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öfer
et al.: Spinnen der Alpe Einödsberg
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digte Flächen zu regenerieren und bestimmte
Zustände langfristig durch Pflegemaßnahmen
zu erhalten oder aber eine extensive Beweidung
zuzulassen bzw. zu propagieren. Welche Maß-
nahme für das Ziel, eine unter extensiver Nut-
zung entstandene hohe Habitat- und Artenvielfalt
zu erhalten, unter den lokalen Bedingungen am
effektivsten ist, war allerdings noch unklar. Um
zukünftig Entscheidungen auf einer verbesserten
Wissensbasis durchführen zu können, wurden
deshalb Begleituntersuchungen nicht nur zur Ent-
wicklung der Vegetation sondern auch zu ausge-
wählten artenreichen Tiergruppen durchgeführt.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die
Spinnen-Taxozönose der vorherrschenden Ve-
getationseinheit Borstgrasrasen zu erfassen und
mittels Vergleich mit der Taxozönose anderer
im Gebiet auftretender Offenlandgesell­schaften
(
Lägerfluren, Milchkrautweiden, Fettweiden,
alpine Kalkrasen) sowie Grünerlengebüschen
und Fichtenwäldern zu charakterisieren. Klein-
räumige Bestände von Quellfluren, Schneebo-
dengesellschaften, Schuttfluren und Felsspalten
wurden bewusst nicht berücksichtigt. Von beson-
derem Interesse war auch die Entwicklung der
vermutlich durch die vorausgehende intensive
Schafbeweidung veränderten Spinnenfauna im
Lauf der sechs Jahre extensiver Beweidung.
Aus den Bodenfallenfängen wurden zudem die
Laufkäfer (Carabidae) umfangreich sowie We-
berknechte (Opiliones), Afterskorpione (Pseu-
doscorpiones), Hornmilben (Oribatida), Ameisen
(
Formicidae) und Heuschrecken (Saltatoria) in
unterschiedlicher Tiefe bearbeitet.
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Material und Methoden
Das Weidegebiet der Einödsberg-Alpe liegt süd-
lich von Oberstdorf (TK 25: 8627) auf den West-
hängen zwischen dem Schmalhorn im Norden
und dem Spätengundkopf im Süden auf Höhen
von 1400 m bis knapp über 2000 m am Grat und
umfasst etwa 120 ha (Länge/Breite zwischen
47,317
°/10,275° und 47, 329°/10,289°, WGS84).
Für die Untersuchung der Bodenfauna wurden
2003
an den Westhängen und am Grat jeweils
mehrere Flächen mit möglichst gleichen Bedin-
gungen (Replikate bezüglich der Vegetations-
einheit, dem aktuellen Zustand und der aktuel-
len Beweidung) für die jährliche Bestückung mit
Bodenfallen ausgewählt. Besonders die degra-
dierten Flächen am Grat waren dabei aufgrund
ihrer besonderen geomorphologischen Situation
und veränderten Vegetation für die faunistischen
Untersuchungen von Interesse. Neben aktuell
beweideten und unbeweideten Flächen wurden
in einzelnen Jahren auch potentielle Referenzflä-
chen am Rand des aktuellen Weidebereichs un-
tersucht, die seit längerer Zeit nicht oder nur sehr
selten beweidet wurden. Allerdings sind diese
fast alle bezüglich ihrer Geologie (Kalkgestein),
Exposition (südexponiert) oder Höhenlage (al-
pin) von den anderen Flächen am Einödsberg
verschieden.
Pro Standort wurden jeweils zwei Reihen mit je
drei Bodenfallen (Abstand je 5 m zwischen den
Fallen) installiert. Als Behälter wurden Plastik-
trinkbecher mit 60 mm Öffnungsdurchmesser
verwendet, die nach Vorbohren eines Lochs mit
einer Bodensonde ebenerdig eingesetzt und mit
einem Dach gegen Regen geschützt wurden. Um
den Ausfall von Fallenfängen im Sommer durch
Tritte der Rinder zu minimieren, wurden die Be-
cher ab 2005 in Edelstahlzylinder eingelassen,
an denen über angeschweißte Schutzbügel das
Dach direkt befestigt war (Tafel 1, a). Als Fang-
flüssigkeit wurde im ersten Jahr Äthylenglykol
verwendet, aus Kostengründen später 5 %iger
Essig (durch Verdünnung von Essigessenz). Zur
Herabsetzung der Oberflächenspannung wurde
ein Detergenz (Spülmittel) zugegeben. Nach der
Leerung wurde das Material zur Sortierung an
das Naturkundemuseum Karlsruhe gebracht, in
70 %
iges Äthanol überführt und sortiert.
Insgesamt wurden im Weidegebiet der Einöds-
berg-Alpe 38 Standorte mit Boden­fallen besam-
melt, davon 16 sog. Kernstandorte jedes Jahr
(
Tabelle 1, Tafeln 2 bis 4). Die Standorte der Alpe,
die z.T. an botanischen Dauerbeobachtungsflä-
chen (DBF) liegen, wurden den Standorttypen
Grat, Hang (i.d.R. Nardetum), Grünerle, Grüner-
lensukzession, Wald, tief (unter 1570 m) und Re-
ferenz (ehemals unbeweidet) zugeordnet (Tabel-
le 1). Da im eigentlichen Untersuchungsgebiet
keine ehemals unbeweideten Grat-Standorte
mehr existieren, wurden 2007 für einen Vergleich
acht seit Jahrzehnten ungenutzte Standorte auf
nahe gelegenen Graten besammelt: je einer in
primärem Gratrasen und zur Wildheugewinnung
genutztem Rostseggenrasen am Berggächtle-
Grat zwischen Salober und Giebel (auf Allgäu-
schichten), zwei in ehemals (bis 1920) gemähten
Lahnerrasen (Aveno-Nardetum) am Söllereck
(
auf Flysch) und vier in vermutlich ehemals ge-
mähten Lahnerrasen auf dem Älpelesattel (auf
Aptychenschichten). Außerdem wurden 2008
noch zwei ehemals vermutlich schwach bzw.