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carolinea, 68
(2010)
gulosa dominierten Bestände soziologisch zu
verselbständigen sind, müssen weitere Untersu-
chungen zeigen.
Synsystematik
Da keine weiteren Arbeiten über Flechtengesell-
schaften von Wüstenbiomen aus dem südlichen
Afrika existieren, sind die Perspektiven für eine
Eingliederung der beschriebenen Assoziationen
in ein soziologisches System nach den Prinzipien
der Braun-Blanquet-Schule a priori ungünstig.
Aufgrund der engen systematischen Verwandt-
schaft (bis hin zur Identität) etlicher Flechten der
namibischen Biome mit Arten anderer Nebelwü-
sten, vor allem der Atacama-Wüste und Baja Ca-
lifornia, ist dort mit verwandten Flechtengemein-
schaften zu rechnen. Für die Atacama-Wüste
existieren, neben etlichen skizzenhaften sozio-
logischen Hinweisen, auch Beschreibungen von
Flechtenassoziationen, so auch der Gesteins-
flechtengesellschaft Buellietum albulae (F
oll
-
mann
1965).
Eine Überlappung im Artenspektrum
ist jedoch nicht vorhanden.
Laut Stetigkeitstabelle (Tab. 7) erscheinen Buel-
lia stellulata und Diploschistes actinostomus als
Charakterarten eines Verbandes, des Buellion
stellulatae all. nova, geeignet, der das Caloplace-
tum elegantissimae, Pertusarietum pseudome-
lanosporae und das Lecanoretum substylosae
umfasst. Diese Eignung wird durch zahlreiche
Geländebeobachtungen zur Vergesellschaftung
der Charakterarten der drei erwähnten Assoziati-
onen sehr gestützt. Möglicherweise ist auch Aca-
rospora luederitzensis als Verbandscharakterart
anzusehen; sie fehlt aber dem Lecanoretum sub-
stylosae. Als Typus des Verbandes wird hier das
Pertusarietum pseudomelanosporae gewählt.
Eine weitere synsystematische Anbindung ist
derzeit nicht möglich.
Diskussion
Die vorwiegend in Europa etablierte soziolo-
gische Betrachtungsweise von Biota hat den
Vorteil, integrierend und knapp über Lebens-
gemeinschaften zu orientieren. Die Diversität
eines Gebietes lässt sich mit ihr hervorragend
beschreiben. Die Methode wird in Gebieten der
Südhemisphaere selten angewandt, weil sie eine
umfassende, weitestgehend komplette Erfassung
der Arten in den Aufnahmeflächen voraussetzt;
diese Voraussetzung ist aber in den seltensten
Fällen bei Kryptogamenbiota gegeben. Selbst in
den berühmten Flechtenfeldern der Namibwüste
ist – trotz der vielfachen Erwähnung und Berück-
sichtigung selbst in touristischen Besichtigungs-
programmen – die Artenzusammensetzung
bis vor kurzem nur sehr unvollständig bekannt
gewesen. Ansätze zur phytosoziologischen Be-
trachtung von Flechten im südwestlichen Afrika
existieren zwar, erfassen aber die Flechten nur
unvollständig (L
alley
et al. 2007) oder mit Fre-
quenzverfahren (W
irth
et al. 2006). Lediglich
J
ürgens
&
N
iebel
-
L
ohmann
(1995)
berücksich-
tigten im Rahmen einer gründlichen soziolo-
gischen Untersuchung einer von Teloschistes
capensis und Ramalina-Arten geprägten Vegeta-
tion mit Flechtenfeldern auch die Flechtenarten.
Gerade diese Untersuchung zeigt jedoch, dass
bislang die Schwierigkeiten einer Beschreibung
flechtenreicher Gemeinschaften unüberwindlich
waren. Von 31 registrierten Flechtenarten im un-
tersuchten Transekt konnten nur 11 auf Artebene
spezifiziert werden. Mit den oben veröffentlich-
ten, alle Arten berücksichtigenden Aufnahmen
sind die Teloschistes-geprägten, gegebenenfalls
auch Samenpflanzen enthaltenden Biota der
Kiesflächen definiert. Das Arteninventar war be-
reits von W
irth
et al. (2006) dokumentiert wor-
den.
Auch die von W
irth
&
H
eklau
(2006)
beschrie-
bene Zonierung von Felsflechten in Abhängig-
keit vom Nebelfeuchteeintrag kann nun auf der
Basis der oben vorgelegten Tabellen prägnant,
vom Einzelfall abstrahierend, mit soziologischen
Einheiten benannt werden. Die trockensten Fels-
flächen und Blockansammlungen werden vom
Caloplacetum elegantissimae eingenommen.
Es besiedelt absolute Grenzstandorte, wie die
stellenweise sehr geringe Deckung und räumlich
benachbarte Flächen ohne jedes wahrnehmbare
Leben von Produzenten belegen. Das Calopla-
cetum elegantissimae wird mit zunehmendem
Feuchteeintrag vom Pertusarietum pseudome-
lanosporae abgelöst, dieses wiederum vom Le-
canoretum substylosae und schließlich, an sehr
feuchten und sehr häufig von nässenden Nebeln
überzogenen Habitaten, vom Lecanoro panis-eru-
cae-Roccelletum montagnei. Diese Gesellschaft
kann selbst hygrophytische Laubflechten ent-
halten, die in niederschlagsreichen ozeanischen
Lagen der warm-gemäßigten Zonen bis in nieder-
schlagsreiche Tropen hinein vorkommen.
Mit diesen vier Gesellschaften sowie mit dem auf
Gips beschränkten Lecidelletum crystallinae las-