H
öfer
et al.: Einödsberg-Projekt
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Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag
zur wissenschaftlich fundierten Beurteilung der
Nutzungseffekte und des Landmanagements
mit durchaus unterschiedlichen Aspekten für
die Botanik und Zoologie und die einzelnen
Tiergruppen. Aus botanischer Sicht ermöglicht
die vor etwa acht Jahren erfolgte Nutzungs-
umstellung von intensiver Schafbeweidung auf
extensive Jungvieh­beweidung den Beginn der
Regeneration einer stark übernutzten und ver-
änderten Vegetation. Die Ergebnisse der bota-
nischen Untersuchung zeigen, dass durch die
gezielte Weideführung und Behirtung des Jung-
viehs allgemein auf bislang nicht völlig degra-
dierten Milchkrautweiden- und Borstgrasrasen
(
größte Flächenanteile) die Deckung der Ober-
gräser abnimmt und ein Anstieg des Kraut­anteils
in diesen Pflanzengesellschaften erfolgt ist. Da-
gegen erfolgte in den Flächen am Westhang
keine deutliche Änderung in der Vegetation, da
diese DBF durch die Schafbeweidung nur wenig
degradiert waren. Auf Brachflächen wurden im
Untersuchungszeitraum keine Verschiebungen
in Artengarnitur und Artenzahlen nachgewie-
sen. Selbst in den massiv verarmten Lägerfluren
der Gratlagen konnten durch gezielte, kurzfristig
intensive Weidephasen Verbesserungen in der
Vegetationsstruktur (Auflockern des Grasfilzes)
und damit ein Zugewinn an Arten (Neubesied-
lung in den belichteten, offenen Kleinstandor-
ten durch konkurrenzschwache Arten) erreicht
werden. In den Rasenschmielen-Beständen
wurden durch Mahd beeindruckende Erfolge er-
zielt. In wenigen Jahren ließ sich die Deckung
der Rasenschmiele durch jährliche, einschürige
Mahd mit gleichzeitiger Entfernung des Mäh-
guts auf unter 15 % reduzieren. Was bedeuten
diese Ergebnisse für zukünftige Nutzungsemp-
fehlungen?
Durch extensive Jungviehbeweidung kann eine
Regeneration an veränderten und verarmten
Alpflächen erreicht werden. Selbst auf stark an
Arten verarmten und degradierten Lägerfluren
kann durch ein gezieltes Nutzungsregime (z.B.
initiale Mahd zur Aufbereitung für nachfolgen-
de extensive Jungviehbeweidung) nutzbares
und artenreicheres Weideland zurückgewonnen
werden. Zoologisch erscheinen die vegetations-
kundlich degenerierten Bereiche, die Lägerfluren
und verfilzten Weidebereiche, weit weniger stark
degradiert, d.h. in ihrem Artenreichtum reduziert
zu sein. Diese wohl aufgrund der geomorpho-
logischen Bedingungen faunistisch besonders
interessanten Standorte sind auch nach langer
intensiver Beweidung noch artenreicher als die
Standorte am Hang. Die Zusammensetzung
und Struktur der Artengemeinschaften sind aber
ebenfalls verändert. Eine gerichtete Veränderung
(
Erholung, Regeneration) scheint bei Laufkäfern
bereits zu erfolgen, bei den Spinnen sind die Er-
gebnisse weniger klar. Keinesfalls wirkt sich aber
die extensive Beweidung negativ auf Artenviel-
falt, Leitarten und Artenzusammensetzung aus.
Eine starke Veränderung auf der Einödsberg-
Alpe wird besonders durch das Aufkommen
von Gehölzen initiiert, die zum Verschwinden
von ­Offenlandarten bei Spinnen und bei Käfern
führt. Dadurch findet eine Verschiebung der Ar-
tenzusammensetzung der Taxozönosen statt.
Etliche dieser Arten sind naturschutzfachlich
wertvoll, z.B. die Vertreter der Gattung Amara.
Langfristig werden sich ohne Beweidung und
damit verbundener Weidepflege auf einem groß-
en Teil der Weidefläche Gehölze ausbreiten. Die
Wälder und Gebüsche der hochmontanen und
subalpinen Stufe beherbergen zwar ebenfalls
eine hohe Artenvielfalt und ein Spektrum wert-
gebender Arten, durch die aktuelle Nutzung wird
aber ein Mosaik an Biotoptypen (Wälder, lichte
Grün­erlengebüsche, verfilztes Grünland mit Wei-
deüberresten bis hin zu an Offenboden reichen,
stark beweideten Teilflächen) und damit verbun-
den eine hohe Artenvielfalt der Bodenarthropo-
den erhalten. Und auch bei den Schmetterlingen
zeigt sich, dass der hohe Strukturreichtum der
Alpe die Artenvielfalt fördert. Von Arten halbof-
fener Landschaft bis zu Arten, die auf vegeta-
tionsarme, aber blütenreiche felsige Bereiche
angewiesen sind, bietet die Alpe ein weites
Spektrum an Lebensräumen unterschiedlicher
Ausstattung. Zunehmende Gehölzsukzession
würde die Vielfalt der Kleinlebensräume deutlich
einschränken und voraussichtlich eine Abnahme
der Artenvielfalt nach sich ziehen.
Demnach ist die Fortführung der Jungvieh-Älpung
am Einödsberg in der jetzigen Form sowohl aus
botanischer wie zoologischer und naturschutz-
fachlicher Sicht unbedingt zu befürworten. Sie
wird als Beitrag zum Erhalt einer artenreichen
Kulturlandschaft in den Allgäuer Alpen gesehen
und entspricht einem für das Tiefland bereits
weitgehend gültigen Leitbild.
Wichtig erscheint die Aufrechterhaltung der
planmäßigen Weideführung (Behirtung) mit der
Schonung ganz bestimmter Bereiche, besonders
des südexponierten Steilhangs südlich des auf-