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andrias, 18
(2010)
sowohl an der Vegetation als auch deren flori-
stischer Ausstattung sichtbar. Am deutlichsten
wird die Veränderung der Vegetation in der ar-
tenarmen Lägerflur am Grat. Die geologisch gut
vergleichbare Fläche am Berggächtele zwischen
Salober und Giebel ist von einem primären Nackt­
riedrasen besiedelt und stellt einen der wert-
vollsten Hochlagen-Gratrasen der Bayerischen
Alpen dar. Mit Einköpfigem Berufkraut (Erigeron
uniflorus), Kleiner Mutterwurz (Ligusticum mutel-
linoides), Fächer-Frauenmantel (Alchemilla fla-
bellata), Gewöhnlicher Alpenscharte (Saussurea
alpina), Karpaten-Katzenpfötchen (Antennaria
carpartica), Grauzottigem Habichtskraut (Hiera-
cium piliferum ssp. piliferum), Kärntner Felsen-
blümchen (Draba siliquosa), Später Faltenlilie
(
Lloydia serotina), Wolligem Alpen-Hornkraut
Cerastium alpinum ssp. lanatum und Buntha-
fer (Helictotrichon versicolor) ist dieser Bestand
kennartenreich und weist zahlreiche floristische
Besonderheiten auf. Solche Nacktriedrasen er-
reichen das Niveau zentralalpiner Bestände, wie
sie in den Bayerischen Alpen andernorts nicht
zu finden sind. Faltenlilie (Lloydia serotina) und
Alpenscharte (Saussurea alpina) konnten noch
knapp außerhalb des Weidegebiets am Wilden-
gundkopf nachgewiesen werden und das Ein-
köpfige Berufkraut (Erigeron uniflorus) und die
Kleine Mutterwurz (Ligusticum mutellinoides) be-
schränken sich auf Bereiche am Rand des Un-
tersuchungsgebiets, die offensichtlich nicht von
Schafen beweidet wurden.
Die Petersbart-Borstgrasrasen auf der Alpe un-
terscheiden sich von anderen nicht mit Schafen
beweideten Borstgrasrasen durch eine große
Anzahl an Arten der Fettweiden. So fanden sich
neben der Rasenschmiele, die eine charakteristi-
sche Zeigerart für Schafbeweidung ist, zahlreiche
weitere Weidezeiger der Kammgras- bzw. Milch-
krautweiden. Lediglich die am Südwestrand des
Gebiets vorkommenden Bunthafer-Borstgrasra-
sen (Aveno-Nardeten) sind in ihrer Artausstat-
tung vergleichbar mit unbeweideten Beständen
(
z.B. am Söllerkopf), da sie wohl nur sporadisch
und sehr extensiv von Schafen frequentiert wur-
den. Diese Flächen wurden bis Anfang des 20.
Jahrhunderts gemäht.
3.2
Wie hat sich die Vegetation nach Auf-
gabe der Schafbeweidung verändert?
Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig von
der beprobten Vegetationseinheit und der damit
verbundenen ehemaligen Nutzungsintensität
durch die Schafe. Vergleicht man allerdings die
gemittelten Artenzahlen der DBF pro Aufnahme-
jahr, so lässt sich insgesamt eine leichte Zunah-
me der Arten feststellen. Dies ist offensichtlich
auf die Nutzungsumstellung im Allgemeinen zu-
rückzuführen. Betrachtet man die verschiedenen
Nutzungstypen Beweidung, Mahd und Brache,
so ist der größte Artenzuwachs auf den gemäh-
ten Flächen zu verzeichnen, gefolgt von bewei-
deten Flächen. Auf den Brachen ging die Zahl
der Arten leicht zurück (Abb. 2).
Wetterbedingt kam es in einigen Jahren zu ei-
ner ungewollt langen Beweidung im untersten
Bereich des Weidegebiets, 2004 direkt unter-
halb der Hütten der Hinteren Alpe. Am Ende der
Weideperiode und noch zu Beginn der Vegeta-
tionsperiode im folgenden Jahr erschien hier
die Vegetationsdecke nachhaltig geschädigt. In
den Folgejahren erholte sich die Vegetation aber
­
völlig.
In den einzelnen Vegetationseinheiten sind fol-
gende Entwicklungen erkennbar: In den am
stärksten durch die Schafnutzung degradierten
Gratbereichen mit ihrer äußerst artenarmen
Deschampsia cespitosa-Poa supina-Lägerflur
ging die Rasenschmiele in der gemähten Fläche
deutlich zurück. In den extensiv mit Jungvieh be-
weideten Probeflächen fiel der Rückgang deut-
lich geringer aus und verlief zeitlich verzögert
(
Abb. 3). In den Brachflächen lagen die Verände-
rungen innerhalb der saisonalen Schwankungen.
Mit dem Rückgang der Dominanz dieser Grasart
war die Zunahme anderer Arten festzustellen,
die aus den umliegenden extensiven Weide- und
Borstgrasrasen v.a. in die gemähten Bestände
eindrangen. Der anfänglich bultige Wuchs der
Rasenschmiele ging bei gleichzeitiger Abnahme
des z.T. 30 bis 40 cm hohen Grasfilzes in eine
rasige Wuchsform über.
Auch bei den Borstgrasrasen (Geo montani-Nar-
deten) zeigte sich eine deutliche Artenzunahme
unter Mahdnutzung. Extensive Beweidung führte
dagegen zu keiner deutlichen Veränderung. Nut-
zungsauflassung bedingte einen leichten Verlust
an Beweidungszeigern. An einer kurzzeitig ent-
standenen Standweide zeigte sich, dass an den
offenen Bodenstellen konkurrenzschwächere Ar-
ten aufkommen können, die sich aber nur dann
etablieren, wenn anschließend die Beweidung ex-
tensiv weitergeführt wird. In Bunthafer-Borstgras-
rasen (Aveno-Nardeten) wurden gemähte und
nicht beweidete Flächen verglichen. Hier gingen
die Zwergsträucher (Ericaceae) unter Mahdnut-
zung zurück. In den brachliegenden Bunthafer-
Borstgrasrasen nahmen die Beersträucher zu.