Carolinea 78
24 Carolinea 78 (2020) Die erst kürzlich erfolgte Entdeckung dieser optisch auffälligen und invasiven Art in Italiens größtem See ist auch ein eindrucksvolles Bei- spiel dafür, wie wenig über Vorkommen und Verbreitung benthischer Algen in vielen Seen be- kannt ist ( M areš et al. 2014). Weiterer Untersuchungen bedarf die von uns etwas vernachlässigte obere Zone, von L au - terborn als Rhizoclonium - Schizothrix -Zone be- zeichnet. Fäden der Blaualge Schizothrix waren in den Proben nicht vorhanden, sind im Litoral des Bodensees aber nach wie vor anzutreffen. Schizothrix spp. sind häufige und oft dominante Besiedler seichter Gewässerzonen auch in an- deren perialpinen Seen. Dies ist z. B. der Fall im karbonatischen oligotrophen Bergsee Tovel, des- sen Algenflora und deren Tiefenverteilung von C antonati et al. (2014) untersucht wurden. Schi- zothrix lacustris war hier das häufigste Taxon. Gleiches gilt für die von Z immermann als charak- teristisch für die obere Wasserschicht bezeich- nete Spirogyra adnata -Assoziation. Hier ist zu beachten, dass es sich bei der von Z immermann als S. adnata Kütz. bezeichneten Alge um ein un- genügend beschriebenes Taxon handelt, dessen Diagnose weitgehend mit der von S. fluviatilis Hilse 1863 übereinstimmt ( J ohn et al. 2002). Ob es sich bei den von uns an den Molassewänden vorgefundenen Spirogyren tatsächlich um die- selbe Art handelt, bleibt ungewiss. Schraubenal- gen sind nur fruktifizierend zu bestimmen, was in der Natur äußerst selten vorkommt. Es ist aber anzunehmen, dass die bereits von S chröter & K irchner (1896) erwähnte Form auch heute noch zu den häufigen Algen der Uferzone des Boden- sees zählt. Welche Rolle die seit Mitte der 1950er Jahre ge- stiegene Phosphorkonzentration und mit ihr die stark angewachsene Phytoplankton-Produktion beim Rückgang der benthischen Algenflora ge- spielt hat, ist nur zu vermuten ( J ochimsen et al. 2014). Wahrscheinlich hat die Eutrophierung des Bodensees über eine Verringerung des Licht- einfalls in größere Tiefen erheblich zu einem Verschwinden der dort lebenden krustigen Al- genbeläge beigetragen. Die in den 1980er Jah- ren einsetzende Re-Oligotrophierung mit wieder zunehmenden Sichttiefen blieb aufgrund der zwischenzeitlichen Ausbreitung von Dreissena ohne Folgen auf die Benthos-Algen, kann aber die bis in 30 m Tiefe reichenden Funde mehre- rer Characeen auf den Felsvorsprüngen erklä- ren. Als ausgestorben kann dagegen das eu- trophierungsempfindliche, seit mindestens den Abbildung 6. Typische Diatomeen-Taxa in geringeren Wassertiefen im Überlinger See (< 15 m) IV. a – Navicula reinhardtii , b – Navicula trophicatrix , c – Navicula tripunctata , d – Navicula menisculus.
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