G
eisen
et al.: Molekulare Lebensmittelmykologie
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Aktivierung der Gene der Mykotoxinbiosynthe-
se. Diese Aktivierung wurde von einer Erhö-
hung der Aflatoxinbildung begleitet. Dies deutet
darauf hin, dass neben optimalen Bedingungen
auch Stressbedingungen (gekennzeichnet durch
stark vermindertes Wachstum) zu einer, wenn
auch geringeren, Bildung von Aflatoxinen führt
(S
chmidt
-H
eydt
et al. 2008a). Dieses Verhalten
wurde ebenfalls bei Fusarien (Trichothecenbil-
dung), bei Penicillien (Ochratoxin A-Bildung) oder
der Fumonisinbildung durch Fusarium verticillio-
ides (J
urado
et al. 2008) beobachtet und kann
daher als genereller Regulationsmechanismus
der Mykotoxinbildung in Relation zu bestimmten
Umweltbedingungen angesehen werden. Dass
bestimmte Arten von Stress, wie z.B. oxidativer
Stress (J
ayashree
& S
ubramaniam
, 2000) oder
Stress durch suboptimale Mengen an Konser-
vierungsstoffen (S
chmidt
-H
eydt
et al. 2007), bzw.
Fungiziden (D
oohan
et al. 1999) zu einer Aktivie-
rung der Mykotoxinbildung führen, wurde schon
mehrfach beschrieben und bestätigt die hier be-
schriebenen molekularen Erkenntnisse.
Unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelsi-
cherheit hat diese neue Erkenntnis eine große
Bedeutung. Lebensmittel werden unter Bedin-
gungen gelagert, die ihre Haltbarkeit verlän-
gern, d.h. das Wachstum von Schimmelpilzen
und anderen Mikroorganismen vermindern.
Dies geschieht durch Kühlung oder Trocknung
(Verminderung des a
w
-Wertes). Gerade diese
physikalischen Prozesse sind aber sehr ener-
gieaufwendig. Daher wird versucht, genau den
Punkt zu erreichen, der zu einer Verlängerung
der Haltbarkeit führt, bei dem die Energiekosten
aber noch vertretbar sind. An dieser Grenze
ist das Schimmelpilzwachstum stark reduziert,
aber nicht unbedingt ausgeschlossen. Wie oben
schon erwähnt, führen gerade diese Stressbedin-
gungen, falls noch ein Restwachstum des Pilzes
möglich ist, zu einer Erhöhung der Mykotoxinbil-
dung. Daher sind diese neuen Erkenntnisse für
eine Optimierung der Sicherheit von zentraler
Bedeutung.
6 Regulation der Ochratoxin A- und
Citrininbiosynthese in Penicillium
Es gibt verschiedene Theorien über die ökolo-
gische Bedeutung der Bildung von Sekundär-
metaboliten, also auch Mykotoxinen. Eine dieser
Hypothesen besagt, dass die Bildung die Adap
tion und Konkurrenzfähigkeit im jeweiligen Habi-
tat erhöht. Die hier vorgestellten Ergebnisse über
die Bildung von Ochratoxin, die im MRI erarbeitet
wurden, unterstützen diese Hypothese.
Die Aufklärung der genetischen Grundlagen
und der Regulation der Ochratoxin A-Bildung
in Penicillium ist schon seit einigen Jahren ein
Schwerpunkt der Mykotoxinforschung am MRI.
So wurde schon vor einiger Zeit das Gencluster,
das für die Bildung von Ochratoxin in P. nordicum
verantwortlich ist, im MRI weitgehend aufgeklärt
(K
arolewiez
& G
eisen
2005; G
eisen
et al. 2006).
Für alle in diesem Cluster vorhandenen Gene
wurden Real Time PCR-Systeme entwickelt und
verschiedene Expressionsstudien in Abhängig-
keit von unterschiedlichen Parametern durch-
geführt. Weiterhin wurden für die Ochratoxinbi-
osynthesegene verschiedene Oligonucleotide
entwickelt und auf den MycoChip aufgebracht,
so dass auch mit diesem Ansatz umfassende
Expressionsstudien durchgeführt werden konn-
ten. Es wurden in den letzten Jahren umfang-
reiche Untersuchungen über den Einfluss ver-
schiedener Umweltparameter auf die Expression
der Ochratoxinbiosynthesegene in Penicillium
durchgeführt, so dass diese Arbeiten zu einem
generellen Bild der Regulation der Ochratoxinbil-
dung unter lebensmittelrelevanten Bedingungen
geführt haben.
Im MRI konnte weiterhin gezeigt werden, dass
der Einsatz von Real Time PCR-Systemen bzw.
eines Microarrays auch sehr gut dazu geeignet
sind, die Expression der Ochratoxinbiosynthe-
segene und damit die Bildung von Ochratoxin A
direkt im Lebensmittel zu verfolgen. Durch die-
sen Ansatz erhält man nicht nur Informationen
darüber, welche Bedingungen im Produkt direkt
zu einer Aktivierung der Mykotoxinbiosynthese-
gene führen, sondern auch über die Bildung von
Ochratoxin A. Die Bildung kann dann unter Um-
ständen sogar verhindert werden, wenn der zeit-
liche Abstand zwischen der Expression und der
Bildung von analytisch nachweisbarem Ochrato-
xin A lang genug ist und die Bedingungen (z.B.
Veränderung von Temperatur, a
w
-Wert oder pH-
Wert) bekannt sind, die zu einer Verhinderung
der Synthese führen (Abb. 6).
Es wird hier deutlich, dass mit Hilfe der Expres-
sionsanalyse die Gene schon deutlich vor der
Bildung von nachweisbaren Mengen an Ochra-
toxin in Weizen klar erkennbar aktiviert werden
(S
chmidt
-H
eydt
et al. 2008b). Wenn z.B in die-
ser Zeit der Feuchtegehalt des Weizens weiter
reduziert wird, kann die Bildung von Ochrato-
xin A vermieden werden. Dieses Beispiel de-