Seite 124 - Carolinea 68

110
carolinea, 68
(2010)
Als G
eorg
P
hilippi
zu studieren anfing, war er
mit der Flora um Freiburg hervorragend vertraut.
Seine Kommilitonen haben heute noch in Er-
innerung, dass er von allen seltenen Arten der
Freiburger Region Fundorte wusste und auch,
soweit sie mit dem Fahrrad erreichbar waren,
aus eigener Anschauung kannte.
Floristik und Soziologie der Gefäßpflanzen
G
eorg
P
hilippi
kannte die Arten. In Verlegenheit,
herum lavierend, sah man ihn nie. Die Problema-
tik der schwierigen Gruppen war ihm vertraut.
Weniger interessiert erschien er an den vielen
Kleinarten von Gattungen wie Alchemilla oder
Rubus. Die floristischen Besonderheiten, die er
zufällig unterwegs entdeckt, während der sozio-
logischen Erfassungen registriert oder planmä-
ßig aufgesucht hatte, wurden zunächst in den
Pflanzenfundberichten von O
berdorfer
(1956),
dann in deren Fortsetzung in eigener Regie fest-
gehalten (P
hilippi
1961,
P
hilippi
&
W
irth
1970).
Einzelfunde waren ihm keine gesonderten Ver-
öffentlichungen wert. Fand er eine Rarität, so be-
mühte er sich um weitere Funde und stellte sie
in den Konnex ihrer Verbreitung und Soziologie
und vermittelte so ein gründliches, stets auf ei-
gener Beobachtung basierendes Konterfei, z. B.
bei Anagallis tenella und Wahlenbergia (­P
hilippi
1963),
Calamagrostis phragmitoides (­P
hilippi
1970),
C. pseudophragmites (P
hilippi
1988),
Blysmus compressus (P
hilippi
1989).
Von seinen Exkursionen sammelten sich zahl-
reiche Funddaten an, die ihren Niederschlag
letzten Endes zusammenfassend in den Verbrei-
tungskarten des Grundlagenwerkes „Die Farn-
und Blütenpflanzen Baden-Württembergs“ fan-
den, dessen Mitherausgeber und Mitautor er war.
Die Daten hatte er über Jahrzehnte gesammelt;
die nordbadischen Funddaten verwaltete er offi-
ziell als Leiter der Regionalstelle der floristischen
Kartierung Nordbaden im Rahmen des groß
angelegten E
llenberg
schen Projektes der Kar-
tierung Deutschlands, die in den Verbreitungs-
atlas der Bundesrepublik Deutschland mündete
H
aeupler
&
S
chönfelder
1988).
Wie G
ünter
P
hilippi
sich erinnert, sah G
eorg
Pflanzen schon sehr früh nicht isoliert, sondern
als Bestandteil von charakterisierbaren und ab-
grenzbaren Pflanzengesellschaften; Vorkommen
seltener und interessanter Arten wurden bald aus
dem Blickwinkel ihrer Vergesellschaftung in sei-
nem Notizbuch festgehalten. Wegweisend waren
dafür die O
berdorfer
sche Flora und der Kontakt
mit O
berdorfer
selbst, der G
eorg
noch während
der Referendariatszeit eine Konservatorenstelle
anbot. Nach seiner Anstellung in Karlsruhe war
für G
eorg
P
hilippi
als Mitarbeiter von O
berdorfer
und G
erhard
L
ang
die pflanzensoziologische Be-
trachtungsweise der Vegetation nicht nur nahelie-
gend, sondern auch folgerichtige Dienstaufgabe.
Sicherlich hatte G
eorg
P
hilippi
weitgehende Frei-
heiten, welchen Gesellschaften er sich widmete.
Richtschnur war dabei vermutlich, welche Ver-
bände und Ordnungen nicht befriedigend belegt
und gegliedert waren und welche Gesellschaften
zu den Besonderheiten im Südwesten Deutsch-
lands zählten oder seltene oder hochgradig ge-
fährdete Arten enthielten. Ganz sicher waren
aber auch Neigungen maßgebend. Er mochte
die Quellfluren und Flachmoore, die gleicherma-
ßen beste Kenntnisse der Moose und der Blü-
tenpflanzen forderten; auch die Pfeifengraswie-
sen der Oberrheinebene hatten es ihm angetan,
eine Vorliebe, die er mit seinem Freund D
ieter
K
orneck
teilte. Beide Vegetationstypen zählen zu
den ersten von ihm synoptisch bearbeiteten Ge-
sellschaften (P
hilippi
1960, 1963).
Größtes Inte-
resse fanden die Zwergbinsengesellschaften, ka-
talysiert durch die phantastischen Funde im Zuge
des Autobahnbaus 1961 vor den Toren Freiburgs,
bei dem große feuchte Schürfflächen entstan-
den, auf denen sich große und größte Raritäten
und lange verschollene Arten einfanden. Sie
trieben den Herzschlag der Freiburger Botaniker
zu höchsten Frequenzen. Welch Glücksgefühle
kamen auf, als der seit 1924 nicht mehr gesich-
tete Pillenfarn bei Holzhausen wieder erschien,
Ludwigia, Elatine alsinastrum und E. triandra,
Eleocharis-Arten, Lindernia und vieles mehr!
Bearbeitungen fanden ferner Gesellschaften
am und im Wasser (1973, 1980) und Sandfluren
(1971, 1973).
Folgerichtig bearbeitete P
hilippi
in
der 2. Auflage der Süddeutschen Pflanzenge-
sellschaften von O
berdorfer
eben diese Vege-
tationstypen, die Klasse Montio-Cardaminetea
(
Quellflur-Gesellschaften und Waldsümpfe), die
Ordnung Scheuchzerietalia palustris (Nordische
Zwischenmoor- und Schlenken-Gesellschaften),
die Ordnung Caricetalia fuscae (Flachmoorge-
sellschaften vorwiegend kalkarmer Standorte),
die Klasse Phragmitetea (Röhrichte und Groß-
seggen-Gesellschaften), die Klasse Isoeto-Na-
nojuncetea (Zwergbinsen-Gesellschaften). Der
theoretische Hintergrund pflanzensoziologischer