Seite 40 - Andrias 18

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andrias, 18
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mit Elementen feuchter Hochstaudenfluren und
Rostseggenrasen (Tafel 6, a).
Schuttfluren und Felsspaltengesellschaften
(
Abb. 1: 19)
Im Gebiet wurden drei voneinander getrennte
kleinere Schuttbereiche kartiert, die nahezu
nicht vom Weidevieh aufgesucht werden. Zum
einen handelt es sich um alpine Mergelhalden
nw des Wildengundkopfes. Dort konnten sich
trotz intensiver Schafnutzung Reste von wert-
gebenden Mergelhalden mit Lentodon monta­
nus, Crepis terglouensis und Gentianella tenella
halten. Die mittlere Fläche stellt einen größe-
ren Erosionsanriss im zentralen Westhang dar,
der nur wenige Schuttspezialisten enthält (z.B.
­
Linaria alpina).
Der nördliche Schuttbereich befindet sich am
Westabfall unter dem Schmalhorn bereits über
Hauptdolomit und vertritt eine für die Höhenlage
typische Vegetation des Petasition paradoxi.
3.2.7
Krummholzgebüsche und Wälder
Grünerlengebüsch
(
Alnetum viridis; Abb. 1: 20)
Neben dem einzigen nennenswerten und flächig
ausgebildeten Grünerlengebüsch mit Cortusa
mathioli oberhalb der Vorderen Einödsberg-Alpe
wurden kleinere inselartige Bestände erfasst
und deren zukünftige Entwicklung unter ver-
schiedenen Nutzungsparametern dokumentiert.
Latschengebüsch mit Almrausch
(
Erico-Rhododendretum hirsuti; Abb. 1: 21)
Das basophile Latschengebüsch mit Rhododen­
dron hirsutum, Sorbus chamaemespilus und be-
herrschender Latsche streift das UG im Norden.
Es beginnt deckungsgleich mit der geologischen
Trennlinie Fleckenmergel/Hauptdolomit und be-
gleitet letzteren in einem zusammenhängenden
Gürtel nach Norden bis zum Himmelschrofen.
Heidelbeer-Fichtenwald
(
Vaccinio-Piceetum myrtilletosum; Abb. 1: 22)
Bodensaure Fichtenwälder stellen am Einöds-
berg Relikte der natürlichen Vegetation dar und
belegen damit die Vegetationsverhältnisse aus
früherer Zeit vor einer Alpnutzung. Die Fich-
tenwaldreste zeigen eine Krautschicht boden-
sauerer Standorte mit z.T. flächendeckender
Beerstrauchschicht. In besonnten natürlich ver-
lichteten Bereichen an der Waldgrenze kommen
Nardionarten wie Gnaphalium norvegicum oder
Melampyrum sylvaticum und Deschampsia fle­
xuosa hinzu.
Fichtenverjüngungsfläche auf Lawinenbahn
(
Abb. 1: 23)
Auf Lawinenbahnen, die sich durch Ausbleiben
jährlicher Lawinenabgänge stabilisieren können
und in unmittelbarem Kontakt zu Fichtenwäldern
stehen, haben sich Jungfichten-Sukzessionsflä-
chen entwickelt, die im Unterwuchs noch Arten
der Kalkrasen (Seslerietalia) wie Carex ferrugi­
nea, Sesleria albicans und Aster bellidiastrum
enthalten, z.T. aber bereits mit Arten bodensau-
rer Standorte (Solidago virgaurea, Vaccinium
myrtillus) und Schattzeiger wie Knautia dipsa­
cifolia und Phyteuma spicatum ssp. spicatum
durchsetzt sind.
3.3
Die Flora der Einödsberg-Alpe
Das floristisch kartierte Areal beschreibt den
Mergelzug eingerahmt von Hauptdolomit sowohl
von den Rändern als auch von tiefer gelegenen,
montanen Lagen. Im Süden reicht der Erfas-
sungsraum bis zum Wildengundkopf. Im Norden
wird die Grenze durch die geologische Trennlinie
des Hauptdolomit am Schmalhornsattel markiert.
Die hier gefundene Flora liefert ein Spektrum der
für die Allgäuer Mergelberge typischen Mergel-
oder auch Kieselflora der subalpinen und alpi-
nen Stufe unter dem Einfluss jahrzehntelanger
Beweidung.
In diesem Ausschnitt der Allgäuer Hochalpen
konnte in den Jahren 2002 bis 2008 eine Viel-
zahl höherer Gefäßpflanzen nachgewiesen wer-
den. Hinzu kommen Elemente typischer Kalkzei-
ger, die aus den geologischen Grenzlinien die
Flora bereichern. In den nachweislich nicht oder
nur sporadisch von Schafen genutzten Azo-
nalstandorten wie Felsköpfen oder steilen To-
beln, z.B. am Grat nach Osten und in Richtung
Spätengund- Wildengundkopf, konnten überre-
gional bedeutsame floristische Besonderheiten
wie z.B. Erigeron atticus (Tafel 6, b), Alchemilla
rubristipula, Alchemilla tenuis, Draba fladnizen­
sis, Hieracium piliferum, Gentianella tenella, Li­
gusticum mutellinoides, Cerastium alpinum ssp.
lanatum, Artemisia umbelliformis, Minuartia ru­
pestris, Saussurea alpina und Lloydia serotina
nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurden
zwei Frauenmantel-Arten neu für Deutschland
im Rahmen der Untersuchungen nachgewiesen:
Alchemilla racemulosa (Tafel 6, c), A. semisecta
(
Tafel 5, c) (F
röhner
,
L
ippert
&
U
rban
2004).
In
den frischen, gut durchfeuchteten Gratlagen um
den Spätenkundkopf konnte eine hohe Dichte
an weiteren, wertgebenden Frauenmantel-Arten
gefunden werden, die bislang aus den Baye-