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(2010)
Südwestdeutschland ist für den Fischadler, Pan-
dion haliaetus, zur Zugzeit im Herbst sowie im
Frühjahr Durchzugs- und Rastgebiet. Bekannt
hierfür sind die Gebiete um Germersheim, Wag-
häusel, Russheim, Leopoldshafen bis Plittersdorf
und Lauterburg auf der französischen Rheinsei-
te. Als Brutvogel ist die Art hier seit 1890 ver-
schwunden. In Baden-Württemberg wurden bis
heute keine Bruten gemeldet. Seit 2000 werden
entlang des Rheins an Altarmen und den durch
Kiesförderung entstandenen Baggerseen immer
häufiger wieder Fischadler beobachtet. Mitarbei-
ter der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft
im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe
e.V. stellen die Art seit 2003 regelmäßig an ver-
schiedenen Orten im Beobachtungsgebiet zwi-
schen Waghäusel im Norden und Plittersdorf im
Süden fest. Der Zweitautor, Naturschutzwart im
Regierungsbezirk Karlsruhe, nahm sich der Sa-
che nach einer Beobachtung am 10. Juni 2006
an und konkretisierte das Vorhaben der Ansied-
lung. Er suchte nach vereinsinterner Beratung
mit Fachleuten vor Ort auch Kontakt mit D
aniel
S
chmid
aus Mössingen, um mit ihm gemeinsam
die bereits von ihm vorab anvisierten Plätze für
Nisthilfen festzulegen. Unterstützt wurde die
Maßnahme vom G
natschko
,
dem Förderverein
zur Erhaltung der Naturschutzgebiete in Graben-
Neudorf, speziell des Kohlplattenschlags. Einge-
richtet wurde die Nisthilfe am 29. Oktober 2008
auf einer exponiert stehenden Kiefer.
Mit großer Spannung wurde im darauf folgenden
Frühjahr auf die Ankunft bzw. das Verhalten der
Fischadler gewartet. Zunächst leider vergebens.
Fischadler wurden zwar zur Zugzeit immer einmal
wieder und noch seltener zur Fortpflanzungszeit
gesichtet, doch ein Verbleiben oder deutliches In-
teresse an der Nisthilfe konnte nicht festgestellt
werden. Es war daher eine außerordentliche
Überraschung, als am 7. April 2010 um 17.00 Uhr
zwei Fischadler in der näheren Umgebung des
Kunsthorstes sowie an und auf dem Horstbaum
beobachtet wurden. Die beiden Adler balzten, nä-
herten sich dem Horst, umkreisten ihn, entfernten
sich, flogen auf den Horst, setzten sich in den
Horst. Das Verhalten der Vögel konnte etwa eine
Stunde beobachtet und dokumentiert werden. Bei
späteren Nachfragen stellte sich heraus, dass
auch Spaziergänger und Vogelfreunde die Greif-
vögel erstmals ca. drei Wochen zuvor und danach
immer wieder gesehen hatten. Selbst eine Begat-
tung war beobachtet worden. Die Forstverwaltung
gab sich nach der Feststellung der Adler außeror-
dentliche Mühe, das gut frequentierte Gebiet zu
beruhigen. Zur Brut wollte das Paar jedoch nicht
schreiten. Im gleichen Jahr wurden im Untersu-
Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe e.V.
Ornithologische Arbeitsgemeinschaft
Neue Nisthilfe im Südwesten lockt Fischadler
in den Regierungsbezirk Nordbaden
Abbildung 1. Beide Fischadler balzen und interessieren
sich für die Nisthilfe. – Alle Fotos: P. H
avelka
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