Carolinea 78

S chütz et al.: Algenbestände des Überlinger Sees – früher und heute 25 1960er Jahren aus dem Bodensee verschwun- dene Moos Fissidens grandifrons gelten ( A hrens 2000). Gesondert zu betrachten sind die in erstaunlicher Artenvielfalt gefundenen Diatomeen. Obwohl nie häufig, waren sie in fast allen Proben vertreten. Für eine Reihe von Taxa ist die Herkunft aus dem Plankton anzunehmen, einige andere Taxa scheinen dagegen originäre Benthos-Besiedler zu sein. Untersuchungen in anderen kalkreichen Seen zeigen jedoch, dass der Anteil planktischer Diatomeen im Benthos gering ist ( C antonati et al. 2009). Ob die Diatomeen zur Zeit und am Ort der Probenahme gelebt haben oder die Schalen dorthin verfrachtet und am Fundort abgelagert wurden, ist ein Problem vieler Diatomeenunter- suchungen und lässt sich oft nicht mit Sicher- heit nachweisen, auch weil für die Identifikation der Diatomeen nur die Silikatschalen verwendet werden, nach Entfernung jeglichen organischen Inhalts. Im Umkehrschluss ist eine Identifikation v.a. kleiner und/oder feiner Arten an lebendem Material nicht mit Sicherheit möglich. Das auffälligste Merkmal der Diatomeenbesied- lung war der extreme Unterschied in der Arten- zusammensetzung in den Herbstproben ober- halb und unterhalb 15 m Wassertiefe (Tab. 2). Die Dominanz und die offenbar weitgehende Beschränkung mehrerer kleinschaliger Taxa auf größere Tiefen war bisher vom Bodensee nicht bekannt. Präferenzen bestimmter Diatomeen für verschiedenen Tiefenstufen konnten für andere Seen festgestellt werden, z.B. für den Tovel-See in den Südost-Alpen ( C antonati et al. 2009). Mög- licherweise wird die von uns während einer aus- geprägten Stratifikation im Frühherbst vorgefun- denen Tiefenverteilung auch von der Lage des Epilimnions bzw. des Hypolimnions bestimmt. Die Tiefenverteilung benthischer Kieselalgen im Tovel-See wird nach C antonati et al. durch die Konkurrenz um Licht mit Phytoplankton beein- flusst. Probleme bei der Identifizierung dieser klein- schaligen Taxa (v.a. von Nupela sp.) lassen sich damit erklären, dass weder im Bodensee noch in anderen tiefen Binnengewässern ihre Taxonomie und auch Ökologie bisher eingehend untersucht wurde. Angesichts dieser enormen Wissenslü- cken erscheint es angebracht, der Erforschung der benthischen Besiedlung des Bodensee-Li- torals durch Algen mehr Aufmerksamkeit entge- genzubringen. Abbildung 7. Typische Diatomeen-Taxa in geringeren Wassertiefen im Überlinger See (< 15 m) V. a – Navicula cf. oligotraphenta , b – Navicula praeteriata , c – Navicula cryptofallax , d – Navicula cryptotenelloides , e – Navicula sp., f – Navicula reichardtiana , g – Sellaphora bacillum.

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