20
andrias, 18
(2010)
angewendet werden. Hier wurden Lägerfluren,
die auch hier auf die frühere Überweidung durch
Schafe zurückzuführen sind, auf einer Verebnung
großflächig gemäht, um so die Rasenschmiele
zurückzudrängen und wieder artenreichere und
ertragreichere Weideflächen zu gewinnen.
Am Fürschießer wurden die zu Beginn des 20.
Jahrhunderts noch gemähten und artenreichen
Lahnerrasen in späteren Jahren mit Schafen
überweidet. Hier sind die Rasenschmielen-Lä-
gerfluren in ihrer artenarmen und mit Stickstoff
angereicherten Form nach der Nutzungseinstel-
lung vor ca. 30 Jahren nahezu unverändert erhal-
ten. Dies entspricht dem Ergebnis aus dem noch
relativ kurzen Zeitraum am Einödsberg, dass auf
Brachflächen kein Artenzuwachs festzustellen
ist. Auch Anpflanzversuche an erosionsaktiven
Flächen (Blaiken) am Fürschießer blieben ohne
nachhaltigen Erfolg. Als ein- oder zweimalige
Primärnutzung könnte dort eine Mahd die Rasen
für nachfolgende extensive Jungviehbeweidung
aufbereiten. Generell kommt dabei der anschlie-
ßenden Weideführung und Behirtung (z.B. ge-
zieltes Verschieben von Beweidungsparzellen
durch Aushagen) eine entscheidende Funktion
zu, auch dies ist ein wesentliches Ergebnis der
Untersuchungen auf der Einödsberg-Alpe.
Außerhalb der Allgäuer Hochalpen sind weich
verwitternde Gesteine in den Bayerischen Alpen
nicht mehr so flächig und gebirgsbildend. Aber
auch dort dürften sich auf kleinen Flächen vor-
kommende verbrachte Lahnerrasen oder ver-
graste Almweiden durch initiale Mahd und nach-
folgende Beweidung oder zwei- bis dreischürige
Mahd über mehrere Jahre rasch in ihrer Arten-
ausstattung qualitativ verbessern und (wieder)
erweitern lassen.
3.4
Wie hoch ist die Artenvielfalt der Arthro­
podenfauna im Untersuchungsgebiet?
Die Artenvielfalt im Weidegebiet sowie der Anteil
gefährdeter und wenig bekannter Arten im ba-
yerischen Alpenraum, Bayern und Deutschland
kann für alle untersuchten Arthropoden-Taxa als
hoch angesehen werden.
Es wurden insgesamt 158 Spinnen-, 8 Weber-
knecht- und 4 Pseudoskorpionsarten im Gebiet
der Einödsberg-Alpe nachgewiesen. Davon sind
32
Spinnen-, zwei Weberknecht- und eine Pseu-
doskorpionsart in den Roten Listen Bayerns
aufgeführt. Bemerkenswert sind Nachweise der
als verschollen geltenden Wolfspinnenart Par-
dosa giebeli und der vom Aussterben bedrohten
Plattbauchspinne Gnaphosa nigerrima sowie von
fünf im Gebiet häufigen und sechs seltenen ge-
fährdeten Spinnenarten. Darüber hinaus sind für
viele selten gefundene und regional beschränkt
verbreitete Arten wichtige Funddaten erhoben
worden (H
öfer
et al. 2010). Mit der Pseudoskor-
pionsart Chthonius (Ephippiochthonius) poeni-
nus gelang ein bemerkenswerter Neunachweis
für Deutschland (M
uster
et al. 2008).
Auch die Laufkäferfauna der Alpe weist 62 Arten
und ein breites Spektrum naturschutzrelevanter
Arten auf. Neben den nach Bundesartenschutz-
verordnung besonders geschützten Arten der
Gattung Carabus und Cicindela konnte ein hoher
Anteil von Arten der Bayerischen Roten Liste und
Vorwarnliste festgestellt werden. Der hohe Anteil
von Arten mit geografischer Restriktion ­(5 ­Arten)
verdeutlicht die Besonderheit der Alpe für den
bayerischen (und deutschen) Raum (H
arry
&
H
öfer
2009,
dieser Band).
In den Laufkäferzönosen dominieren Arten, die
typisch für montane und subalpine Lebensräume
sind. Am Einödsberg gibt es zu der Gebirgsfauna
allerdings auch Laufkäfer, die sehr selten in sol-
chen Höhen gefunden werden. Die Verzahnung
typischer Gebirgsarten mit Arten des Tieflandes
kann als zönotische Besonderheit des Untersu-
chungsgebietes gelten. Dabei dürfte die Geologie
des Raumes – die bereits angesprochenen Allgä-
uschichten – ein entscheidender Faktor sein. Die
intensiven Aufsammlungen im Rahmen des Pro-
jektes mit Funden von seltenen Arten wie Ama-
ra nigricornis oder Oreonebria picea haben den
Wissensstand über die Verbreitung und Ökologie
der Laufkäfer des Bayerischen Alpengebietes
deutlich verbessert. Die Ergebnisse der Laufkä-
feraufsammlungen werden separat vorgestellt
(
H
arry
&
H
öfer
2010).
An Schmetterlingen konnten 46 Tagfalterarten im
Gebiet sicher nachgewiesen werden. Davon sind
sechs Arten als gefährdet und eine Art als stark
gefährdet auf der Roten Liste für Bayern geführt.
11
Arten stehen auf der Vorwarnliste. Mit 15 Ar-
ten der Kategorie R ist auch hier der Anteil von
Arten mit geografischer Restriktion (z.B. Erebia)
besonders hoch. Die Verteilung der Arten im Ge-
biet ist heterogen, nur einige Arten wie der Berg-
weißling oder der Schillernde Mohrenfalter, der in
Deutschland auf die Allgäuer Alpen beschränkt
ist, kommen flächendeckend vor. Am Grat finden
sich aufgrund des „hilltoppings“, also eines ge-
richteten Aufwärtsflugs bei günstiger Witterung,
an manchen Tagen größere Mengen an Faltern.
Der alpin verbreitete Veilchen-Scheckenfalter ist
nur hier gelegentlich zu finden.