der Unterseite Abbildung 29. Eine dem Waldmantel vorgelagerte Esche zeigt eine typische Eiablagestelle von Euphy­ dryas maturna . Aufkommendes Schlehengebüsch muss immer wieder zurückgeschnitten werden, damit solche Eschen durch diese nicht bedrängt werden und ihre Eignung als Ablageort verlieren; 10.6.2018.

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