Carolinea 78
22 Carolinea 78 (2020) einige weit verbreitete Arten wie z.B. Cocconeis placentula und Achnanthidium minutissimum . 4 Diskussion Die derzeitige Zusammensetzung und Ausdeh- nung des benthischen Algenaufwuchses auf den Molassefelsen im Überlinger See ist deutlich ver- schieden von den Verhältnissen vor 100 Jahren. Die „dem Gelb bis Braun der Unterlage vielfach aufliegenden grünen, goldbraunen, violetten und rötlichen Flecken“ ( L auterborn 1922) sind fast vollständig verschwunden, die dünnen gelb- braunen bis schwarzen Beläge auf den wenigen, von der Zebra-Muschel frei gelassenen Flächen waren fast durchwegs mineralischen Ursprungs. Von einer „Massenvegetation bestimmter Algen“ ( L auterborn 1922) in verschiedenen Tiefenstufen kann heute keine Rede mehr sein. Es ist unübersehbar, dass die weiträumige Be- siedlung der Molassewände durch Dreissena po- lymorpha der entscheidende Faktor für den Rück- gang bzw. das Verschwinden des benthischen Algenaufwuchses war. Die aus dem Ponto-kas- pischen Raum stammende Muschel gelangte Mitte der 1960er Jahren in den Bodensee und hat sich dort rasch ausgebreitet. Seit einem Besied- lungshöchststand in den frühen 1970er Jahren werden die Dreissena -Bestände zwar alljährlich durch Wasservögel stark dezimiert, aber unter- halb der Tauchtiefe der Wasservögel von ca. 8 m konnten mehrschichtige Dreissena -Bänke mit einem mehrjährigen Altersaufbau entstehen, während in flacheren Bereichen nur ein bis zwei Altersklassen zu finden sind (ANEBO 2018). Zu diesem zeitlichen Besiedlungsverlauf passen die letzten Nachweise von Bodanella lauterbor- nii Anfang der 1970er Jahre im Überlinger See durch D. M üller vom Seenforschungsinstitut in Langenargen amTeufelstisch bei Wallhausen. Zu diesem Zeitpunkt gab es dort bereits die ersten Dreissena -Kolonien (Teiber-Sießegger, LUBW- ISF, schriftl. Mitt.). Aufgrund dieser Sachlage wurde Bodanella lauterbornii in der Roten Liste der Rot- und Braunalgen Baden-Württembergs als „verschollen“ eingestuft ( S chütz 2019). Auch einige weitere, von L auterborn und Z im - mermann erwähnte Arten konnten während der Tauchgänge nicht mehr gefunden werden oder sind doch stark zurückgegangen. Hier ist beson- ders die nur noch in winzigen Krusten vorhan- dene Hildenbrandia rivularis zu nennen, vor 100 Jahren ein steter Begleiter von Bodanella . Die- Abbildung 4. Typische Diatomeen-Taxa in geringeren Wassertiefen im Überlinger See (< 15 m) II. a – Kleine Am- phora -Arten, b – Amphora inariensis Gruppe, c – Caloneis lancettula , d – Denticula tenuis , e – Fragilaria capucina , f – Fragilaria microvaucheriae , g – Pseudostaurosira brevistriata , h – Pseudostaurosira parasitica , i – Pseudo- staurosira robusta , j – Staurosirella pinnata , k - Encyonopsis subminuta , l – Encyonopsis minuta , m – Platessa conspicua , n – Platessa ziegleri.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1Mjc=