Seite 126 - Carolinea 68

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carolinea, 68
(2010)
Jahr 1898 nachgewiesen hatte! Was aber auch
immer überlegt wurde, es gab keine Möglichkeit,
den für H
erzog
s Alter zu beschwerlichen Weg
hinauf zum neu entdeckten Fundort Pflugfelsen
oberhalb des Kapplertales zu bewältigen. Es war
schwer, H
erzog
davon abzubringen.
Die Kontakte zu M
üller
und H
erzog
gaben Si-
cherheit und trugen dazu bei, die Kenntnisse
der beiden Schüler rasch zu mehren. Während
G
ünter
zu Beginn seines alle Kräfte fordernden
Maschinenbaustudiums die Beschäftigung mit
Moosen aufgeben musste, machte G
eorg
die
Botanik und speziell die Bryologie schließlich
zum Beruf. Die von M. B
opp
angeregte und be-
treute Staatsarbeit hatte gleichermaßen ein
(
experimentell-)bryologisches Thema („Zur Kei-
mungsentwicklung einiger Lebermoose saurer
Substrate in Abhängigkeit vom pH-Wert“) wie
seine die Thematik erweiternde Dissertation
(„
Soziologische und experimentell-ökologische
Untersuchungen an Moosen saurer Erdraine,
des morschen Holzes und des Rohhumus“),
bei der Prof. Dr. H. M
ohr
als Referent fungierte.
Auch in seinen bryologischen Arbeiten ist der
standortökologische Ansatz unverkennbar, der
auf sehr differenzierter Beobachtung im Gelände
beruhte. Er kannte die Nuancen der Ökologie der
Moosarten genau. Er hätte eine der O
berdorfer
-
schen pflanzensoziologischen Exkursionsflora
(
die sich heute wohl eher standortökologische
Flora genannt hätte) entsprechende Moosflora
schreiben können. Leider ergaben sich keine
Verlagskontakte – und es war nicht P
hilippi
s Art,
mit einem solchen Konzept hausieren zu gehen.
Seine Kenntnisse gingen erst spät in ein genera-
lisierendes Werk ein, eben in Teile des Grundla-
genwerks zum Artenschutz „Die Moose Baden-
Württembergs“ (N
ebel
&
P
hilippi
2000-2005).
Auch bei den Moosen reizten die seltenen oder
vernachlässigten Habitate. Er widmete sich be-
sonders den ökologischen Nischen der sauren
Erdraine und des morschen Holzes, den Was-
sermoosen und Moosen basenreicher Standor-
te auf Silikatgestein, denen auch die erste kur-
ze Publikation G
eorg
s zusammen mit seinem
Bruder G
ünter
gilt (P
hilippi
&
P
hilippi
1956)
und
deren Kenntnis später verfeinert wurde (P
hilippi
1972).
Etliche Arbeiten beschäftigten sich mit
Moos-Gesellschaften, meist im Rahmen einer
Gesamtsicht der Moosvegetation eines Gebie-
tes; synsystematische Gesichtspunkte spielen
eine noch geringere Rolle als bei seinen Publika-
tionen zu Phanerogamen-Gesellschaften.
Der Systematik und Taxonomie der Moose hat
sich G
eorg
P
hilippi
nicht angenommen, auch
wenn es durchaus Lieblingsgattungen gab, die
ihn besonders interessierten, wie etwa Cincli-
dotus. Der floristischen Neufunde in Südwest-
deutschland und den angrenzenden Gebieten
sind Legion, eine für die Wissenschaft neue Art
findet sich jedoch nicht darunter.
Vermittlung, Lehre, Naturschutz
G
eorg
P
hilippi
hat auf geradezu unzähligen Ex-
kursionen Interessierte an die Botanik herange-
führt und botanisch interessante Plätze gezeigt.
Es gab von ihm wohl kaum einmal ein Nein bei
entsprechenden Anfragen. In Freiburg war es der
Badische Landesverein für Naturkunde und Na-
turschutz, der seine Dienste in Anspruch nahm –
besonders in seiner Freiburger Zeit. Seine erste
Exkursion leitete er bereits am 12. Mai 1957 (in
das Elsass, P
hilippi
1958).
In Karlsruhe war es
vor allem der Naturwissenschaftliche Verein, für
den er führte, aber auch für das Naturkundemu-
seum und zuletzt auch dessen Förderverein, den
er 2008 zum Taubergießen begleitete, machte er
Exkursionen. Mit V. W
irth
wurde die erste Ex-
kursion der Bryologisch-Lichenologischen Ar-
beitsgemeinschaft für Mitteleuropa organisiert
(1971).
Sie führte in den Südschwarzwald und
an den Hochrhein und war die Startinitiative für
eine lange Reihe jährlicher Exkursionen für die
Mitglieder dieser Organisation, von denen er
auch die Exkursion in die Rhön 1975 initiierte.
Sein Renomee war groß, so dass auch namhafte
Organisationen und Vereinigungen nicht auf ihn
verzichten konnten, so die Deutsche Botanische
Gesellschaft auf ihrer Jahrestagung in Würzburg
1974
und mehrfach die Floristisch-soziologische
Arbeitsgemeinschaft, deren Tagungen in Frei-
burg 1971 und Karlsruhe 1982 und 2001 er mit
organisierte bzw. durch Führungen gestaltete.
Für die Universität übernahm er die Anfänger­
exkursionen.
Sowohl die Breitenwirkung als auch die indivi-
duelle Förderung durch diese Exkursionen kann
nicht hoch genug eingeschätzt werden. Auf ei-
ner solchen von G
eorg
P
hilippi
und anderen
geführten zoologisch-botanisch-geologischen
Exkursion in die Wutachschlucht am 14.6.1959