Seite 130 - Carolinea 68

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(2010)
sen ging, um die Eulschirbenmühle und Kloster
Bronnbach im Taubertal oder die romanische
Oktogon-Kirche in Ottmarsheim. Das Interes-
se an alter Architektur hatte sich sehr früh ent-
wickelt. G
ünter
bekam bereits vom 13jährigen
G
eorg
die alten Gebäude und Monumente Frei-
burgs und ihre Kunstrichtungen erklärt. Auf dem
Weg der Familie in den Urlaub zum häufig be-
suchten Gardasee oder nach Südtirol wurde die
Fahrt unterbrochen oder ein Schlenker gemacht,
um Städte wie Salzburg, Innsbruck und Brixen,
Schlösser wie Nymphenburg und Schleißheim
oder Kirchen wie beispielsweise die Wieskirche
oder Kloster Ettal zu besichtigen. In Südtirol wur-
den „Kirchen ohne Ende“ angeschaut, wie die
Töchter B
arbara
und U
rsula
erzählen. „Im Os-
terurlaub fuhren wir immer nach Südtirol (Gar-
gazon), wir kennen alle Burgen zwischen Bozen
und Meran, weil die Moostouren strategisch so
gelegt wurden, dass es möglichst auch für Kin-
der etwas Interessantes gab. In der Pilzsaison
stand Esspilze-Sammeln mit meiner Mutter auf
dem Programm.“ „Die Urlaubsziele und auch die
Wochenend-Ziele waren immer Botanik-bezo-
gen, aber es wurde versucht, uns Kindern die-
se „schmackhaft“ zu machen“ (B
arbara
P
hilippi
briefl.). In den 1980er Jahren waren im Sommer
Gardasee-Urlaube die Regel – die Kinder, etwa
zwischen 11 und 18 Jahre alt, blieben mit ihrer
Mutter am See und gingen schwimmen und sur-
fen, G
eorg
zog ab zum „Moosen“ und gönnte
sich nur hin und wieder einen Tag am See. Hin-
tergrund und Initialzündung der Gardasee-Ur-
laube war eine gemeinsame Studienexkursion
von G
eorg
und S
usanne
nach Nago, schon von
Göttingen aus. Die Frau des Hoteliers (Z
anella
)
eröffnete seinerzeit ein Appartementhaus in Tor-
bole, dem Nachbarort von Nago. Dieses Domizil
wurde in den folgenden Jahren und Jahrzehnten
(
bis heute) Anlaufadresse zahlloser Botaniker
und Botanik-Studentenexkursionen, auch der
Karlsruher Uni. Nachdem die Kinder aus dem
Haus waren, erschlossen sich G
eorg
und S
use
Anfang der 1990er Jahre mit der Türkei und
Mallorca (Porto de Sóller) neue Urlaubsziele.
Auch nach dem Tod seiner Frau wurden die
Mallorca-Besuche im Familienverbund fortge-
setzt. Seit 1997 traf sich G
eorg
dort mehrfach
mit allen seinen Geschwistern und deren Ehe-
partnerinnen und -partnern, Kindern und Enkeln,
wobei die Organisation abwechselnd in andere
Hände gelegt wurde. Ein bemerkenswerter Fami-
lienzusammenhalt! In den letzten Jahren gab es
Ausflüge der fünf P
hilippi
-
Geschwister u.a. nach
Freiburg und weitere Familientreffen. Zum 70. Ge-
burtstag lud G
eorg
ins Münstertal nach Metzeral
ein, wo er eine Vogesenfahrt akribisch vorberei-
tet hatte, mit Besuch von Lautenbach und dem
Kloster Murbach, zu dem sich im Programm-Blatt
eine Kostprobe typischen G
eorg
-
Humors ent­
decken lässt: „Murbach, 1768 aufgegeben – die
Mönche zogen in ein neues (sehr komfortables)
Kloster nach Gebweiler, wo auch das Nachtleben
mehr Abwechslung versprach – Ausspruch des
damaligen Abtes: ‚Lauter Berge, zuviel Moos,
da ist doch wirklich nichts los.‘“ Große Freude
machte es G
eorg
P
hilippi
,
Großvater zu werden.
Gerne erzählte er vor allem den Nicht-Botanikern
vom Enkel J
an
in Berlin. Anlässlich dieses Babys
ließ mein Vater seine eigene Jung-Elternzeit Re-
vue passieren“, berichtet die Tochter B
arbara
.
Bei all diesen Treffen der Großfamilie war seine
Frau S
usanne
schon lange nicht mehr dabei, und
ebensowenig durfte sie die Geburt des Enkel-
kindes erleben. S
usanne
P
hilippi
hatte Biologie,
Chemie und Erdkunde in Göttingen und Freiburg
studiert und war später wissenschaftliche Mitar-
beiterin bei keinem Geringeren als F. F
irbas
ge-
wesen. Sie hatte G
eorg
im Frühjahr 1957 in Frei-
burg kennengelernt, wo die beiden zusammen
mit einer Kommilitonin auf Exkursion gegangen
waren. Sie war den Botanikern durch ihre pro-
funden Pilzkenntnisse bekannt; an den Wochen-
enden begleitete sie ihren Mann oft ins Gelände
Widmung seiner Exkursions-
flora für G. P
hilippi
,
ein Jahr vor
O
berdorfer
s Tod.