Carolinea 78

B etzin & N eugebauer : Nachweise der Braunfleckigen Beißschrecke in Nordbaden 31 An den genannten Standorten wurden überwie- gend individuenarme Populationen der Braunfle- ckigen Beißschrecke festgestellt. Nur am Stand- ortübungsplatz Müllheim/Hügelheim konnte die Art mit 500-1000 Individuen vergleichsweise zahlreich angetroffen werden ( D etzel 1998). Die Vorkommen am südlichen Oberrhein liegen übereinstimmend auf 200 bis 300 m ü. NN. Seit der Jahrtausendwende wurden vier weitere Vorkommen der Art bekannt, die durchweg in den bereits bekannten Naturräumen liegen (TK 7413 Sundheimer Fort bei Kehl, TK 7812 Schelinger Weide bei Vogtsburg, TK 8011 Weinstetter Mühle südwestlich Bremgarten, TK 8111 Ackerbrachen bei Neuenburg a. Rhein). Das Vorkommen im Sundheimer Fort geht dabei auf eine Umsied- lungsaktion zurück, die wegen eines Bauvorha- bens im Bereich des Kehler Rheinhafens durch- geführt wurde ( S teck 2013). Das Vorkommen im Rheinhafen ist mittlerweile erloschen. Alle üb- rigen Vorkommen der Braunfleckigen Beißschre- cke konnten im Rahmen der Neubearbeitung der Roten Liste Heuschrecken für Baden-Württem- berg ( D etzel , N eugebauer , N iehues , Z immermann , in Vorbereitung) im Zuge aktueller Kartierungen bestätigt werden. Das Verbreitungsgebiet der Art am Südlichen Oberrhein umfasst demnach aktu- ell sieben Fundorte. Gefährdung und Schutzstatus Die Braunfleckige Beißschrecke ist in Westeu- ropa häufig und daher in ihrem Gesamtver- breitungsgebiet nicht gefährdet. Die wenigen Vorkommen in Baden-Württemberg liegen hingegen am nordöstlichen Arealrand, sodass die Art landesweit stark gefährdet ist ( D etzel 1998). Da es sich bundesweit um die einzigen gesicherten Vorkommen handelt, gilt diese Ein- stufung auch für ganz Deutschland ( M aas et al. 2011). Baden-Württemberg besitzt damit eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Art in Deutschland. Bei der Braunfleckigen Beiß- schrecke handelt es sich um eine nach der Bun- desartenschutzverordnung (BArtSchV) streng geschützte Art. Habitatansprüche/Ökologie Die Braunfleckige Beißschrecke gilt als äußerst wärmebedürftige (thermophile), aber nur leicht xerophile Heuschreckenart ( D etzel 1998, M aas et al. 2002). Als bevorzugte Habitate werden trocken- warme, sonnige Standorte mit lückigem Gras- bewuchs (Magerrasen, trockene Ruderalfluren, Wiesenbrachen) beschrieben. Kennzeichnend für die Vorkommen am Südlichen Oberrhein sind hochwüchsige, aber nur in Bodennähe dichte und deckungsreiche Grasstrukturen im Verbund mit offenen Bodenstellen ( C oray 1993, D etzel 1998). Nach V oisin (1979, in M aas et al. 2002) benötigen die in Pflanzenstängeln abgelegten Eier und die Larvenstadien der Braunfleckigen Beißschrecke für ihre Entwicklung eine gewisse Feuchtigkeit, was zumindest am Rand des Verbreitungsge- bietes ein Grund für die Bindung der Art an ver- tikal strukturierte Habitate mit vergleichsweise dichter, bodennaher Vegetation sein dürfte. Erstnachweise der Braunfleckigen Beißschrecke in Nordbaden Die nordbadischen Fundorte bei Waghäusel befinden sich in der Großlandschaft Nördliches Oberrhein-Tiefland im Naturraum der Hardtebe- nen am Nordrand des Landkreises Karlsruhe auf ca. 105 m ü. NN. Die klimatischen Bedingungen der nordbadischen Fundorte sind mit den Gege- benheiten an den bisher bekannten Vorkommen am Südlichen Oberrhein vergleichbar. Daten der Wetterstation in Kirrlach weisen für den Zeitraum 2015-2019 eine Durchschnittstemperatur von 11,9 °C und 586 mm Niederschlag jährlich bei 164 Regentagen aus. Damit herrscht ein etwas wärmeres und niederschlagsärmeres Klima vor als an der Wetterstation am Flughafen Freiburg (Durchschnittstemperatur 11,4 °C, Jahresnieder- schlag 784 mm, 161 Regentage, www.wetter- dienst.de ). Die Zahl der Frosttage lag in Kirrlach 2019 bei 36 Tagen (keine Dauerfrosttage), in Freiburg bei 46 Tagen inklusive zweier Dauer- frosttage (www.weatheronline.de) . Die Fundflächen bei Waghäusel-Kirrlach konzen- trieren sich bis dato auf trockene Wiesenbrachen und Grasstreifen innerhalb der Ackerlandschaft östlich des Ortsgebiets von Kirrlach (Abb. 2). Mit geringer Häufigkeit kam die Braunfleckige Beiß- schrecke auch auf Flächen südlich der Ortschaft vor. Wenige Individuen der Art wurden zudem bei einer stichprobenhaften Erfassung nahe der Nachbargemeinde Waghäusel-Wiesental in etwa 4,5 km Entfernung zu den erstgenannten Nachweisen erfasst. Am südlichen Ortsrand von Wiesental wurde die Braunfleckige Beißschrecke bereits vor wenigen Jahren mit mehr als hundert Individuen nachgewiesen ( M aniyar 2017). Dabei handelt es sich nach derzeitigem Kenntnisstand um den Erstnachweis der Art in Nordbaden. Weitere Vorkommen in der Umgebung der bis- herigen Nachweisorte sind zum gegenwärtigen Stand nicht unwahrscheinlich.

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