H
öfer
et al.: Einödsberg-Projekt
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In kurzzeitig intensiv beweideten Beerstrauch-
Borstgrasrasen im Auflösungsbereich des sub-
alpinen Fichtenwalds zeigte sich ein deutlicher
Rückgang von Heidel- und Rauschbeere sowie
von Heidekraut.
Die Milchkrautweiden unterlagen aufgrund ihrer
Lage an mehr oder weniger ebenen Standorten
meist einer intensiveren Nutzung. Hier zeigte
sich eine für Rinderbeweidung typische Arten-
verschiebung in Richtung Stickstoffzehrer wie
Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius),
Stumpfzähniger Frauenmantel (Alchemilla sub-
crenata), Herbst-Löwenzahn (Leontodon au-
tumnalis), Weißer Germer (Veratrum album) und
anderen Insgesamt stiegen auch hier die Arten-
zahlen leicht an.
Im Bereich der Straußgrasflächen (ehemalige
Schafläger) war ebenfalls eine Artenzunahme
sowohl auf der Weide- als auch der Mahdfläche
nachzuweisen. An beiden Standorten nahm die
Dominanz von Agrostis capillaris ab und schuf
Platz für andere Arten. Vor allem in der gemäh-
ten Fläche schienen sich Borstgrasrasen-Arten
zu stabilisieren.
Eine etwas andere Problematik beleuchten die
Grünerlensukzessionsflächen. Wie zu erwarten
war, konnte sich die Grünerle in ungenutzten
Bereichen stark ausbreiten, entsprechend ver-
ringerte sich hier die Artenzahl. Diese Krumm-
holzgesellschaft zeigte eine starke Regenera-
tionsfähigkeit, wohl aufgrund der produktiven
Böden. So war eine Dauerbeobachtungsfläche
2006
durch einen kleinen Hangrutsch vollkom-
men vegetationsfrei, aber 2008 wieder fast voll-
ständig mit charakteristischen Arten bewachsen.
Die intensiv beweidete Vergleichsfläche zeigte
dagegen einen leichten Artenrückgang durch
Trittschäden in der Vegetationsdecke. Borstgras-
rasen-Arten, wie das Borstgras (Nardus stricta)
selbst und Gold-Fingerkraut (Potentilla aurea)
gingen hier zurück. Die Deckung der Grünerle
pendelte sich auf niedrigem Niveau ein. Typische
Arten der Milchkrautweiden, wie Rauhaariger
Löwenzahn (Leontodon hispidus) und Alpen-
Rispengras (Poa alpina) nahmen dagegen er-
wartungsgemäß zu.
Die DBF in den Blaiken zeigten, dass diese im
Gebiet einem dynamischen Prozess unterliegen,
der von einem Gleichgewicht zwischen Vernar-
bung und Erosion geprägt ist.
Veränderungen nach der Nutzungsumstellung
waren allgemein dort am deutlichsten, wo die
Vegetation am stärksten durch Schafbeweidung
vorgeschädigt war, also in den Gratlagen. Die
Auswirkungen der einzelnen Nutzungsvarianten
auf die Vegetation lassen sich folgendermaßen
formulieren. Veränderungen sind bei extensiver
Rinderbeweidung und Mahd festzustellen. Die
Deckung typischer Schafläger-Arten wie Ra-
senschmiele (Deschampsia cespitosa) und
Läger-Rispengras (Poa supina) verringerte
sich zugunsten standorttypischer, konkurrenz-
schwächerer Arten. Am effektivsten wurde die
Rasenschmiele durch die einschürige Mahd zu-
rückgedrängt. Die Deckung ging innerhalb von
vier Jahren kontinuierlich von 100 % auf 10 %
zurück. Die Mahd bewirkte darüber hinaus in
allen Vegetationseinheiten eine Zunahme an
standorttypischen Arten.
Die extensive Rinderbeweidung reduzierte die
Deckung auf ungefähr 45 %, wobei der Rück-
gang erst im 3. Jahr messbar wurde. In dem re-
lativ kurzen Nutzungszeitraum (6 Jahre) führte
die extensive Beweidung noch nicht zu einer
nachweisbaren Veränderung in den Flächen,
die durch die Schafbeweidung weniger stark
verändert waren. Betrachtet man den gesamten
Westhang, fällt jedoch auf, dass die Deckung der
Obergräser (Luzula sieberi, Deschampsia cespi-
tosa, Agrostis tenuis, Deschampsia flexuosa und
Festuca rubra) reduziert und die Vegetation ins-
gesamt lichter wurde und der Anteil der krautigen
Arten angestiegen ist. Im Gegensatz zur Mahd
greift eine extensive Rinderbeweidung wohl erst
nach einigen Vegetationsperioden. Erst wenn die
Vegetationsstruktur durch Tritt nachhaltig auf-
gelockert wird, können in den Folgejahren kon-
kurrenzschwache Arten diese Rohbodenstellen
besiedeln. Inwieweit sich daraus pflanzensozio-
logische Veränderungen ergeben, muss sich erst
noch zeigen.
3.3
Inwieweit lassen sich die vegetations-
kundlichen Erkenntnisse auf andere
Gebiete mit vergleichbarer Problematik
übertragen?
Obwohl die Ausgangslage am Einödsberg vor
Projektbeginn für die Bayerischen Alpen singu-
lären Charakter hatte, ist eine Übertragung der
gewonnenen Ergebnisse auf Gebiete mit ähn-
licher Vorgeschichte denkbar. In erster Linie gilt
dies für Gebiete mit vergleichbaren edaphischen
Voraussetzungen, wie sie in den Bayerischen
Alpen zusammenhängend ausschließlich in
den Allgäuer Mergelbergen vorherrschen. Auf
der südwestlich vom Untersuchungsgebiet ge-
legenen Linkers­alpe konnten die ersten Ergeb-
nisse vom Einödsberg bereits vor zwei Jahren